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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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Leder gestanzten Buchstaben auf dem Einband, der Titel verschwamm vor ihren Augen, doch den Namen des Autos konnte sie deutlich lesen: Georg Imhoff.
    Einem spontanen Gefühl nachgebend, schleuderte sie das Buch von ihrem Bett. Dann fiel sie in tiefen, erschöpften Schlaf.

28
    Es war ein Traum. Dessen war sich Christiane sicher. Woher sonst sollten diese unangenehmen Geräusche kommen, die in ihrem Kopf hämmerten wie ein Beil auf dem Schinkenknochen des Metzgers? Niemand würde es wagen, dermaßen laut die Stiege hochzupoltern. Es kam ihr vor, als sei eine Heerscharungehobelter Söldner in Meitingers Haus eingedrungen. Was war das für ein Geschrei? Eine Männerstimme ... oder mehrere ... Eine Frau ... die klang nach Martha. Warum träumte sie denn nun auch noch von ihrer Cousine – ohne ein Bild von ihr vor sich zu sehen? Genau genommen schaute sie ins Nichts.
    Vorsichtig zwinkernd öffnete Christiane ihre Augen. Dunkelheit umfing sie. Die Nacht war hereingebrochen. Oder war es erst Abend? Noch immer prasselte Regen gegen das Fenster, aber das Unwetter schien abgeflaut zu sein. Es blitzte und donnerte nicht, und die Schauer waren offenbar abgeschwächt. Die Wassertropfen konnten an den Scheiben keinen solchen Lärm verursacht haben, dass Christiane davon geweckt worden war ...
    Eine Tür schlug. Nahe genug, um sie als den Eingang zum Nebenzimmer auszumachen. Martha schrie auf. Christiane hörte es deutlich. Verwundert zog sie die Augenbrauen zusammen, rührte sich ansonsten aber nicht. War der alte Titus mit übler Laune zurück, oder hatte die Magd den Verstand verloren, dass sie ein derartiges Spektakel aufführte? Vielleicht brauchte Martha ihre Hilfe. Doch Christiane war zu ermattet, um ihr Bett zu verlassen.
    Im nächsten Moment knarzte das Schloss zu ihrer Kammer.
    »Das könnt Ihr nicht tun!«, rief Martha aus.
    Ungeachtet ihrer Worte betrat jemand den Raum. Das helle Licht eines dreiarmigen Kerzenleuchters blendete Christiane. Sie konnte die hochgewachsene Gestalt nicht erkennen, die in ihr Schlafgemach eingedrungen war, nur eine Silhouette ausmachen. Gelähmt vor Schreck angesichts des Überfalls rollte sie sich zusammen und zog die Decke bis zum Kinn.
    »Steht auf!«, herrschte eine tiefe Stimme. »Steht auf und erklärt Euch. Ich möchte endlich die Wahrheit erfahren.«
    Bevor Christiane reagieren konnte, tauchte Marthas zierliche Figur hinter dem Mann im Türrahmen auf. »Bitte, Herr, lasst meine Cousine in Frieden. Sie ist krank. Ein Infekt. Sie kann Euch nichts sagen.«
    »O doch«, widersprach Wolfgang Delius, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Seine Stimme bebte vor Zorn. »Sie wird mir berichten, was sie weiß. Es dürfen nicht noch mehr Menschen sterben, nur, weil Eure teure Cousine zu schweigen gedenkt.«
    Was redete er? Hatte am Ende der Verleger aus Frankfurt den Verstand verloren? Christiane spähte über den Zipfel des Leinentuchs zu dem Fremden, der sich auf so ungewöhnliche Art Einlass zu ihrem Schlafzimmer verschafft hatte. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Helligkeit. Sein Gesicht war verzerrt vor Wut, die Haare hingen ihm in feuchten Strähnen in die Stirn. Offenbar war er auf dem schnellsten Weg durch den Regen zu ihrem Haus gelaufen. Hatte er, ein einziger Mann, diesen Lärm auf ihrer Stiege verursacht? Hatten allein seine Stiefel wie die Füße eines ganzen Regiments geklungen? Sie schnüffelte vorsichtig, doch er roch nicht nach Alkohol. Da war kein Rausch, der sein Benehmen vielleicht entschuldigt hätte.
    »Steht auf!«, schrie er Christiane wieder an. »Macht schon. Ich will mit Euch reden.«
    Zusammengerollt wie ein Kätzchen, machte sie einen jämmerlichen Eindruck. Tatsächlich schüchterte er sie ein. Langsam dämmerte ihr jedoch, dass er kein Recht für sein Auftreten hatte. Der einzige Mann, der es vom Gesetz her wagen durfte, sich in ihrem eigenen Haus wie ein Berserker aufzuspielen, war sein Freund Ditmold. Als Christiane diese Erkenntnis durch den Kopf ging, fühlte sie, wie die Fassungslosigkeit von ihr wich. Dennoch veranstaltete ihr Herz einen aufgeregten Trommelwirbel.
    Sie richtete sich auf, sittsam darauf bedacht, ihre Nacktheit mit der Decke zu verhüllen. Ihre inzwischen getrockneten Haare fielen in dichten, schimmernden Flechten auf ihre Schultern. »Wie könnt Ihr es wagen?«, zischte sie, darauf hoffend, dass er ihre noch nicht ganz verlorene Unsicherheit nicht bemerkte. »Ihr stört meinen Schlaf und benehmt Euch schändlich. Verlasst

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