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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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sorgen wollte! Für ein solches Vorhaben war ein heimliches Treffen allemal besser.
    Christiane beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sich die Meistersinger-Freunde ihres Gatten anschickten, den Sarg anzuheben. Und sie sah ihren Vater auf sich zukommen. Wollte er sie tadeln oder ihr seinen Arm bieten, um sie in die Kirche zu begleiten? Einerlei, sie musste etwas erledigen, bevor er sich einmischen würde.
    Rasch wandte sie sich an den Jesuiten: »Ich kann im Moment nicht genau sagen, ob ich Eures geistlichen Beistands bedarf, Pater, aber ich würde unsere Unterhaltung von vorhin gerne fortsetzen. Mir scheint, Ihr habt mir einiges über meinen armen Mann zu berichten.«
    Seine Augenbrauen hoben sich erstaunt. »Ich wüsste nicht, was dies sein sollte, Meitingerin, aber selbstverständlich stehe ich Euch jederzeit zur Verfügung.«
    »Dann soll es so sein«, erwiderte sie und trat Hans Walser entgegen, der ihren Arm nahm und ihr leise zuraunte: »Das hast du besser gemacht, als ich zu hoffen gewagt hatte, Tochter.«
    Wenn Christiane später an diesen Tag zurückdachte, erschien ihr die Erinnerung wie im Nebel verschwommen und unwirklich. Sie sah sich selbst wie in einem Traum, fühlte sich seltsam seelenlos, eine Frau in der Hülle ihres Körpers, die agierte, aber nicht mit dem Herzen bei der Sache war und längst die Kontrolle über ihren Verstand verloren hatte. Als Kind war sie einmal an einem Fieber erkrankt, und sie entsann sich während der Totenmesse und der Bestattungszeremonie an ihre längst vergessenen Empfindungen von damals. Es kam ihr vor, als sei sie nicht anwesend, als wäre sie nicht von dieser Welt.
    Als Sebastian Rehm beerdigt worden war, hatte Martha den Altarschmuck für die Trauerfeier sparen können, da dieKirche mit schwarzen Bändern, Blumen und Kerzen wegen des Todes von Papst Julius III. geschmückt gewesen war. Seltsamerweise befand sich Christiane zwei Monate später in derselben Situation wie ihre Cousine: Die katholischen Gemeinden Augsburgs gedachten mit dem üblichen Prunk eines verstorbenen Pontifex. Drei Wochen nach seiner Krönung war Marcellus II. plötzlich verstorben, und die Kardinäle, die sich von Rom wieder auf den Weg zum Reichstag gemacht hatten, mussten für ein erneutes Konklave umkehren. Und während hinter verschlossenen Türen darüber verhandelt wurde, ob es überhaupt noch Sinn habe, den Reichstag fortzusetzen, fand die Totenmesse für Druckermeister Meitinger statt.
    Christiane hörte jedoch nicht auf die Predigt. Sie nahm die Rede des Zunftmeisters nicht auf, der volltönende Abschied von Severins Meistersinger-Freunden ließ sie kalt. Schließlich stand sie mit den Trauergästen auf dem Friedhof, und Erde und Weihwasser wurden auf den in das Grab versenkten Sarg verteilt, aber sie war mit ihren Gedanken noch immer nicht bei der Beerdigung ihres Gatten. Mit verschlossener Miene stand sie neben Titus und nahm die Beileidsbezeigungen an. Dann zerstreute sich die Menge, die Prozession ging zum Leichenschmaus – und Titus führte diese, nunmehr bei bester Gesundheit und gestützt von Martha, an. Christiane indes blieb mit gesenktem Kopf allein neben der letzten Ruhestätte ihres Gatten zurück. Endlich ließ sie das Zittern zu, das durch ihre Glieder lief.
    Stumme Tränen rannen über ihre Wangen. Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit übermannten sie. Unfähig, sich zu rühren, weinte sie in sich hinein. Betrauerte den Verstorbenen und am meisten wohl sich selbst. Sie wünschte, es hätte jemanden gegeben, dem sie sich in die Arme hätte werfen können.
    Da bemerkte sie das Spitzentüchlein, das ihr kommentarlos unter die Nase gehalten wurde. Sie hatte die Schritte des Mannes nicht gehört, der neben sie an die Grabstätte getreten war. Erst jetzt fiel ihr der süße Duft der Blumen auf und der scharfe, modrige Geruch frisch aufgeschaufelter Erde, der sich mit Delius’ Aroma mischte, das zart nach würzigen Hölzern und Zitrone roch. Diese eigentümliche Mischung brachte wieder Leben in Christiane und ließ ihre Tränen versiegen.
    »Wie kommt es, dass Ihr so erstaunlich oft zur Stelle seid, um mir Trost zu spenden?«, fragte sie mit einem kleinen, dankbaren Lächeln und nahm ihm das Taschentuch aus der Hand, um sich die Augen damit zu trocknen.
    »Ich helfe gerne«, antwortete er freundlich. »Außerdem wartete ich auf eine Gelegenheit, Euch alleine anzutreffen.«
    »Ich bin nicht alleine. Ich stehe am Grab meines Mannes.«
    »Es gibt keinen besseren Ort, um Euch zu

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