Die Hüterin des Schattenbergs
Rik tadelnd an.
Rik verschränkte die A rme vor der Brust und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Für ihn schien der Fall klar zu sein. A ber Jemina wollte mehr wissen. »Was weiß man über dieses Buch?«, fragte sie.
»Nicht viel«, räumte Ulves ein. »Das Buch gilt als Orekhs Lebenswerk. Der Überlieferung nach enthält es viele unglaubliche Zauber, die nur er allein kannte. Das Buch ist die mächtigste Sammlung von Zaubersprüchen in ganz Selketien. In ihm, so heißt es, werden auch die letzten Geheimnisse des Lebens entschlüsselt. W er es besitzt, kann Dinge bewirken, die wir uns im T raum nicht vorstellen können.«
»Interessant.« Rik schmunzelte.
»Rik bitte, die Sache ist ernst.« Jemina warf Rik einen missbilligenden Blick zu.
»Ich weiß.« Rik sprach ganz ruhig. »Aber die A ussicht, möglicherweise Hilfe in einem Buch zu finden, von dem niemand weiß, ob es existiert, ist mehr als gering, findest du nicht? Das ist keine Hilfe. Das ist A ugenwischerei.« Er schaute Jemina eindringlich an.
»Vielleicht sollten wir uns erst einmal anhören, wie die Magier das sehen«, erwiderte Jemina.
Corneus schenkte Jemina ein väterliches Lächeln. »In der T at haben Meister Ulves und ich seit Sonnenaufgang darüber beraten, ob und wie wir die Magie des Schattenbergs bewahren können. A ber wie wir es auch drehen und wenden, es scheint, dass im Buch des Lebens unsere einzige Hoffnung liegt, den V erfall der Magie zu stoppen.«
»Dann suchen wir es!«, sagte Jemina mit Nachdruck.
»Das haben die Magier doch bereits vergeblich getan. Hast du eben nicht zugehört?« Rik seufzte unwirsch.
»Vielleicht haben sie an der falschen Stelle gesucht.« Jemina war voller T atendrang und ließ sich nicht beirren.
»Die Stelle war schon die richtige«, räumte Ulves ein. »Ich vermute eher, dass es nicht die Richtigen waren, die nach dem Buch gesucht haben.«
»Was heißt das?«, fragte Rik.
»Das bedeutet, dass das Buch vermutlich selbst entscheidet, ob es gefunden werden will oder nicht«, erklärte Ulves. »Es gibt eine V ielzahl von Bann- und Einschränkungszaubern, die bestimmen, ob und wann etwas geschieht und wie es geschehen soll. Ich bin sicher, Orekh hat alles in seiner Macht Stehende getan, um das kostbare Buch vor Missbrauch zu schützen. Ebenso sicher bin ich, dass er festgelegt hat, wann es wieder auftauchen darf. Ein Präparand, den es nach Macht verlangt, könnte mit dem W issen, das in dem Buch gesammelt sein soll, großen Schaden anrichten. Einem Hilfesuchenden, der bestrebt ist, Orekhs Lebenswerk zu erhalten, wird es sich hingegen vermutlich nicht verschließen dürfen.«
»Das sind doch nur V ermutungen.« Rik sah immer noch skeptisch aus.
Ehe Ulves etwas sagen konnte, antwortete Corneus: »Wir haben leider nicht die Zeit, alle Möglichkeiten sorgfältig zu ergründen. W enn wir das Schlimmste verhindern wollen, müssen wir schnell und entschlossen handeln. Es hat keinen Sinn, ein Heer von T augenichtsen auszusenden, wenn das Buch auf magische W eise verborgen ist. Kommt hingegen der oder die Richtige, wird es sich ihm ohne zu zögern zeigen.«
»Und ihr glaubt, ich bin die Richtige, um nach dem Buch zu suchen?«, fragte Jemina.
»Ja.« Corneus nickte.
»Das habt ihr den anderen sicher auch gesagt, die ausgezogen sind, das Buch zu suchen«, spottete Rik.
»Rik bitte!« Jemina legte Rik beschwichtigend die Hand auf den A rm. »Irgendjemand muss es tun. W ir haben keine W ahl.« Sie straffte sich. »Ich bin nicht verrückt, Rik, und auch nicht lebensmüde. A ber ich muss es versuchen, um mein – um unser – V olk zu retten.« Sie verstummte und fügte in Gedanken hinzu … und um die Schuld zu begleichen, die ich am Nebelsee auf mich geladen habe.
Rik schnitt eine Grimasse. »Hilfsbereitschaft bis zur Selbstaufgabe – und wenn es sein muss, auch bis zum T od. Großartig! Nehmen wir uns die Hüter zum V orbild.«
Jemina achtete nicht auf ihn. Ihr Entschluss stand fest. »Wie viel Zeit bleibt mir, um in den Ruinen der Hohen Feste nach dem Buch zu suchen?«
5
W as heißt das? Mir bleibt gar keine Zeit?« Ratlos schaute Jemina von Ulves zu Corneus »Ist der V erfall der Magie am Schattenberg denn schon so weit fortgeschritten?«
»Der Schattenberg ist nicht unser vordringliches Problem.« Ulves seufzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Das Problem ist, wir wissen nicht, was Orekh im Buch des Lebens für A nweisungen hinterlassen hat und wie lange es dauert, diese auszuführen.
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