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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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den Grund seiner Reise verfolgen wollte, hatte ersich unverzüglich aufgemacht, Sebastian Rehms Spuren zu folgen. Dummerweise trug er nur einen wunderschön gearbeiteten und mit Edelsteinen besetzten Dolch an seinem Gürtel, der mehr dekorativen Zwecken diente, als zur Verteidigung taugte.
    Die Frau nuschelte etwas auf Schwäbisch, was für Wolfgang fremdländisch klang.
    »Der Rehm ist tot«, übersetzte der Mann.
    Wolfgang erstarrte.
    » Ich befürchte, dass ich vergiftet werde und nicht mehr lange zu leben habe «, die Worte des Dichters schlugen in seinem Hirn Alarm. Er griff noch einmal nach der Münze und reichte sie dem Weinhändler.
    »Wann ist Rehm gestorben? Woran?«
    Der Mann beäugte den Fremden mit verschlagener Neugier. »Vor Wochen, vielleicht ist es auch schon einen Monat her. Die Zeit eilt, Herr, da kann ich nicht aufpassen, welcher Tag gerade ist. Auf jeden Fall war’s vor Ostern.«
    Die Gedanken überschlugen sich in Wolfgangs Kopf. Wo war der Nachlass des Schriftstellers? Wenn er schon zu spät gekommen war, um Sebastian Rehm selbst zur Rede zu stellen, musste er wenigstens versuchten, die Schriften zu finden, an denen der Autor zuletzt gearbeitet hatte. Verzweifelt versuchte er, sich zu erinnern, ob Rehm in einem der Briefe von einer Familie geschrieben hatte. Doch er wusste so gut wie nichts über den Mann, der behauptet hatte, das Schicksal des Reiches in Händen zu halten.
    »Hatte er eine Frau? Wo kann ich seine Witwe finden?«
    Das Weib schob den Weinhändler resolut zur Seite. »Zum Rehm kamen immer so feine Herren zu Besuch, wie Ihr einer seid«, mischte sie sich in verständlicherem Deutsch ein und schielte dabei demonstrativ auf Wolfgangs Tasche mit den Münzen. »Die Rehmin is eigentlich auch was Besseres, wohntdeshalb jetzt bei ihrer Cousine«, in ebenso deutlichem wie beredtem Schweigen brach sie ab.
    Wolfgang spürte, wie Aufregung von ihm Besitz ergriff. Die Witwe würde ihm erzählen können, was geschehen war. Sicher bewahrte sie den Nachlass ihres Mannes auf – jedenfalls hoffte er dies. Über alle anderen Aspekte des Todesfalls würde er später nachdenken. Er fischte nach einer weiteren Kupfermünze und gab sie diesmal der Frau. »Nun? Wo kann ich die Rehmin finden?«
    »Beim Meitinger«, erklärte der Weinhändler und nahm dem Weib rasch das Geld fort. Wütendes Protestgeheul begleitete seine Tat, doch er fuhr ungerührt fort: »Die Cousine der Rehmin ist die Frau vom Druckermeister Severin Meitinger. Fragt auf dem Perlach nach ihr, dann werdet Ihr sie schon finden.«
    Wolfgangs Kehle trocknete aus, und Sand schien in seinem Hals zu kratzen. Ein plötzlich verstorbener Dichter, der behauptet hatte, vergiftet zu werden, zudem ein Druckermeister, der erschlagen im Wald aufgefunden worden war – selbst ein Blinder hätte die Wege gesehen, die sich im Tod der beiden Männer trafen. Wolfgang zwang sich, nicht den sich aufdrängenden, unbewiesenen Erklärungen zu verfallen. Er war Jurist, von Berufswegen niemand, der sich mit Hypothesen aufhielt, er orientierte sich an Fakten. Dennoch gewann die Phantasie des Buchmenschen langsam die Oberhand.
    Es sollte mit dem Teufel zugehn, wenn es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen gab!
    Er achtete nicht darauf, wie die Frau den Dieb ihrer wohlverdienten Münze mit Fäusten zu malträtieren begann und mit üblen Schimpfworten überschüttete wie zuvor Wolfgangs Füße mit ihrem Schmutzwasser. Kommentarlos drehte er sich um, seine Schritte eilig zurück zur Oberstadt lenkend.

16
    Seit sie wusste, dass sie ein zweites Kind unter ihrem Herzen trug, wartete Martha auf die Übelkeit, die sie bei der Schwangerschaft mit Johannes jeden Morgen befallen hatte. Bis zu diesem Tage war davon jedoch nichts zu spüren gewesen. Als das Unwohlsein dann mit plötzlicher Heftigkeit einsetzte, fühlte sich die werdende Mutter so schlecht wie nie zuvor. Sie begleitete Christiane nicht zum Jahrmarkt, was sie bedauerte, weil ihr ein wenig Abwechslung sicher gutgetan hätte, und gab der Cousine den Sohn mit, um ein wenig Ruhe zu haben. Dass der alte Titus auf Reisen war, nahm Martha als Gunst des Schicksals, denn es war niemand mehr da, der ihrer Fürsorge bedurfte, und sie brauchte sich nur noch um sich selbst zu kümmern.
    Es ging ihr von Stunde zu Stunde schlechter. Aus dem anfänglichen Grummeln im Bauch und einem gelegentlichen Ziehen im Unterleib wurden heftige Schmerzen. Schließlich lag Martha gekrümmt auf ihrem Lager, die Knie an die

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