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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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habe«, gab Severin zurück. »Ich tue es jetzt gleich. Du wirst sehen.«
    Er zog sein Schwert und wollte davonstürmen, als Constansa ihm in den Arm fiel und ihn mit aller Kraft festhielt. »Sei kein Idiot«, raunte sie schroff. »Der Kerl ist ein Templer. Der bringt dich um.«
    »Ich sage dir, der Mann ist eine wandelnde Leiche.«
    Er wollte sich losmachen. Doch sie hing immer noch an seinem Arm und rang mit ihm. Aber als sie merkte, dass sie ihn nicht aufhalten konnte, veränderte sich mit einem Mal ihr Gesicht, und sie bettelte, fast wie ein Kind.
    »Severin, lass es sein, ich bitte dich.«
    »Warum, verflucht?«
    »Ich will nicht, dass dir etwas zustößt.«
    Erstaunt sah er sie an. »Ich dachte, du machst dir nichts aus mir.«
    »Sei kein Dummkopf«, schimpfte sie, aber nun war ihr Ton nicht mehr schroff. »Natürlich mache ich mir was aus dir.«
    Sie sah zu ihm auf. Im Licht des Mondes glänzten ihre Augen feucht und verletzlich. Lange erforschte sie sein Gesicht. Dann senkte sie den Blick. »Ich hasse mich selbst für alles. Und ich sterbe vor Scham«, flüsterte sie. »Bitte verachte mich nicht.«
    Langsam ließ er das Schwert wieder in die Scheide gleiten. »Dich verachten?
Jes Maria,
Constansa. Wie kommst du denn darauf?« Er schüttelte ungläubig den Kopf.
    Noch einmal zog er sie an sich. Diesmal ließ sie es geschehen, ja, sie klammerte sich sogar an ihn. Er hielt sie fest umschlungen und strich ihr immer wieder übers Haar und über den Rücken. »Es tut mir so leid«, murmelte er. »Es tut mir so leid.«
    Lange standen sie so da, vereint in Trauer und Zorn und einigem mehr, von dem sie noch nicht wussten, was daraus werden würde.
    »Hört mal zu, ihr Turteltauben«, raunte Elena schließlich. »Wenn ihr den Kerl bestrafen wollt, dann müsst ihr es klüger anstellen, als ihn mit dem Schwert zu fordern.«
    Severin warf ihr einen scharfen Blick zu.
    »Außerdem«, fügte sie hinzu, »wüsste das ganze Lager dann, um was es geht. Und das wollen wir doch nicht, oder?«
    »Hast du etwas Besseres im Sinn?«
    Sie sah sich kurz um, ob keiner lauschte, trat schließlich näher und blickte den beiden verschwörerisch in die Augen. »Wollt ihr wissen, wie ich es machen würde?«, fragte sie leise.
    »Nun sag schon.«
    »Lasst es aussehen, als wären es die Türken gewesen. Nachts, heimlich, und dann …«, sie fuhr sich mit dem Finger über die Kehle. »Niemand wird euch verdächtigen.«
    Severin runzelte die Stirn. »Das ist nicht ritterlich.«
    »Aber klüger.«
    Er sah sie lange an und dachte nach. Am Ende holte er tief Luft. »In jedem Fall hat der Kerl sein Leben verwirkt, ganz gleich, wie wir es anstellen«, sagte er mit finsterer Miene.
    Constansa dagegen hatte wenig Bedenken. »Ich bin dafür«, sagte sie entschlossen.

Wildschafe
    A rnaut lag mit offenen Augen in seinem Zelt.
    Der Mond erhellte ein wenig von der Plane über seinem Kopf, so dass es im Innern nicht völlig dunkel war. Im Lager war es still geworden, wenn auch noch fernes Gemurmel von den Wachfeuern zu hören war, das gelegentliche Knacken von frischen Ästen, die nachgelegt wurden, oder ein sanftes Schnauben der Pferde, die nahebei dösten oder etwas Wintergras rupften.
    Wie so oft dieser Tage konnte er keinen Schlaf finden. Der Krieg war zu etwas geworden, das er so nicht erwartet hatte. Konnte er sich derartig getäuscht haben? Hatte Großvater Jaufré ihm in seinen Geschichten etwas Falsches vorgegaukelt, oder hatte er sich schon als Junge selbst belogen, nur das Heldenhafte, das Männerabenteuer sehen wollen? Er versuchte, die eigenen Gedanken und Erwartungen zu ergründen, die er vor seinem Aufbruch gehabt hatte.
    Als
miles christi
in den Kampf zu ziehen, als Krieger des Herrn für etwas Höheres zu streiten, als sich mit benachbarten Kastellanen in sinnlosen Scharmützeln herumzuschlagen, das hatte etwas Erhabenes für ihn bedeutet, etwas Sinngebendes. Sich hervorzutun unter Männern gleicher Gesinnung, das war ehrenvoll. Und ja, das Abenteuer, auch das hatte ihn gelockt, wenn er ehrlich war.
    Die Hoffnung, die eigenen Verfehlungen zu büßen, sich vor seinem Gott von der Sünde des Ehebruchs zu reinigen, war zuerst wie eine Erlösung erschienen, doch inzwischen mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Vielleicht weil ihm dämmerte, dass sie alle auf diesem Pilgerzug in einem gewaltigen Widerspruch gefangen waren. Sie zogen durch fremdes Land, raubten und mordeten, brachen täglich Gottes Gebot, und all dies, um sich angeblich

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