Die Hure Babylon
Furt über den Mäander rausgehauen hat?«
»Ich erinnere mich«, nickte Arnaut. »Guter Mann.«
»Der wird schon wissen, was er tut.«
»Ihr werdet noch an meine Worte denken«, sagte Joan.
Niemand wollte glauben, dass man sie hier im Stich lassen würde. Aberwitzig, das zu denken. Dennoch waren Joans düstere Worte beunruhigend.
»Sag mal, Arnaut«, meinte Bertran. »Ist das nicht Josselins hübsche Sklavin da drüben bei deinen Zelten? Der wird sie doch wohl nicht mit dem Kind zurücklassen, oder?«
Arnaut erhob sich mit etwas Mühe, die Wunde schmerzte noch, und wanderte zu seinem Kochfeuer hinüber.
»Sie weiß nicht, wohin«, empfing ihn Elena. »Der Bastard hat wohl keine Verwendung mehr für sie.«
»Das kann ich nicht glauben«, sagte Arnaut.
Munira trug das Kind in einem weiten Schal fest an ihre Brust gebunden. »Was wird aus mir,
Senher?
« Sie sah ihn aus dunklen Augen an.
»Ich werde mit ihm reden.«
Als er Josselins Lagerplatz erreichte, wurde dort hastig gepackt und das große Beduinenzelt zusammengelegt.
»Du bist für die ersten Schiffe eingeteilt?«, fragte er Josselin, der seine persönlichen Habseligkeiten in die Satteltaschen stopfte.
»So ist es«, war die knappe Antwort.
»Und du lässt Munira zurück?«
Josselin blickte auf und runzelte die Stirn. »Kein Platz für Weiber. Strikte Anordnung.«
»Unsinn. Alle Anführer haben ihre Frauen dabei. Der halbe Hof besteht aus Frauen.«
»Was kümmert’s dich?«, wollte Josselin gereizt wissen. »Sie ist eine Sklavin, weiter nichts.«
»Und dein Kind?«
»Pah!«, lachte der Mann. »Bist du bei Trost? Was soll ich mit einem Sarazenenbankert?«
Das ließ in Arnaut die Wut hochkochen. Drohend trat er näher. »Du bist für sie verantwortlich.«
Aber Josselin ließ sich nicht einschüchtern. Breitbeinig, mit beiden Fäusten in die Seiten gestemmt, funkelte er Arnaut aus seinen saphirblauen Augen an.
»Du kannst Munira gern behalten, Arnaut. Du lechzt doch schon lange nach ihrer samtweichen Haut, oder?« Er lachte schallend.
Arnaut holte mit der Faust aus. Doch Josselin trat rasch zurück und hatte plötzlich einen Dolch in der Hand.
»Ich glaube, das solltest du besser lassen. Oder willst du eine zweite Demütigung von mir?«
Arnaut ließ die Arme sinken. Eine blutige Schlägerei würde gewiss nichts bessermachen. »Du nimmst sie also nicht mit?«, versuchte er es noch einmal. »Überleg es dir.«
»Im Gegenteil. Ich schenke dir Munira. Und wenn du sie satthast, dann verkauf sie einfach. Die bringt bestimmt ein schönes Sümmchen. Hübsch genug ist sie ja.«
Er steckte den Dolch wieder ein. »Sonst noch was?«
»Filh de puta«,
murmelte Arnaut angewidert und wandte sich zum Gehen.
»Ich sehe dich in Antiochia,
companh
«, hörte er Josselin. »Das heißt, wenn du ein Schiff findest.« Auch das war von Gelächter gefolgt.
»Du bleibst vorerst bei uns, Munira«, sagte Arnaut, als er zurück war.
»Danke,
Senher.
« Sie lächelte und versuchte, seine Hand zu küssen. Er ließ es nicht zu, sondern streichelte dem Kind stattdessen über das Köpfchen.
»Langsam habe ich den Eindruck«, meinte er später zu Elena, »dass wir uns von einer Kampfeinheit in eine Kinderkrippe verwandeln.«
Sie musste lachen, denn Muniras Säugling war nicht der einzige in der Truppe. »Wäre nicht das Schlechteste«, erwiderte sie spöttisch. »Wir müssten euch Kerlen nur Kinderpflege beibringen.«
Doch dann wurde sie wieder ernster. »Sehnst du dich nicht nach einem normalen Leben?«
»Ohne Krieg, meinst du?«
Sie nickte.
Mit bangen Herzen sahen sie den Schiffen nach, die langsam dem fernen Horizont entgegenstrebten, und Arnaut fragte sich, wann die Seldschuken angreifen würden. Lange würden sie nicht zu warten haben, schätzte er.
[home]
Buch IV
März, Anno Domini 1148
Das große Unternehmen der heiligen Kirche gerät ins Stocken, die Begeisterung der frommen Pilger beginnt zu lahmen, Selbstsucht, Streit und Eifersucht lassen Bündnisse bröckeln. Aber noch einmal mühen sich drei Könige, alles zum Guten zu wenden.
Ermengarda und der Trobador
S ag mir, Rogier, was ist für dich die Liebe?«
»Warum fragst du mich das,
Midomna?
Es weiß doch jeder, was Liebe ist.«
Verwirrt blickte er mich auf die ihm eigene Art an, die ein wenig an unterwürfige Hundeaugen erinnerte. Eine Täuschung, denn mein guter Sängerfreund konnte ziemlich frech und respektlos sein, besonders in seinen Spottliedern. Man hörte auch gewisse Geschichten über
Weitere Kostenlose Bücher