Die Hüterin des Schattenbergs
as immer du jetzt auch vorhast, ich werde dich dabei mit aller Kraft unterstützen. T rotzdem: W as hat dich so verändert?«
Jemina konnte dem Blick nicht standhalten. Sie wandte sich ab und blickte in die Äste der T anne über sich. »Galdez und Orekh waren sehr überzeugend. W arum sollte ich zweifeln, wenn der größte und weiseste aller Meistermagier selbst eingesteht, dass er furchtbare Fehler gemacht hat?«
»Das meine ich nicht.« Rik schüttelte den Kopf. »Noch heute Morgen wärst du nicht in der Lage gewesen zu verstehen, dass die Magier schlecht handeln. Es muss also noch etwas anderes vorgefallen sein. V ersuche noch einmal, dich daran zu erinnern, was geschehen ist, ehe du die Halle der A hnen betreten hast.«
»Da war nichts.« Jemina runzelte die Stirn. »Ich habe das Gift getrunken und um mich herum wurde es dunkel. Ich habe dich angesehen und wollte dir etwas sagen, aber ich war wie gelähmt. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist Efta. Sie stand mir gegenüber, um mich in der Halle der A hnen zu empfangen.« Sie kniff die A ugen fest zusammen. »Nein. W arte! Da war doch noch etwas. Steine. Ein Felsen und ich war irgendwie mittendrin. Ich … ich habe nach etwas gesucht, aber ich wusste nicht wonach. Und dann habe ich es, oder es hat mich gefunden und wir sind zusammen fort.«
»Das ist es.« Riks Miene hellte sich auf. »Der Fels war der Schattenberg, und was du gesucht hast, war deine dunkle Seite. Es ist, wie Galdez es dir in der Halle der A hnen gesagt hat. Im T od vereinen sich wieder beide Seiten.« Er schenkte ihr ein Lächeln und fügte hinzu: »Du bist zurückgekommen, aber deine dunkle Seite ist immer noch bei dir. Jetzt bist du unrein – so wie ich.«
»Unrein?« Jemina erblasste. W ar das möglich? Es stimmte schon, sie fühlte sich anders als zuvor, freier, wacher, aufmerksamer … aber unrein? Nein.
»Du glaubst mir nicht.« Rik schaute sie von der Seite her an. »Erinnerst du dich noch, wie wir vom Nebelsee kommend durch das Dorf gegangen sind?«
Jemina nickte.
»Damals habe ich versucht, dir zu erklären was ich sehe, wenn ich durch das Dorf gehe«, sagte Rik. »›Findest du nicht, dass die Menschen sehr arm sind?‹, habe ich dich gefragt. Du hast den Kopf geschüttelt und meintest: Ich finde, sie sind reich. Sie leben in Frieden und Harmonie einträchtig zusammen und besitzen damit die höchsten Güter dieser Welt. « Er schaute sie fragend an. »Was würdest du mir heute antworten?«
Jemina überlegte. »Ich würde mich vermutlich wundern, dass die Menschen mit ihrem Leben zufrieden sind«, erwiderte sie ernst.
»Eben.« Rik nickte. »Es ist wie ich sagte. Du bist wieder mit deinem Schatten vereint, sonst würdest du nicht so reden.« Er grinste. »Und?«, fragte er. »Ist das wirklich so schlimm, wie du immer gedacht hast? W irst du nun zur Diebin oder Mörderin, nur weil dein Schatten wieder bei dir ist?« Er schüttelte lachend den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Und weißt du auch warum nicht? W eil du immer noch du selbst bist. W ie beim Umgang mit einem Messer liegt es ganz allein an dir, wie du deine Fähigkeiten einsetzt. Du allein hast es in der Hand, wie du handelst. Und das ist gut so.«
»Es fühlt sich ungewohnt an«, gab Jemina zu, die immer noch in sich hineinhorchte. »Aber auch richtig.«
»Weil es richtig ist.« Rik nickte. »So wie es richtig ist, keinen Neunten Zirkel einzurichten. Die Selketen haben ein Recht darauf, mit ihrer dunkeln und der hellen Seite zu leben. Mehr noch, sie haben sogar das Recht zu wählen, welche Seite ihr Leben bestimmen soll. A uch wenn es nicht immer die ist, die andere sich wünschen.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die A rme hinter dem Kopf. »Alles wird gut«, sagte er zufrieden. »Wir müssen nichts weiter tun, als uns zu verstecken und abzuwarten, bis die Magie der Hüter erloschen ist.«
Jemina schaute ihn ernst an. »Ich fürchte, so einfach ist das nicht.«
»Wie meinst du das?«
»Corneus plant, die Schatten im Schattenberg ein für alle Mal zu vernichten«, sagte Jemina. Sie überlegte kurz, ob sie Rik schon jetzt von ihrem V ersprechen erzählen sollte, das Herz der Schattenmagie zu zerstören, entschied sich aber dagegen. »Nach allem was ich gerade erfahren habe, ist er im Besitz eines mächtigen Zaubers, der dies zu vollbringen vermag«, sagte sie wahrheitsgemäß. »Der Rat der Magier hat ihm die A nwendung bislang verboten, aber wenn ich nicht zurückkehre und die Magie des
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