Die Hure Babylon
werden.«
»Sie ist fest entschlossen. Sie will nicht als Hure sterben. So wie Belinda.«
»Und du sollst sie vor den Nachstellungen der anderen Kerle schützen, oder?«
»Wenn sie doch dann mein Weib ist.«
Arnaut sah ihn forschend an. »Und du bist dir sicher?«
»Hör mal, Arnaut. Es stört mich nicht, was sie gemacht hat. Du weißt, wo ich herkomme. Wären nicht die Huren und die Aussätzigen von Narbona gewesen, wäre ich als Kind verhungert und erfroren. Joana ist ein guter Mensch.«
»Und sie liebt dich.«
Jori nickte ernst. Arnaut hätte fast gelacht, so, wie der Junge mit großen Augen und roten Ohren vor ihm stand. Als hinge sein ganzes Glück allein von dieser Entscheidung ab. Doch offensichtlich tat es das in seinen Augen.
»Mann, Jori. Wir kennen uns nun schon so lange.« Er legte ihm den Arm um die Schultern und drückte ihn rauh an sich. »Wenn das dein Wunsch ist, meinen Segen hast du. Morgen kann euch Aimar trauen, wenn’s recht ist.«
Jori traten Tränen in die Augen. »Danke, Arnaut, danke.«
♦
Der König hatte seine wichtigsten Anführer zur Beratung gerufen. Darunter auch den Großmeister in Begleitung von Étienne de Bernay, der heute den erkrankten Hugues de Bouillon vertrat. Einer, der fehlte, war Geoffrey de Rancon. Der hatte sich still und leise nach Konstantinopel eingeschifft. Niemand weinte ihm eine Träne nach, nicht einmal die Königin.
Den ganzen Abend schon hatten die Herren die Lage besprochen und sich dabei immer mehr ereifert. Auf die Griechen war kein Verlass, davon waren alle überzeugt. Die anfänglich gelieferten Vorräte waren zum großen Teil aufgebraucht und weitere Lieferungen unsicher. Angeblich war das Wetter schuld, der Mangel an geeigneten Schiffen oder der Ernteverlust des letzten Jahres. Die gereizte Stimmung der edlen Herren war auf dem Siedepunkt.
»Alles nur Ausflüchte«, schäumte Amédée de Savoie. »Wir sollten endlich die Stadt stürmen und holen, was uns zusteht. Das war schon in Laodikeia so. Auch da wolltest du nicht auf mich hören, Louis. Wie lange willst du noch zögern?«
»Wir haben Kaiser Manuel geschworen, sein Land friedlich zu durchqueren«, antwortete der König trotzig. »Ich habe nicht vor, meinen Schwur zu brechen.«
»Ja, aber hat er nicht versprochen, das Heer mit allem Nötigen zu beliefern?«, rief Renaud le Borgne, der alte, einäugige
Comte
de Bar. »In Wahrheit verhandelt er Friedensabkommen mit den Türken, während er uns auf dem Trockenen sitzen lässt. Und diesen verlogenen Lombarden Landolfo sollten wir am besten gleich aufhängen, zum Zeichen, dass wir es ernst meinen.«
Das erntete beifälliges Gemurmel aus der Runde, aber einen ärgerlichen Blick des Königs.
»Besser wäre es, die Griechen zu zwingen, uns Schiffe zu liefern«, sagte der Bischof von Metz ein wenig ruhiger. »Damit wir hier endlich wegkommen. Jeder weitere Tag an dieser Küste schwächt das Heer.«
Königin Alienor, die sich bisher wenig an den hitzigen Auseinandersetzungen beteiligt hatte, ergriff nun das Wort. »Das ist ein guter Vorschlag. Wir sollten wenigstens einen Teil des Heeres einschiffen. Die Kranken und Schwachen, die Pilger und Frauen. Da hätte man viele hungrige Mäuler weniger zu versorgen. Das würde die Lage für den Rest des Heeres doch gewiss erleichtern.«
Dieses Mal schien das königliche Paar der gleichen Meinung zu sein, denn Louis griff den Gedanken begeistert auf und begann eine feurige kleine Ansprache, wobei es den anderen vorkam, als wollte er vor allem sich selbst Mut einreden.
»Messeigneurs«,
sagte er und stellte sich in Pose. »Lassen wir uns nicht von Widrigkeiten unterkriegen. Wie die Königin schon sagte, zeigen wir uns ganz von unserer christlichen Seite und erfüllen gleichzeitig, was wir dem Papst versprochen haben. Wir sind
miles christi,
Ritter des Herrn, und haben geschworen, unser Leben für Gott zu geben.«
Sie nickten stumm und warteten, was nun folgen würde.
»Schicken wir in der Tat Frauen und Pilger, die Kranken und Schwachen per Schiff nach Antiochia. Diese Leute haben genug gelitten. Wir anderen aber, das heißt Euer König und seine treuen Ritter, wir werden uns auf diese Weise umso leichter mit dem Schwert durchkämpfen und wie unsere tapferen Vorfahren Ruhm und Ehre auf Erden und ewigen Frieden im Himmelreich erringen können. Der Weg mag lang sein, aber mit Gottes Hilfe sind wir bereits bis hierhergekommen. Der Allmächtige in seiner Gnade wird uns auch den Rest des Weges
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