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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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auch nicht mit möglichen Morgengaben. Diese Dinge gehören Euch ganz allein.«
    »Wie schön, dass wenigstens sie gut schlafen kann«, brummte Titus. »Was nun aus mir wird – darum schert sich niemand ...« Kraftlos ließ er seine Hände auf den Tisch fallen, seine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.
    »Ich weiß nicht, ob es dich beruhigt, Schwäher, aber ich werde dich nicht deinem Schicksal überlassen.« Christiane schluckte hörbar, und Martha ahnte, wie unangenehm ihrdiese Worte waren. Dennoch fügte sie hinzu: »Dieses Versprechen bin ich meinem armen Mann schuldig.«
    Titus hob drohend den Zeigefinger. »Das war die Strafe Gottes, weil dieser Narr eine neue Bibel drucken wollte ...«, er stockte, da ihm die Blasphemie ketzerischer Schriften wohl die Sprache verschlug. Nach einer Pause setzte er hinzu: »Jedenfalls schien er den Geldverleiher mit unsinnigem Gerede überzeugen zu wollen, dass er vor einem großen Geschäft stünde. Der Bankier hat’s mir selbst gesagt. Doch Karl, der Geselle unten, weiß von keinem Auftrag für ein solches Buch.«
    In Marthas Hirn überschlugen sich die Gedanken. Am liebsten wäre sie aufgestanden und zu ihrem Kind in die Küche gegangen. Dort hätte sie sich geborgen und auf eigenartige Weise beschützt gefühlt; hier am Tisch in Christianes Stube kam sie sich sonderbar verletzlich vor. Titus mochte sich über die Worte seines Sohnes wundern, sie hingegen tat es nicht. Ebenso wie Christiane wusste sie um das Druckwerk, das Severin heimlich hergestellt hatte – mit Sebastians Hilfe, dachte sie verdrossen. Waren die Papiere so viel wert, dass Meitinger damit alle seine Schulden hätte begleichen können? Martha brauchte nicht in Christianes Miene nach einer Antwort zu suchen, sie wusste ja selbst, dass ein Pamphlet wie Christianes Fund von ungeheurer Bedeutung für den Reichstag war, gleichgültig, ob es sich um das Original oder eine Fälschung handelte. Es gab sicherlich Interessenten für ein solches Werk, auf der einen wie auf der anderen Seite.
    »Mit Speck fängt man Mäuse«, hörte Martha die geduldige Stimme des Zunftmeisters durch das Netz ihrer Gedanken hallen. »Wahrscheinlich hat er sich um Geld und Leben geredet. Das eine ist ihm jedoch ebenso abhandengekommen wie das andere. Armer Teufel, Euer Sohn, Meitinger, Ihr solltet ihm nicht Übles nachreden.«
    »Warum nennt Ihr Severin eigentlich den Armen ?«, gab Titus zurück. »Der einzig wirklich Arme in dieser Tragödie bin ich – oder seht Ihr hier jemanden, der unter der Verschuldung dieses blinden Bocks mehr leidet als ich?« Demonstrativ blickte er sich in der Runde um, seine Augen blieben für einen deutlichen Moment voller Verachtung an Christiane hängen, dann sah er den Zunftmeister Zustimmung heischend an.
    »Die finanzielle Lage ist also denkbar schlecht«, fasste dieser sachlich zusammen. »Witwen erhalten zwar keine Kredite, aber Ihr seid ein guter Bekannter Conrad von Hallenslebens, Meitinger. Kann der Bibliothekar nicht ein Wort für Euch bei Anton Fugger einlegen?«
    »Es ist bereits alles an die Fugger-Bank in Ulm verpfändet. Kein Nagel in der Wand ist mehr zu beleihen.«
    Stille setzte ein. Offenbar hatte Bäumler nun auch keinen Ratschlag mehr zur Hand. Titus wischte sich in einer müden Geste über die feuchten Augen. Unwillkürlich spürte Martha Mitleid für den alten Mann in sich aufsteigen. Sein Lebenswerk war zerstört. Irgendwann würden die Schuldeneintreiber kommen und ihn aus dem Haus weisen. Er wusste gewiss nicht, wie er nun sein Alter verbringen sollte.
    Da hob ihre Cousine zuversichtlich an: »Es scheint mir noch nicht alles verloren. Da ist die Werkstatt, Bücher werden gekauft. Wenn es zur Michaelismesse in Frankfurt genügend Exemplare ...«
    »Woher willst du das Papier zum Druck nehmen?«, unterbrach Titus. »Wenn sich herumspricht, dass die Meitingers bankrott sind, wird dir niemand mehr den Beschreibstoff geben, den du brauchst.«
    »Die meisten Papiermühlen befinden sich im Besitz von Druckermeistern«, pflichtete ihm Bäumler bei. »Die Konkurrenten werden froh sein, einen weniger in der Zunft zu wissen.Zudem habe ich der Buchhaltung entnommen, dass die Bezahlung hoher Papierrechnungen noch aussteht.«
    »Ihr könnt gerne hier herumsitzen und klagen«, entgegnete Christiane, »ich hingegen beabsichtige, etwas zu tun, um unsere Situation zu verbessern.« Sie erhob sich unvermittelt und raffte ihre Röcke. Ohne die Anwesenden eines weiteren Blickes zu würdigen,

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