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Die Huette

Die Huette

Titel: Die Huette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William P. Young
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seiner Depression wusste Mack, dass er Antworten brauchte. Ihm wurde klar, dass er feststeckte, und Sonntagsgebete und Kirchenlieder brachten ihm nichts mehr, falls sie das je wirklich getan hatten. Im Leben der Menschen, die er kannte, schien eine losgelöst vom Alltag im abgeschiedenen Raum der Kirche stattfindende Spiritualität überhaupt nichts zu verändern, Nan vielleicht ausgenommen. Aber Nan war etwas Besonderes. Vielleicht wurde sie wirklich von Gott geliebt. Sie war kein Versager wie er. Er hatte Gott und Gottes Religion gründlich satt, und auch all die kleinen religiösen Klubs, die im Leben der Menschen einfach nichts bewirkten. Ja, Mack wollte mehr, und schon bald würde er mehr bekommen, als er je für möglich gehalten hätte.
     

5 - Rate mal, wer zum Essen kommt
    Routinemäßig lehnen wir solche Zeugnisse und Bekenntnisse ab, die sich nur, wenn wir sie beschönigen, mit unseren Überzeugungen vereinbaren lassen. Das heißt, weil wir so überzeugt sind von der Richtigkeit unseres Urteils, leugnen wir Beweise, durch die dieses Urteil in Frage gestellt wird. Auf solche Weise gelangt man zu nichts, was es verdienen würde, Wahrheit genannt zu werden.
Marilynne Robinson: The Death of Adam
    Es gibt Zeiten, in denen wir uns dafür entscheiden, etwas zu glauben, das normalerweise als völlig irrational angesehen werden würde. Das bedeutet nicht, dass es tatsächlich irrational wäre, aber es ist auf jeden Fall nicht rational. Vielleicht gibt es Suprarationalität:
    Vernunft jenseits der normalen Definitionen von Fakten und auf Daten basierender Logik. Etwas, das nur einen Sinn ergibt, wenn man das größere Bild der Wirklichkeit sieht. Vielleicht ist das der Bereich, wo der Glaube seinen Platz hat.
    Mack war sich im Hinblick auf viele Dinge unsicher, aber in den Tagen, die auf seinen Kampf mit dem Eissturm folgten, gelangte er zu der Überzeugung, dass es drei plausible Erklärungen für den Brief gab. Entweder stammte er tatsächlich von Gott, so absurd sich das anhörte, oder es handelte sich um einen grausamen Scherz, oder es war eine unheimliche Nachricht von Missys Mörder. Wie auch immer, Mack konnte an nichts anderes mehr denken, und der Brief verfolgte ihn sogar bis in den Schlaf.
    Insgeheim schmiedete er Pläne, am folgenden Wochenende zu der Hütte zu fahren. Zunächst erzählte er niemandem davon, nicht einmal Nan. Er wusste, dass er in der Diskussion, die auf diese Enthüllung zwangsläufig folgen musste, keine vernünftigen Argumente auf seiner Seite hatte. Und er hatte Angst, dass man ihn einsperren und den Schlüssel wegwerfen würde. Die rationale Erklärung, die er sich für sein Schweigen gab, lautete aber, dass ein solches Gespräch nur neuen Schmerz hervorgerufen hätte. »Nan zuliebe behalte ich es für mich«, redete er sich ein. Wenn er ihr von dem Brief erzählte, hätte das zudem bedeutet, ihr einzugestehen, dass er Geheimnisse vor ihr gehabt hatte. Und diese Geheimniskrämerei rechtfertigte er gleichzeitig vor sich selbst. Manchmal kann Ehrlichkeit unglaublich chaotisch sein.
    Von der Richtigkeit seiner geplanten Reise überzeugt, überlegte Mack, wie er die Familie für das Wochenende aus dem Haus schaffen konnte, ohne dass sie Verdacht schöpfte. Es bestand die, wenngleich auch geringe Möglichkeit, dass der Killer versuchte, ihn aus der Stadt zu locken, damit die Familie ungeschützt war. Und dieses Risiko wollte Mack auf keinen Fall eingehen. Aber er war ratlos. Nan war viel zu scharfsinnig, als dass sie nicht bemerkt hätte, wenn er versuchte, sie und die Kinder zu einem Ausflug ohne ihn zu überreden.
    Zum Glück für Mack war es Nan selbst, die unwissentlich eine Lösung für das Problem fand. Sie hatte sich schon länger mit dem Gedanken getragen, ihre Schwester oben auf den San Juan Islands vor der Küste Washingtons zu besuchen. Ihr Schwager war Kinderpsychologe, und Nan hoffte, dass er ihr Ratschläge wegen Kates zunehmend unsozialen Verhaltens geben konnte. Als sie diese Idee zur Sprache brachte, zeigte sich Mack fast schon zu begeistert.
    »Natürlich fahrt ihr«, war seine Reaktion, als Nan ihm davon erzählte. Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte, und sie schaute ihn irritiert an. »Ich meine«, fügte er hastig hinzu, »ich halte das für eine prima Idee. Natürlich werde ich euch drei vermissen, aber ich denke, ein paar Tage komme ich schon allein zurecht. Und ich habe sowieso schrecklich viel zu tun.« Sie ging nicht weiter darauf ein, vermutlich

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