Die Hure Babylon
Muniras Kind.«
»Constansa und Elena sind also allein?«
Severin nickte. »Zum Glück haben die Templer keine Ahnung, wo sie untergebracht sind.«
»Da wär ich mir nicht so sicher«, sagte Arnaut, der sich plötzlich siedend heiß erinnerte. »Ich habe einen in der Nähe herumlungern sehen, der wie ein Templer aussah. Vielleicht beobachten sie schon das Haus und warten nur auf eine günstige Gelegenheit.«
»Jes Maria!«
Severin starrte ihn mit großen Augen an.
Arnaut sprang auf. »Was warten wir noch? Bewegt euren Hintern, wir haben zu tun.«
♦
Die drei Freunde beeilten sich, den Berg herunterzukommen. Severin sah im Geiste schon Constansa auf dem Boden des Hauses in einer Blutlache liegen, womöglich verstümmelt. Der Schweiß trat ihm aus allen Poren, und das nicht nur wegen des hastigen Abstiegs.
Endlich ließen sie die Weinberge an den unteren Hängen hinter sich und tauchten in das farbige Gewühl der Gassen ein, bahnten sich ihren Weg zwischen wackeligen Verkaufsständen hindurch, an prallgefüllten Körben mit Obst oder Gewürzen vorbei, an Kannen und Kupferkesseln, an Amphoren voller Wein oder Öl. Es roch nach Schlachtabfällen, nach frischem Brot, nach Thymian und Salbei und nach den gegrillten Lammspießchen, die an jeder Ecke angeboten wurden. Sie schoben aufdringliche Händler beiseite, rempelten in ihrer Eile Lastenträger an und ernteten Flüche in allen Sprachen der Levante.
»Wartet mal«, rief Arnaut plötzlich. »Seh ich Gespenster, oder ist das Felipe da drüben?«
»Wo?«
»Da, bei dem Teppichhändler an der Ecke.«
Tatsächlich. Arnaut hatte sich nicht getäuscht. Da stand Felipe de Menerba, gesund und munter, mit seinem
escudier
an der Seite, den sie noch aus Narbona kannten, und feilschte mit dem Händler.
»Mensch, Felipe«, tönte Arnaut und umarmte den überraschten Freund. »Was hat dich denn hierher verschlagen?«
»Meint ihr, ich überlass das Kämpfen euch allein?«, grinste der, nachdem jeder ihn herzlich begrüßt hatte, begeistert, ihn zu sehen. Ihn hier zu treffen war wie ein lieber Gruß aus der Heimat.
»Schon lange hier?«, fragte Bruder Aimar.
»Ich habe eine lange Reise hinter mir. Italia bis Tarent, dann Griechenland, Konstantinopel. Dort habe ich mich längere Zeit aufgehalten. Ich war auch schon in Tripolis, und hier bin ich vor etwa zwei Wochen gelandet. Der König und sein Heer waren gerade angekommen.«
»Warum hast du uns nicht gesucht?«, fragte Arnaut.
»Konnte euch nicht finden.« Er zuckte mit den Schultern. »Viele haben’s ja auch nicht geschafft, wie ich höre.«
Er sagte das so leichthin, dass Aimar sich wunderte. Felipe schien ihm etwas kühler als sonst. Hatte er überhaupt versucht, sie zu finden?
Severin zappelte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Auch Arnaut drängte es, das Gespräch schnell abzubrechen. Aber er wollte nicht unhöflich sein.
»Lauf schon vor, Severin. Wir kommen gleich nach.«
»Gut. Also bis später.« Severin machte sich eiligst davon.
»Was ist denn mit ihm?«, fragte Felipe.
»Nichts. Nur eine dringende Angelegenheit«, sagte Arnaut. Die Sache ging Felipe nichts an, außerdem kannte er Constansa ja gar nicht. »Mann, bin ich froh, dich zu sehen.«
»Hab wohl eine Menge verpasst, wie man mir erzählt hat.«
Arnauts Miene verfinsterte sich. »Darüber kannst du froh sein. Das war verdammt kein Honigschlecken.«
»Und ihr musstet Volk zurücklassen.«
»Ja. Wir hoffen inständig, dass sie noch durchkommen. Dieser ganze Feldzug ist wie verflucht, das kann ich dir sagen. Aber am besten erzählen wir dir das alles später. Wo bist du untergekommen?«
»In einer Herberge.« Felipe erklärte ihnen, wo er zu finden war. »Verdammt teuer, übrigens. Die wollen sich hier an uns bereichern.«
»Das kennen wir schon«, lachte Arnaut. »Aber als
vescoms
von Menerba bist du doch kein armer Schlucker. Sieh dich an, wie herausgeputzt du bist. Alles vom Feinsten. Nicht wie wir verlausten Krieger mit unseren abgelatschten Stiefeln. Und ich wette, du hast ein paar hundert kriegswütige Kerle mitgebracht.«
Felipe schüttelte den Kopf. »Außer Enric hier, meinen
escudier,
nur zwei Pferdeknechte.«
»Dann schließ dich uns an. Wir sind bei den Tolosanern.«
»Na, da hätte ich ja lange nach euch suchen können. Dort hätte ich euch am wenigsten vermutet, nach unserem kleinen Krieg gegen Graf Alfons damals.«
»Aus Feinden werden Verbündete. Außerdem ist Alfons immer noch Lehnsherr meiner Familie.
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