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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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herrichteten. Der A nblick berührte etwas in Jemina. In ihrer V orstellung tauchte das Bild eines alten Mannes auf, der wie die Fischer Netze flickte. Der Mann schaute auf, als würde er Jemina bemerken, und lächelte. Seine Lippen bewegten sich, als er etwas zu ihr sagte, aber sie konnte die W orte nicht verstehen.
    So schnell wie es gekommen war, verblasste das Bild. Sie versuchte es festzuhalten, aber es entglitt ihr unaufhaltsam. W as blieb, war das Gefühl, den winzigen Zipfel einer Erinnerung an ihre Kindheit berührt zu haben, und das W issen darum, dass der alte Fischer in der V ision ihr sehr nahe gestanden haben musste.
    »Jemina, was ist? W ir müssen weiter.« Erst als Jordi sie am A rm berührte, bemerkte Jemina, dass sie stehen geblieben war. V erwirrt schaute sie auf und sah, dass Rik ihnen mit seiner Gruppe schon ein gutes Stück voraus war. »Es ist nichts«, sagte sie schnell und setzte sich wieder in Bewegung. »Ich … ich war nur in Gedanken.«
    Der W eg, der durch die Ebene zur Feste der Magier führte, war steinig und staubig. Die von den Rädern unzähliger Ochsenkarren geformten Spurrinnen zwangen die Eleven dazu, in zwei Gruppen zu gehen. W ie zufällig hatte es sich ergeben, dass Rik die eine und Jemina die andere Gruppe anführte. Jemina hatte es hingenommen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, aber bald wurde ihr bewusst, dass Rik und sie fast unmerklich zu A nführern der Gruppe geworden waren. Rik, weil er den W eg kannte und der Älteste unter ihnen war, und sie selbst, weil sie die Einzige war, die die Prüfung zur Novizin abgelegt hatte.
    Der Gedanke weckte keinen Stolz in ihr. Sie hatte sich die Rolle nicht ausgesucht und fürchtete, ihr nicht gewachsen zu sein, denn bisher hatte sie immer nur das getan, was Efta ihr aufgetragen hatte. A ndererseits gab es unter den Eleven außer Rik keinen, der zum A nführer taugte. Die anderen schienen Rik und ihr blind zu vertrauen und froh zu sein, dass es jemand gab, der ihnen sagte, was zu tun war.
    Jemina ertappte sich dabei, dass es ihr im Grunde nicht viel anders erging. Obwohl sie es sich nicht anmerken ließ, war es einzig und allein Rik, aus dessen Entschlossenheit sie ihre Zuversicht zog. Er war überzeugt, das Richtige zu tun und darin so unerschütterlich, dass sie gar nicht anders konnte, als ihm zu vertrauen.
    Jemina spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als sie an Rik dachte. Sie bewunderte ihn dafür, wie er mit der Situation umging und beneidete ihn um die Entschlossenheit, mit der er die Gruppe führte. A ber da war noch mehr. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen und suchte seine Nähe, wann immer es möglich war. Ein Blick von ihm genügte, um ihr Herz höher schlagen zu lassen, und der Klang seiner Stimme weckte in ihr ein Gefühl der V ertrautheit. Fast schämte sie sich dafür, so zu empfinden, wo sie doch eigentlich nichts außer T rauer fühlen sollte. Aber selbst wenn sie es versuchte; die Gefühle ließen sich nicht leugnen.
    Rik war anders. Das spürte sie. Seine seltsamen A nsichten, der A usdruck in seinen A ugen: Das war etwas, das sie zuvor noch bei keinem Menschen gesehen hatte. Es war wie eine große T raurigkeit, aber das W ort traf es nicht wirklich. A uf jeden Fall schien ihm die Rolle des A nführers auf den Leib geschrieben zu sein. Es war ein gutes Gefühl, ihn an ihrer Seite zu wissen.
    Als die Sonne den höchsten Stand erreichte, bog Rik von dem Hauptweg auf einen schmalen Pfad ein, an dessen Ende eine kleine Hütte zu sehen war.
    »Wer wohnt dort?« Jemina schloss zu ihm auf.
    »Das ist das Haus von Galdez. Mein Heim«, erwiderte Rik knapp.
    »Oh.« Jemina schwieg betroffen. W ie mochte sich Rik in diesem A ugenblick wohl fühlen?
    »Wir werden dort rasten«, hörte sie Rik sagen, als hätte er bereits alles genau durchdacht. »Die Kleinen sind müde und müssen sich ausruhen. In Haus gibt es V orräte. Es ist nicht viel, aber genug, damit wir alle satt werden.«
    »Wie weit ist es noch bis zur Feste der Magier?«, fragte Jemina.
    »Zu Fuß mehr als einen halben T agesmarsch. W enn wir die Pferde nehmen, geht es schneller.«
    »Pferde?« Jemina horchte auf. Sie überlegte kurz und schüttelte den Kopf: »Ich glaube nicht, dass alle reiten können.«
    »Es sind auch nur zwei Pferde da«, sagte Rik. »Eines gehörte Galdez, das andere mir.«
    »Dann werden wir wohl laufen müssen.«
    »Nicht unbedingt.« Rik fasste Jemina am A rm, führte sie ein Stück von den anderen fort und sagte gedämpft:

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