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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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A nweisung, nicht mit den Gästen zu sprechen«, hatte Rik vermutet und es schien, als hätte er damit recht.
    Die Dienerin legte die frisch gewaschenen Kleider auf das Bett und verließ den Raum, um etwas zu essen für Jemina zu holen. Jemina stand auf, kleidete sich an, löste die dünnen Zöpfe und flocht die langen Haare im Nacken zu einem einzigen dicken Zopf zusammen.
    Das Morgenmahl bestand aus frischem Brot mit Käse, Obst, einem Glas Milch und einer Paste aus süßen Früchten, die Jemina noch nie zuvor gegessen hatte. A lles war so köstlich, dass sie aß, bis sie glaubte, platzen zu müssen. Danach ging sie zu Rik und Jordi, um mit ihnen gemeinsam darauf zu warten, dass Corneus sie zu sich rief.
    »Ich komme mir vor wie ein Fürst.« Jordi lachte, breitete die A rme aus und vollführte eine Drehung mitten im Raum, als sie eintrat. »Wenn ich könnte, würde ich immer so leben – und essen.«
    Rik, der am Fenster stand und in den Hof starrte, schnitt eine Grimasse. »Ich nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte Jordi.
    »Weil all dieser Reichtum gestohlen ist«, erwiderte Rik. »Sie nehmen es den Bauern und Handwerkern fort, damit sie ihre Bäuche füllen können.«
    »Das stimmt nicht, Rik«, mahnte Jemina. »Die Bauern und Handwerker geben es den Magiern gern. Niemand wird dazu gezwungen.«
    »Aber es sagt auch niemand: Behaltet es für euch, damit es euch besser geht«, murrte Rik.
    »Noch besser?« Jordi legte die Stirn in Falten. »Meine Eltern haben nie geklagt oder mehr verlangt. Das W ichtigste ist für sie, dass sie in Frieden leben können. Mein V ater hat immer gesagt, dass er den Magiern dafür auch noch sein letztes Hemd geben würde.«
    »Wer weiß, vielleicht werden sie auch das eines T ages von ihm einfordern«, sagte Rik düster.
    »Du tust den Magiern unrecht, Rik«, sagte Jemina. »Haben sie uns nicht an allem teilhaben lassen, was sie besitzen? Haben sie uns nicht fürstlich bewirtet und alles dafür getan, damit wir uns wohlfühlen?« Jordi nickte zustimmend.
    »Ja, das haben sie«, stimmte auch Rik Jemina zu. »Aber hast du dich auch gefragt, warum sie das tun?«
    Jemina schaute Rik verwirrt an. Musste er denn immer alles schlechtreden? Konnte er nicht einmal zufrieden sein, mit dem, was ihm widerfuhr?
    Rik ließ Jemina nicht aus den A ugen. »Nein? Dann will ich es dir sagen: Sie behandeln uns so, weil wir wichtig für sie sind.«
    »Na und?« Jemina zuckte mit den A chseln. »Das V olk behandelt die Magier doch auch zuvorkommend, weil sie wichtig sind. Ich sehe da keinen Unterscheid.«
    »Vergiss es. Du verstehst gar nichts.« Rik schnaubte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Dann erkläre es mir.« Jemina schaute Rik herausfordernd an.
    »Das hat keinen Sinn.«
    »Wie kannst du das wissen, wenn du es nicht versucht hast?«
    »Weil ich es weiß.«
    »Und warum?«
    »Weil … weil …« Rik suchte nach W orten. Dann biss er sich auf die Lippe, starrte zu Boden und schwieg.
    »Siehst du, du weißt es auch nicht«, triumphierte Jemina.
    »Glaub doch, was du willst.« Offenbar hatte Rik beschlossen, das Gespräch zu beenden.
    »Die Magier lieben das V olk«, sagte Jordi bestimmt. »So wie das V olk die Magier liebt.«
    »Ja, sie lieben das V olk«, murmelte Rik. »Wie ein Hirte seine Ziegen.«
    »Warum bist du so gegen die Magier?« Jemina hatte genug gehört. »Haben sie dir Unrecht getan? Gibst du am Ende gar ihnen die Schuld für das, was den Hütern widerfahren ist? Oder ist dieses seltsame Gebaren deine A rt zu trauern?«
    »Die Magier trifft keine Schuld daran, dass die Barke gekentert ist«, sagte Rik, ohne auf Jeminas andere Fragen einzugehen. »Das war ein Unfall.«
    »Dann verstehe ich nicht, warum du die Magier anprangerst.«
    »Weil…«
    Es klopfte und Rik verstummte. Gleich darauf wurde die T ür geöffnet. Ein Präparand der Magier, der keine zehn Jahre alt sein konnte, trat ein und verkündete mit heller Stimme: »Corneus bitte euch zu sich.«
    »Dann sollten wir keine Zeit verlieren.« Rik erhob sich und ging zur T ür. Er wirkte erleichtert, das Gespräch beenden zu können.
    Gemeinsam mit Rik und Jordi folgte Jemina dem Präparanden durch die Feste. V or der T ür zu Corneus’ Gemächern blieb der Junge stehen, sagte etwas zu dem davor wartenden Diener und ging davon.
    »Wartet hier.« Mit ausdrucksloser Miene drehte sich der Diener um, betätigte den polierten T ürklopfer und öffnete leise die T ür. Sein Gesicht zeigte keine Regung, als er kurz darauf wieder

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