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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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kurzgeschnittenem Gras, auf dem die Herrschaften wandelten, Bänke zum Sitzen und lange Tafeln, an denen es an Erfrischungen nicht mangelte. Was für ein Gegensatz zu den Entbehrungen der letzten Monate.
    Arnaut fragte sich jedoch, warum er eigentlich eingeladen worden war. Die Königin war mit dem Patriarchen im Gespräch, andere schienen wenig mit ihm anfangen zu können. Über Attalia wollte niemand reden. Die Pfauen und seltenen Vögel, die Verse der
trobadors,
die Gewänder der normannischen Damen und die fremdländische Küche erregten weit mehr Aufmerksamkeit als der weitere Verlauf der Pilgerfahrt oder das Schicksal der Menschen, die man in Attalia zurückgelassen hatte. Es war fast, als wollte man alles meiden, was mit dem Feldzug zu tun hatte. Vor allem die fränkischen Damen schienen froh, fürs Erste den Strapazen und dem Horror des Marsches entronnen zu sein und sich wieder den schönen Dingen des Lebens zuwenden zu dürfen.
    An einem Teich, auf dem zahme Wasservögel schwammen, hielt die junge Fürstin Constance Hof. Sie schien sehr guter Laune zu sein und befand sich in angeregtem Gespräch mit einem hochgewachsenen Ritter, dessen Haupt eine rotblonde Mähne umwallte. Als der Mann mit jemandem an seiner Seite sprach und sein Profil zeigte, erkannte er Reynaud de Chastillon, den er zuvor nur in Kettenhaube und Helm gesehen hatte. Auch Reynaud hatte ihn jetzt entdeckt und winkte ihn zu sich.
    Als Arnaut zu der Gruppe trat, legte ihm Reynaud den Arm um die Schultern. »Hier ist einer unserer tapfersten Krieger,
Mesdames
«, stellte er Arnaut den Damen vor. »Ich wünschte, wir hätten mehr von seiner Sorte. Er kommt aus dem Süden, was wir ihm aber gerne verzeihen wollen.«
    Ausgelassenes Lachen belohnte diesen Spruch.
    Arnaut nannte höflich seinen Namen und verbeugte sich. Die Fürstin Constance schenkte ihm ein kurzes, unaufrichtiges Lächeln, dann himmelte sie wieder Chastillon an. Zwischen den beiden schien eine fast greifbare Spannung zu herrschen, die von den anderen in der kleinen Gruppe teils wohlwollend, teils spöttisch wahrgenommen wurde. Da scheinst du ja eine Eroberung gemacht zu haben, mein Junge, dachte Arnaut. Was wohl der Prinz dazu sagen würde?
    Er wandte sich ab und wollte den Garten schon verlassen, als er sich plötzlich einer äußerst fremd aussehenden, jungen Frau gegenübersah, die ihn aus einigen Schritten Entfernung beobachtet hatte und sich nun jemand anders zuwandte. Was machte eine Türkin in dieser Versammlung? Denn das musste sie sein, zumindest eine Muslima, davon war er überzeugt. Sie hatte volle Lippen und ein edles Profil, trug viel Goldschmuck, war aber ansonsten in lange, schwarze Gewänder gehüllt, das Haar verschleiert. Jetzt warf sie ihm erneut einen kurzen Blick zu, wandte sich dann wieder ab.
    »Gefällt sie dir?«, hörte er Reynaud raunen, der hinter ihn getreten war. »Sie ist eine adelige Geisel aus Aleppo. Komm, ich stell dich vor.«
    »Geh du nur und kümmere dich um deine Fürstin. Sie verzehrt sich sonst.«
    Reynaud lachte in sich hinein. »Ein hübsches Ding, meine kleine Fürstin, nicht wahr?« Er fasste Arnaut am Arm und zog ihn mit sich. »Aber erst stelle ich dir Ayla vor.«
    Arnaut konnte sich nur wundern, wie gewandt sich dieser Chastillon unter den Edlen des Hofes bewegte. Alle schienen ihn bereits zu kennen, obwohl er wie Arnaut erst seit ein paar Tagen in Antiochia weilte. Nachdem Reynaud ihn der schönen Türkin vorgestellt hatte, blieb er noch für ein paar scherzhafte Bemerkungen, dann ließ er sie beide allein.
    »Ist er dein Freund?«, fragte Ayla und blickte mit dunklen Augen zu ihm auf. Sie schien alle Welt zu duzen. Sicher war das einfacher für sie. Und Arnaut fand es reizend.
    »Nicht wirklich. Ich kenne ihn nur flüchtig.«
    »Was ist bitte flüchtig?«
    »Nur ganz wenig, oberflächlich.«
    Sie nickte und lächelte verlegen. »Ich lerne noch.«
    »Im Gegenteil. Ich bin erstaunt, wie gut Ihr … ich meine, wie gut du unsere Sprache sprichst.«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann runzelte sie die Stirn. »Mit dem musst du vorsichtig sein.«
    »Mit Chastillon? Warum?«
    »Ist nett, aber ehrgeizig. Ich kenne solche. Man darf nicht den Rücken zudrehen. Verstehst du?« Sie lachte über ihr eigenes Fränkisch, und ihr Gesicht hellte sich dabei auf.
    Auf die Frage, warum sie sich in Antiochia aufhielt, erzählte Ayla ihm ihre Geschichte. Arnaut war beeindruckt, in ihr eine Verwandte des berüchtigten Nur ad-Din

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