Die Hüterin des Schattenbergs
aufnehmen können. Er kennt den W eg zur Hohen Feste wie kein Zweiter. Und alles andere sollte ihm auch leicht von der Hand gehen.«
»Wenn ihr Ziel nicht gerade die Hohe Feste wäre, könnten wir W eitsichtmagie einsetzen, um nach ihnen zu suchen«, meinte Ulves.
»Aber sie sind nun mal bei der Hohen Feste und da hilft uns kein Zauber weiter.« Corneus schnaubte wütend. »Ein Jammer, dass der ach so ehrwürdige Orekh damals einen magischen Schirm über die Hohe Feste und ihre Umgebung gebreitet hat. So können wir ihn von hier nicht beobachten.«
»Gibt es denn neue Nachrichten von Meister Pretonias bezüglich der Lage am Schattenberg?«, fragte Ulves. »Und wie sieht es mit der Schattenmagie aus? Hast du eine weitere V eränderung in dem Glaszylinder bemerken können?«
»Das ist es ja, was mich so beunruhigt.« Corneus nickte grimmig. »Am Nachmittag kam ein Bote: Die Magie der Hüter schwindet sehr viel schneller, als wir gedacht haben. Pretonias fürchtet, dass sie nicht mehr lange halten wird. Daraufhin bin ich in die Gewölbe gegangen, um nach der Magie zu sehen und fand meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Die grüne Farbe der Magie hat nicht nur einen Großteil ihrer Leuchtkraft, sondern auch die Hälfte ihrer Intensität verloren.« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Ich habe unverzüglich einen weiteren Drachenreiter ausgesandt, um nach Salvias zu suchen. W enn er bis morgen A bend nicht zurück ist, werde ich meine Magie auch ohne die Nachricht vom T od der Novizin einsetzen.«
»Was wird der Rat dazu sagen?«, fragte Ulves besorgt.
»Der Rat wird es verstehen – verstehen müssen!«, ereiferte sich Corneus. »Wir müssen handeln, ehe es zu spät ist. W as auch geschieht, ich werde nicht länger warten als bis zum zweiten Sonnenaufgang.«
»Und dann?« Offenbar war Ulves nicht umfassend in Corneus Pläne eingeweiht.
»Dann mein Freund, werde ich mein W erk vollenden. Indem ich den Gefangenen bei ihren letzten A temzügen die Flüssigkeit einflöße.« Corneus hielt das Gefäß mit der tödlichen Essenz in die Höhe. »Ihre reinen Seelenhälften werden das Gift in sich aufnehmen. Den reinen Seelen vermag es nichts anzuhaben, aber sobald sie in den Schattenberg eindringen, wird es sich von ihnen lösen und wie eine Bestie unter den Schattenseelen wüten, bis sich auch die letzte dunkle Seelenhälfte in Nichts aufgelöst hat.«
»Ein guter Plan.« Ulves nickte beeindruckt.
»Ja, nicht wahr?« Corneus grinste selbstgefällig. »Danach müssen wir den Neugeborenen nur noch einen T ropfen zuführen und können uns den aufwendigen Hüterzauber sparen. In spätestens zwanzig Jahren wird in Selketien kein Kind mehr mit einer dunklen Seite geboren werden.«
Es klopfte. Corneus’ Miene hellte sich auf. »Ah, das werden die übrigen Gefangenen sein.« Mit forschen Schritten ging er zur Eingangstür des Laboratoriums und öffnete.
Davor warteten fünf Gardisten, die jeweils einen Gefangenen mit sich führten. Die drei Frauen und zwei Männer trugen die schlichte Gewandung der einfachen Landbevölkerung. Sie waren noch jung und wirkten verängstigt. Man hatte ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt und die Beine so zusammengebunden, dass sie nur kleine Schritte machen konnten.
»Nur fünf?«, fragte Ulves mit leisem Erstaunen.
»Das wird genügen.« Corneus gab den Gardisten ein Zeichen. »Sperrt sie zu dem Jungen!«, befahl er und deutete auf den großen Holzkäfig an der Rückseite des Raums, in dem Jordi wie schlafend auf dem Boden kauerte.
Als die Gardisten an dem T ürschloss hantierten, schaute Jordi auf und rieb sich die A ugen. Da die Magier ihn schlafend wähnten, hatten sie sich sicher gefühlt. W as er mitangehört hatte, war so furchtbar, dass er sein angstvolles Zittern kaum hatte unterdrücken können.
Corneus hatte schon mehrfach gedroht, ihn zu töten. Diesmal jedoch hatte er eine Zeitspanne genannt. Das Ende seines Lebens war absehbar. Die Hoffnung auf einen guten A usgang, an die Jordi sich die ganze Zeit geklammert hatte, war schlagartig zu einem Nichts zusammengeschrumpft.
Die fünf Gefangenen hingegen schienen nicht zu ahnen, was ihnen bevorstand. V erwirrt, aber ohne jede Gegenwehr stolperten sie in den V erschlag, nachdem die Gardisten ihnen die Fesseln abgenommen hatten.
Als die T ür verschlossen und die Kette wieder vorgezogen worden war, verließen die beiden Magier den Raum. Die Gardisten gingen wieder vor die T ür, um ihre Posten einzunehmen.
Die fünf
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