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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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und es stand ihr allemal besser zu Gesicht, nicht wie das blühende Leben zu wirken. Sollten die Herren doch glauben, sie habe sich die Augen ausgeweint. Erst unter demneugierigen Blick von Wolfgang Delius spürte sie eine kleine Wunde. In ihrem Herzen stach plötzlich der Wunsch, sich dem gutaussehenden Gast aus Frankfurt und seinem Freund in prächtigerer Aufmachung präsentieren zu können. Meitinger hätte es so gewollt, redete sie sich ein, aber tatsächlich spielte hier ihre Eitelkeit eine gewisse Rolle.
    Seltsam, dachte Christiane, wie wichtig ihr die eigene Schönheit angesichts dessen war, was seit heute Nacht in ihrem Kopf herumspukte. Dabei wusste sie besser als je zuvor, dass sich so manches Ungemach hinter einer vorbildlichen Larve verbarg.
    Nachdem sie ihren Fund wieder versteckt und den Weinkeller diesmal abgeschlossen hatte, war sie in ihr Schlafzimmer gegangen, um ein wenig zu ruhen. Wie gerne hätte sie ein Bad genommen, doch die Kirche versagte einer jungen Witwe das Recht darauf. Statt sich in duftendem, warmen Wasser auszustrecken, lag Christiane auf ihrem Witwenbett und grübelte.
    Wie sollte sie es anstellen, die Hintergründe einer infamen Lüge aufzudecken? Zunächst überlegte sie, wer Zugang zur Druckerei hatte und Meitinger gleichzeitig Übles wollte. Aber als sie die Namen aus seinem Umfeld durchging, fiel ihr niemand ein. Genau genommen kam einzig Sebastian Rehm als Täter in Frage: Nach Marthas Auskunft hatte der ja einen gleichwertigen Text zu verbrennen versucht und war damit – neben von Hallensleben – der einzige Mann aus Severins Kreis, der mit der Sache zu tun gehabt hatte. Aber kam Sebastian wirklich als Fälscher in Frage? Wie weit wäre ihr toter Freund gegangen, wenn die Bezahlung ausreichend war? Der Verdacht gärte in Christiane und warf sie mit ihrer Verzweiflung, den unbeantworteten Fragen und ihrer Loyalität in ein tiefes, dunkles Loch, aus dem es kein Entkommen zu geben schien – es sei denn, sie fand den wahren Urheber.
    Es gab so viel zu tun und zu bedenken, da kam ihr der Besuch am Vormittag gänzlich ungelegen, doch ihr fiel kein Grund ein, die beiden Herren abzuweisen.
    »Habt vielen Dank für Eure Gastfreundschaft«, sagte Wolfgang Delius. »Ich weiß wohl um unsere Impertinenz, denn es wäre natürlich angemessen gewesen, nicht noch einmal ohne Eure Einladung vorzusprechen. Mein Freund hier wollte jedoch keine Zeit verlieren und Euch so rasch wie möglich seine Aufwartung machen.«
    Der andere Mann verneigte sich. »Bernhard Ditmold, Rat am Reichsgericht zu Speyer.«
    Nervös nestelte sie am Gürtel ihres einzigen schwarzen Kleides. Ihre Finger ertasteten das kühle Metall des Kellerschlüssels, was nicht gerade zu ihrem inneren Gleichgewicht beitrug. Sie holte tief Luft und bot den Herren einen Platz in Meitingers Schreibstube an. »Tretet näher, bitte. Ich würde Euch gerne etwas Wein anbieten, aber ...«, sie räusperte sich, »die Vorräte meines armen Mannes sind nicht groß. Möchtet Ihr vielleicht von unserem Apfelmost kosten?«
    Der Assessor wirkte den leiblichen Genüssen nicht abgeneigt, er schien ein Genießer zu sein, was ihn Christiane ausnehmend sympathisch machte. Dennoch schüttelte er den Kopf, und in seinen gütigen, grauen Augen lag unendliches Bedauern. »Vielen Dank, aber wir müssen Euer freundliches Angebot ablehnen. Genau genommen beabsichtigen wir nicht lange zu bleiben.«
    »Nun, dann haltet Euch nicht auf und sprecht freiheraus, was Euch zu mir geführt hat. Nehmt zuvor aber doch wenigstens bitte Platz.«
    »Reichserbmarschall zu Pappenheim übertrug mir das Recht«, verkündete Ditmold, nachdem beide Herren ihrer Aufforderung nachgekommen waren, »Nachforschungen im Fall des Todes Eures Gatten anzustellen.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen bemühte sie sich, ihr Erstaunen nicht zu zeigen. »Warum Euch?«, fragte sie.
    »Weil mein Freund Delius und ich zufällig zur Stelle waren, als Severin Meitinger gefunden wurde. Durch unseren Aufenthalt in der Poststation Auerbach sind wir in die Sache verwickelt.«
    Christiane atmete tief durch. Damit war zumindest geklärt, warum der Verleger aus Frankfurt von Meitingers Tod wusste, bevor sie selbst erfahren hatte, was geschehen war. Der Beantwortung dieser Frage würde sie nun nicht mehr nachjagen müssen. Hoffentlich gab ihr Gast noch weitere Informationen preis, die ihren eigenen Nachforschungen weiterhalfen. Sie nickte ihm auffordernd zu.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass es sich

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