Die Hure Babylon
vorzufinden.
»Und seit zwei Jahren kann man sich nicht über das Lösegeld einigen?«, fragte er.
Sie schien es mit Humor zu nehmen. »Ich bin nur Base, Tochter von Nebenfrau«, lachte sie. »Nicht so viel wert, wie Prinz Raimon denken. Aber für gutes Geschäft muss man Geduld haben.«
Sie setzten sich auf eine der Bänke im Garten und unterhielten sich eine Weile. Zum ersten Mal seit Wochen konnte Arnaut ungezwungen lachen. Ayla hatte eine drollige Art, die Dinge zu sehen, und machte sich über ihre eigenen Landsleute ebenso lustig wie über die barbarischen Franken. Da man sich so gut verstand, traute er sich, ihr eine heikle Frage zu stellen.
»Einen Rat bitte, Ayla. Ich habe durch Zufall eine Muslima aus Schaizar in meinem Gefolge. Kaufmannstochter. Ihre Karawane wurde überfallen, und sie wurde von einem Franken gefangen genommen und als Sklavin gezwungen, seine Geliebte zu werden. Sie hat ein Kind von ihm, aber inzwischen hat er sie verstoßen. Er ist auch nicht mehr in Antiochia. Wir können ihn jedenfalls nicht finden. Ich möchte ihr aber helfen und sie nach Schaizar zu ihrer Familie bringen. Nur, sie weigert sich.«
Ayla hatte ihm aufmerksam zugehört und schüttelte nun den Kopf. »Tu das nicht. Die bringen sie um.« Sie fuhr sich mit dem Zeigefinger in unmissverständlicher Geste über die Kehle. »Die in Schaizar sind Araber. Noch strenger als wir. Sie hat ihre Familie entehrt.«
»Aber es ist doch nicht ihre Schuld.«
»Pech für sie.«
Arnaut machte ein betretenes Gesicht. »Ich frage mich, was ich mit ihr machen soll.«
»Ist hübsch?«
Er nickte.
»Dann nimm selbst als Sklavin.«
Sie lachte über sein verdutztes Gesicht, und ihre Zähne blitzten. Dann winkte sie ab. »Ach, weiß schon. Franken dürfen nur eine Frau haben. Dumm eigentlich. Hast du schon Frau?«
Die Frage verwirrte ihn. »Nicht wirklich«, stammelte er.
Sie blickte ihn spöttisch an. »Nicht wirklich? Also Geistfrau, oder was?«
»So ähnlich.« Arnaut war errötet.
Ayla erhob sich. »Ich muss jetzt gehen. Wenn Sonne untergeht, muss man beten.«
Auch er stand auf. Sie lächelte ihm noch einmal zu, und bevor er sich verabschieden konnte, war sie schon davongeeilt. Versonnen sah er ihr nach. Eine Türkin,
mon Dieu.
Er war noch ganz von diesem Gespräch eingenommen, als er die Stimme der Königin hinter sich hörte.
»Wie ich sehe, habt Ihr Euch gut eingelebt,
Mossenher.
Ist sie nicht erstaunlich?« Alienor war wie üblich von Damen und Höflingen umgeben.
Er verbeugte sich. »Das ist sie,
Domina.
«
»Und? Habt Ihr es Euch überlegt, ob Ihr in meinen Dienst treten wollt?«
»Wir sind eine Kampfeinheit, Herrin«, antwortete er unsicher, »und nicht für das Leben bei Hofe gemacht.«
»Man gewöhnt sich daran, Arnaut.« Sie bedeutete ihrem Gefolge durch eine Geste, dass sie wünschte, allein mit Arnaut zu reden, und hakte sich bei ihm unter.
»Gehen wir ein paar Schritte«, sagte sie. »Nach Anatolia muss Euch das höfische Leben hier seltsam erscheinen, aber nicht alle sind so oberflächlich, wie es scheint.«
»Ich weiß Euer Angebot sehr zu schätzen,
Domina,
aber …«
»Ihr seid Bertran de Sant Gille verschworen. Und ich achte das. Dann bleibt mir wenigstens freundschaftlich verbunden. Versprecht es mir.« Sie lächelte zu ihm auf.
Arnaut fühlte sich tolpatschig und ungelenk in der Gegenwart dieser betörenden Frau, die seine Königin war.
»Mehr als das,
Midomna
«, sagte er verlegen. »Wer ließe sich nicht für Euch in Stücke hauen?«
»Jetzt klingt Ihr auch schon wie ein Höfling, mein Guter«, lachte sie. »Da mag ich doch lieber den rauhen Krieger.«
Sie drückte ihm herzlich den Arm und rückte noch näher an ihn heran, so dass er einen Dufthauch von Rosenöl und Lavendel wahrnahm, der ihrem Haar entströmte.
»Übrigens hört man Gerüchte«, raunte sie, »dass Bertran und sein Vater vorhaben, ihre Ansprüche auf Tripolis geltend zu machen. Ist da etwas dran?«
Die Frage kam überraschend.
»Ich weiß nicht,
Midomna
«, erwiderte er vorsichtig.
»Das wäre den Leuten in Outremer sicher nicht recht. Aber natürlich könnte der König, als oberster Lehnsherr Tolosas, seine Unterstützung schlecht verweigern, wenn es darauf ankäme. Versteht Ihr mich?« Sie blickte ihn eindringlich an. »Aber das habt Ihr nicht von mir.«
»Natürlich nicht.«
»Wir Provenzalen müssen zusammenhalten, nicht wahr?«
Mit einem vielsagenden Lächeln bot sie ihm die Hand. Arnaut beugte sich darüber und
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