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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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Wirrwarr aus mahagonifarbenen Locken war. Auch sah man Christianes vollem Mund eine gewisse Zufriedenheit an, Marthas Lippen dagegen waren in viel zu kurzer Zeit schmal geworden.
    »Georg Imhoff war kurz in der Kirche«, brach es plötzlich aus Christiane heraus. »Aber er ist rasch wieder verschwunden. Ich wünschte ...«, ihre Hände nestelten ungewohnt nervös an der geflickten Stelle einer Windel. »Ach, Martha, ich habe mir gewünscht, ich könnte mit ihm gehen.«
    Ihre Cousine missverstand Christianes Bemerkung. Ob bewusst oder unabsichtlich, konnte sie nicht sagen. Jedenfalls antwortete Martha leichthin: »Das kann ich mir vorstellen, nachdem du die Teufelsaustreibung als solche Tortur empfunden hast.«
    Christianes Finger zogen und zerrten an einem losen Faden. Während sie noch überlegte, ob sie Martha in ihre geheimsten Gefühle einweihen sollte, hörte sie die andere plaudern: »Sebastian und ich sind gestern Nachmittag zufällig an seinem neuen Haus vorbeigekommen. Ich finde ja auch, es ist ein wenig zu prunksüchtig, doch Sebastian war außer sich, weil er die Selbstdarstellung unseres Freundes als schamlos empfindet.«
    »Du meinst, weil er das Mauerwerk mit seinen eigenen Texten beschreiben ließ, als wäre es aus Bütten?« Christiane brauchte die Antwort nicht abzuwarten, denn es war klar, dass Martha von dem Fassadenfresko gesprochen hatte. Deshalb fuhr sie nach einer kleinen Gedankenpause fort: »Na ja, andereHauseigentümer entscheiden sich für bildliche Allegorien der Antike. Wahrscheinlich wollte Georg Imhoff etwas ganz Spezielles, Eigenes als Zierde haben.«
    »Das ist ihm jedenfalls gelungen«, murmelte Martha und nahm Christiane das Wäschestück aus den Fingern, bevor der Faden vollständig aufgelöst war.
    Nachdenklich betrachtete Christiane ihre nun untätigen Hände. »Es muss schrecklich für deinen Sebastian sein zuzuschauen, wie der Freund aus Studientagen ein berühmter Dichter wird und er selbst das Nachsehen hat. Dabei sind Sebastians Verse bestimmt nicht schlechter als die von Georg Imhoff.«
    »Wie heißt es so schön? Machst du’s gut, geht’s dir gut, machst du’s schlecht, geht’s dir schlecht. Offenbar macht Imhoff es besser.«
    Die Bitterkeit in Marthas Stimme verwundete Christiane wie ein giftiger Pfeil. Niemals hätte sie geglaubt, dass Martha an ihrem geliebten Mann zweifeln könnte. Für Sebastian Rehm Partei ergreifend, hob sie an: »Aber das ist nicht wahr, und du weißt das. Sebastian schreibt sehr schön ...«
    »Ja, die Liebesbriefe, die er im Auftrag deines Gatten verfasst, damit wir wenigstens einen geringen Lebensunterhalt haben. Wirkliche Dichtkunst ist Sebastian schon lange nicht mehr aus der Feder geflossen.«
    Darauf hatte Christiane keine Antwort. Stumm beobachtete sie ihre Cousine, die mit trotziger Energie alltägliche Handgriffe verrichtete. Ungeachtet ihrer Besucherin räumte Martha die saubere Wäsche in eine Kommode und wandte sich anschließend dem Inhalt eines Topfes zu, der leise auf dem Herd köchelte. Es duftete schwach nach Kohl. Christiane nahm an, dass die Suppe noch nicht lange aufgekocht war, weil es sich Martha nicht leisten konnte, das Feuer anzufachen. Ebenso hilflos wie traurig über den erbärmlichenZustand dieses Haushalts trat sie an die Wiege, wo der kleine Johannes mit geröteten Bäckchen glücklich unter ihrer Husseke schlief.
    »Warum versucht ihr nicht, eine Unterkunft in der Fuggerei zu finden? Die Siedlung ist schließlich angelegt worden, um Familien wie deiner zu helfen. Die Wohnungen sollen angenehm sein, und die Miete ist erschwinglich. Außer einem Rheinischen Gulden per annum und ein paar Gebeten für Jakob den Reichen und die anderen Fugger im Jenseits wird keine Gegenleistung erwartet.«
    »Sebastian ist Protestant, hast du das vergessen? Die Fugger nehmen nur in Not geratene, fleißige Katholiken in ihrer Stiftung auf, für unsereins ist da kein Platz.«
    Aber so leicht ließ sich Christiane nicht von ihrer Idee abbringen: »Ich habe gehört, dass Protestanten unter bestimmten Bedingungen durchaus Einlass finden können. Vater ist gerade damit beschäftigt, einen Brunnen für die Fuggerei zu bauen. Er würde sich sicherlich einsetzen ...«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, gab Martha nüchtern zurück. Sie griff nach einem hölzernen Kochlöffel und rührte eine Weile nachdenklich in dem Topf, sagte aber nichts mehr.
    »Na ja, du hast wahrscheinlich recht. Vaters Meinung über Sebastian ist so fest wie die

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