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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Antiochia sich zurückzieht, wird Louis uns Tolosaner bitter nötig haben. Er wird mich nicht verärgern wollen. Wer soll denn sonst noch für ihn kämpfen? Du und dein lächerlicher Haufen müder Söldner? Hör am besten auf zu streiten, Raimon, und zieh dich gleich aus Tripolis zurück.«
    Seine Worte oder die unverhohlene Selbstgefälligkeit, mit der sie gesagt worden waren, lösten auf der Gegenseite einen Sturm an Entrüstung, Vorwürfen und Beleidigungen aus. Wenn seine Männer ihn nicht zurückgehalten hätten, wäre Raimon seinem Großonkel an die Kehle gegangen.
    Darauf sah sich Melisende genötigt, die Fortsetzung der Verhandlungen auf den nächsten Tag zu verschieben, mit der Empfehlung, die Gemüter gefälligst zu kühlen, denn mit Schreien und Toben würde nichts zu erreichen sein.
    Obwohl Arnaut die beiden nicht besonders mochte, taten ihm Raimon und Hodierna leid. Sie waren inzwischen die dritte Generation von Herrschern dieser Grafschaft, und nun tauchte aus heiterem Himmel der Großonkel auf und beanspruchte ihren Besitz. Dass sie mit allen Mitteln dagegen kämpften, war nur verständlich. Außerdem war Alfons für Arnaut kein Fremder. Unter dieser behäbigen Gutmütigkeit verbarg sich ein Wolf, der vor nichts zurückschreckte. Das hatte der Graf bereits in Narbona bewiesen, wo er versucht hatte, sich auf ähnliche Weise eine reiche Beute zu sichern. Er war ein Spieler. Wenn er verlor, zuckte er grinsend mit den Schultern, bis sich eine neue Gelegenheit bot. Und diese hieß nun Tripolis.
    Bertran wollte von solchen Bedenken nichts wissen, und Arnaut merkte, wie versessen sein Freund darauf war, den Fall zu seinen Gunsten zu entscheiden. Nun, vom belächelten Bastard zum geachteten Fürsten von Tripolis aufzusteigen, das konnte einem schon den Kopf verdrehen.
    Spät in der Nacht ließ Melisende Graf Alfons allein zu einer vertraulichen Unterredung bitten. Nur Josselin war an ihrer Seite, beteiligte sich aber nicht an dem Gespräch. Dennoch wunderte es Alfons, wie viel Vertrauen dieser Mann bei seiner Königin genoss.
    »Outremer befindet sich in einer schwierigen Lage, wie Ihr wisst,
Mossenher
Alfons«, sagte sie. »Wir sind von Feinden umgeben. Der Verlust Edessas war ein herber Rückschlag. Die Fürstentümer Antiochia, Tripolis und Jerusalem sind wie Perlen an einer Kette entlang der Küste aufgereiht. Eine Schwächung oder gar der Verlust der Grafschaft Tripolis würde die anderen beiden räumlich voneinander trennen und in höchste Gefahr bringen. Dann wäre der Traum von Outremer bald zu Ende.«
    »Ich habe nicht vor, Tripolis zu schwächen. Im Gegenteil. Ich kann weitere Truppen kommen lassen. Mein Sohn Bertran wird die Grafschaft in meinem Namen regieren und sich ganz unter die Lehnsherrschaft Jerusalems stellen.«
    »Ihr wollt also tatsächlich Euren Bastard als Regenten einsetzen?«, konnte Josselin sich nicht verkneifen zu fragen.
    Melisende wies ihn mit einer ärgerlichen Handbewegung zurecht.
    »Wen ich als Regenten bestimme, ist ganz allein meine Sache«, war Alfons’ kühle Antwort.
    »Vielleicht könnte man über eine Teilung des Gebiets nachdenken«, schlug die Königin vor.
    »Warum sollte ich mich mit einem Teil begnügen, wenn mir alles zusteht.«
    »Und wenn Euch Graf Raimon angemessen entschädigen würde?«
    »Ich glaube kaum, dass er so viel aufbringen kann.« Alfons erhob sich. »Und selbst wenn. Ich lasse mich nicht kaufen.«
    Drei Tage lang ging dieses Tauziehen weiter. Es wurde gestritten, gezetert und gedroht, aber Alfons blieb hart. Das Einzige, auf das er sich einließ, war, seinem Großneffen eine beträchtliche Summe als Entschädigung in Aussicht zu stellen, über deren Höhe zu verhandeln sei. Aber dem verweigerte sich energisch das Grafenpaar, und auch Melisende zeigte sich wenig begeistert, denn an Geld schien es in Outremer nicht zu mangeln. Nur Land war Macht und wichtiger als alles Geld. Am Ende würde dem Grafenpaar nichts anderes übrigbleiben, als sich tatsächlich dem Schiedsspruch der Könige und Fürsten zu unterwerfen, auf dem Alfons bestand.
    War die Stimmung von Anfang an vergiftet gewesen, so war nun der offene Hass nicht länger zu verbergen. Hodierna beschimpfte Alfons aufs schärfste, bis sie vor Wut keinen vollständigen Satz mehr zustande brachte. Und ihr Gemahl hätte sogar vom Schwert Gebrauch gemacht, wäre man nicht von Edelleuten und Rittern beider Seiten umgeben gewesen.
    Nur Melisende blieb weiterhin beherrscht. Sie setzte eine

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