Die Hure Babylon
Frühlingsblüten ins Haar zu flechten.
Severin machte ein erstauntes Gesicht, als er Constansa sah. Sie sonnte sich in seiner Bewunderung und genoss es, sich endlich ganz ohne das schwere Kettenhemd frei und beschwingt zu bewegen.
Am Nachmittag versammelten sich alle Gefährten um Joana und Jori. Bruder Aimar traute die beiden und segnete ihre Verbindung. Er flehte Gottes Segen auf sie herab und reichte ihnen Salz und Brot zum Zeichen ihres neuen Standes. Elena vergoss reichlich Tränen, Jori strahlte, und Joana, unter dem Jubel der versammelten Mannschaft, küsste ihn ausgiebig und hingebungsvoll. Dann überkam auch sie die Rührung. Besonders als alle für einen Augenblick ihrer Freundin Belinda und anderer toter Kameraden gedachten.
Arnaut schenkte dem Paar eine Handvoll Goldmünzen aus seinem mager gewordenen Schatz. Severin gab einen Türkendolch, Constansa ein silbernes Kreuz, und auch die Übrigen legten an Münzen oder Beutestücken zusammen, was sie erübrigen konnten. Gefeiert wurde mit den gebratenen Rippen und der mageren Lende einer Ziege, der doppelten Ration an Fladenbrot und ein paar Schläuchen sauren Weins, den Lois Bernat irgendwo aufgetrieben hatte. Zum ersten Mal wurde wieder gesungen. Und dies bis spät in die Nacht. Die Anzüglichkeiten und zotigen Witze rissen nicht ab, als die Neuvermählten sich endlich zur Nachtruhe zurückzogen.
Trotz der kargen Umstände war es eine fröhliche Hochzeit gewesen. Und wer dieser Tage die Gelegenheit hatte, sein Zelt mit einem Weib zu teilen, der schätzte sich glücklich und genoss die Zweisamkeit, denn nichts heilt die Wunden der Seele besser als ein wenig Zärtlichkeit. Auch Arnaut musste in dieser Nacht nicht darauf verzichten.
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In den Tagen, in denen sich das Heervolk langsam von den Strapazen des Marsches erholte und mit Ungeduld und knurrenden Mägen auf bessere Verpflegung hoffte, ließ Severin seine Constansa nicht aus den Augen und bestand darauf, dass sie beide immer gewappnet gingen, wenn sie die Nähe der Gefährten verließen.
Doch Étienne de Bernay schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Auf vorsichtige Nachfrage bei anderen Templern hieß es, er sei erkrankt, das Fieber fessle ihn an sein Lager.
»Die Wunden müssen sich entzündet haben«, berichtete er Constansa.
»Soll er doch leiden«, erwiderte sie mit Befriedigung. »Der wird sich in Zukunft zweimal überlegen, ob er einer Frau so etwas antut.«
Mitte März war es endlich so weit.
Der Hafen war mit Schiffen vollgestopft, und eine allgemeine Ankündigung bestätigte die Gerüchte, die schon seit Wochen im Lager die Runde machten. Das Königspaar, der Hof und ein Teil des Heeres würden sich einschiffen und nach Antiochia segeln. Die Templer, die königliche Garde und so viele Ritter wie möglich nebst ihrer verbliebenen Pferde sollten sie begleiten. Aber nur Krieger, da es an ausreichendem Schiffsraum mangele. Kranke, Frauen, Pilger oder Knechte müssten vorerst zurückbleiben.
Wie zu erwarten war, löste die Ankündigung helle Aufregung aus.
Er sei enttäuscht, ließ König Louis ausrufen, dass es den Byzantinern nicht gelungen war, mehr Schiffe zu stellen. Aber niemand solle sich sorgen, denn der kriegserfahrene und von allen geachtete Thierry d’Alsace,
Comte
de Flandre, würde den Befehl über die verbleibenden Truppen übernehmen. Ihm zur Seite stehe Archambaud de Bourbon, ein ebenso erfahrener Anführer. Der von den Griechen versprochene Proviant werde bald eintreffen, und sobald die Schiffe zurückgekehrt seien, würde man den Rest der
militia
abholen.
»Uns haben sie nicht eingeschifft«, sagte Joan de Berzi. »Wir Tolosaner gehören wohl jetzt zum Abschaum der Welt.«
Der sonst so unverwüstliche de Berzi hatte sich verändert. Er war in sich gekehrt und wortkarg geworden, sah schnell in allem das Schlechte.
»Red kein dummes Zeug«, erwiderte Bertran. »Sie werden uns schon holen. Es bleiben ja auch noch andere Reitereinheiten zurück. Und auch auf die kampferprobten Fußtruppen wird der König wohl kaum verzichten wollen.«
»Ich sage dir, Bertran«, widersprach Joan und warf den Holzsplitter weg, mit dem er in den Zähnen gestochert hatte. »Die lassen uns hier verrecken. In den Hügeln über der Stadt sind schon Kundschafter der Seldschuken gesichtet worden. Sobald die Schiffe weg sind, werden die über uns herfallen.«
»Hör auf mit deinen Schauergeschichten, Joan. Der
Comte
de Flandre bleibt auch zurück. Erinnert ihr euch, wie der uns an der
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