Die Hüterin des Schattenbergs
herauskam und sagte: »Der Meistermagier erwartet euch.«
Rik ging voran, gefolgt von Jemina und Jordi, der diesmal dabeibleiben durfte. Freundlich bat Corneus sie alle, sich zu ihm an den T isch zu setzen.
Ulves, der Zeremonienmeister, war bereits zugegen. Er wirkte müde. Jemina versuchte aus seinem Gesicht abzulesen, welche Neuigkeiten er zu überbringen hatte, aber wie schon bei dem Diener vor der T ür erschienen auch die Gesichtszüge des Zeremonienmeisters wie in Stein gemeißelt.
»Habt Ihr etwas herausfinden können?« Rik brach die Stille, bevor Corneus ihm das W ort erteilte. Jemina bewunderte seinen Mut. A uch sie war begierig zu hören, ob es Neuigkeiten gab, aber das hätte sie nicht gewagt. Sie fürchtete, dass Corneus Rik ermahnen würde, der aber schwieg. Stattdessen antwortete der Zeremonienmeister: »Ja, das habe ich.«
»Und? Gibt es einen W eg, die Magie der Hüter zu bewahren?« Jemina spürte, wie ihr Herz heftig zu pochen begann und fragte sich, wie Rik zumindest äußerlich so ruhig bleiben konnte.
»Ja, wenn alle Eleven mit der Schattenmagie verbunden sind.« Ulves seufzte. »Dafür muss ihnen aber zunächst die Gabe übertragen werden. Ohne sie wird die Magie nicht mehr lange bestehen.«
»Aber wir kennen die Gabe nicht.« Jemina warf Rik einen kurzen Blick zu. Für den Bruchteil eines A ugenblicks sah es fast so aus, als ob er die niederschmetternde Neuigkeit erleichtert aufnahm. A ber der Moment war zu kurz, um ihn wirklich greifen zu können, und sie hörte Jordi fragen: »Dann können wir nichts tun, um ein A usbrechen der Schatten zu verhindern?«
Ulves und Corneus wechselten einen raschen Blick. Jemina entging nicht, dass Corneus dem Zeremonienmeister zunickte.
»Nun, es gäbe da schon einen W eg …«, begann Ulves gedehnt.
»Aber?« Rik sprach immer noch mit bewundernswerter Ruhe. »… aber er ist sehr gefährlich«, griff Ulves Riks Frage auf. »Und ihn zu beschreiten, erfordert Mut.«
»Was immer es ist, ich werde es versuchen.« Jemina legte alle Überzeugung, die sie aufbringen konnte, in ihre W orte.
Rik warf ihr einen scharfen Blick zu. »Erst wollen wir hören, was getan werden muss, um die alte Ordnung wiederherzustellen.« Er schaute Ulves auffordernd an. Dieser nickte bedächtig.
»Es war für mich nicht ganz einfach, die richtigen Schriften ausfindig zu machen«, begann er. »Orekh hat unzählige A ufzeichnungen hinterlassen, die offenbar nicht immer mit der nötigen Sorgfalt entstanden sind. V ieles darin ist wirr und widersprüchlich. Je älter er wurde, desto öfter bezog er sich auf ein geheimnisvolles W erk, das er Das Buch des Lebens nennt.« Ulves machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr dann fort: »So ist es auch in diesem Fall. Und ich muss zugeben, dass es die A ngelegenheit nicht gerade einfacher macht.«
»Warum?«, fragte Jemina.
»Weil Orekh das Buch, der Legende nach, in seiner Burg, der Hohen Feste, versteckt hat. V iele haben schon danach gesucht, aber niemand hat es gefunden.«
»Wenn wir ohne dieses Buch nicht weiterkommen, wie sollen wir dann noch Hoffnung haben?« Jemina war verwirrt.
»Am besten ich beginne von vorn.« Der Zeremonienmeister nahm einen tiefen A temzug. »Für den Fall, dass alle Hüter auf einmal zu T ode kommen, ohne dass auch nur einer von ihnen die Gabe zuvor an seinen Novizen übergeben hat, hinterließ Orekh uns in den unzähligen Pergamenten und Folianten in der T at nur eine kleine Notiz. Offenbar hielt er es für undenkbar, dass so etwas geschehen könnte. Es sind nur wenige Sätze, winzig klein an den Rand geschrieben, als hätte er es nachträglich ergänzt. Fast hätte auch ich sie übersehen. Dort steht: »Sollten wider Erwarten alle Hüter dahinscheiden und ihr Wissen mit sich nehmen, muss ein Mutiger sich ein Herz fassen und zu mir kommen, um Rat und Hilfe im Buch des Lebens zu suchen, ehe das Wissen im Strom der Zeit verloren geht.«
»Zu mir kommen?« Rik runzelte die Stirn. »Was bedeutet das?«
»Ich vermute, damit meint er die Hohe Feste«, sagte Ulves. »Aber das Buch ist verschollen«, überlegte Rik laut. »Wie soll man darin etwas lesen können?«
»Indem ihr es findet und zu mir in die Feste bringt«, warf Corneus ein.
»Wie können wir es finden?« Jemina starrte Corneus an. »Und wo sollen wir es suchen?«
»Vielleicht gibt es das Buch auch gar nicht«, ergänzte Rik.
»Du solltest nicht vorschnell über Dinge urteilen, von denen du nicht genügend Kenntnisse hast.« Ulves schaute
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