Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
kommt alles heraus.« Woraufhin sie sich bekreuzigte.
    Dann rief sie Jamila und andere Mägde. Schüsseln und Kessel sollten sie holen, Wasser heiß machen und saubere Tücher und Binden bringen. Und eine Handvoll Kräuter gab sie ihnen, für einen blutstillenden Aufguss. Sie selbst nahm ein Instrument aus ihrer Tasche, wusch sich die Hände und stellte eine Schüssel unter. Danach ging sie ans Werk, um so viel wie möglich von der toten Leibesfrucht zu entfernen, während Ermengarda sich wand und schrie. Jamila, die der Alten zur Hand ging, wurde weiß und musste sich abwenden. So viel Blut.
    Schließlich war es vorüber. Erschöpft lag Ermengarda auf den Kissen. Jegliche Farbe war aus dem Gesicht gewichen. Die Hebamme tupfte ihr den Schweiß von der Stirn und flößte ihr Schluck für Schluck den Kräuteraufguss ein. Als Ermengarda später in der Nacht zu frieren begann, hüllte Jamila sie in Decken und legte sich zu ihr, um sie zu wärmen.
    »Wenn die Fieberhitze kommt, wickelt ihr stündlich kühle Umschläge um die Waden«, sagte die Alte. »Und gebt ihr viel zu trinken. Am besten von diesem Aufguss.«
    Sie ließ noch eine Handvoll Kräuter da und ging.
    Arnaut und seine Freunde hatten die Nacht in der
aula
verbracht und sich vor Sorge betrunken.
    »Ich wusste gar nicht, dass sie schwanger war«, sagte Felipe mit schwerer Zunge nun schon zum fünften Mal. Er nahm noch einen Schluck, dann heftete sich sein glasiger Blick auf Arnaut. »Ich hoffe, du hast sie nicht auf dem Gewissen.«
    »Hör mit dem dummen Gequatsche auf«, knurrte Severin. »Nur weil sie dich nicht wollte …«
    »Schon gut«, murmelte Felipe. Er machte ein beleidigtes Gesicht. »Ich sag ja nur.«
    »Sag lieber nichts. Und getrunken hast du auch genug.« Severin nahm ihm den Becher weg.
    »He«, maulte Felipe und versuchte vergeblich, auf die Füße zu kommen. »Lass die Finger von meinem Wein,
putan.
«
    »Geh lieber schlafen.«
    Felipe brummte etwas Unverständliches, nickte benommen und legte den Kopf auf den Tisch. Nicht lange und sie hörten ihn schnarchen.
    Auch Arnaut hatte zu viel getrunken. Die ganze Nacht hatten sie in größter Unruhe ausgeharrt. Es war ein Kommen und Gehen gewesen, Treppe hoch und Treppe runter. Aber jedes Mal, wenn sie den Kopf herausgestreckt hatten, um nach Ermengarda zu fragen, hatte man sie auf rüde Weise wieder in die
aula
verbannt.
    Im Morgengrauen endlich erschien
Domna
Anhes und winkte Arnaut heraus, denn vor den anderen wollte sie nicht reden.
    »Sie hat viel Blut verloren«, eröffnete sie ihm ohne Umschweife in ihrer nüchternen Art. »Aber inzwischen hat die Blutung aufgehört. Die Hebamme hat getan, was sie konnte. Wir müssen abwarten.«
    Arnaut fasste sich an die Kehle. Ermengarda und Blut. Bei der Vorstellung krampfte sich sein Magen zusammen. Er war bleich wie ein Leichentuch.
    »Wie geht es ihr jetzt?«
    »Sie ist sehr schwach, aber schläft nun ein wenig. Das solltest du auch tun, Arnaut.«
    Er nickte benommen. Eine Trostlosigkeit hatte sich seiner bemächtigt, die
Domna
Anhes nicht verborgen blieb.
    »War es ein Junge oder ein Mädchen?«, fragte er.
    Zum ersten Mal zeigte die alte Dame so etwas wie Rührung.
    »Ich glaube, das willst du besser nicht wissen«, sagte sie und wischte sich über die Augen. »Ermengarda ist jung und stark. Es wird andere Gelegenheiten geben.«
    Er ließ den Kopf hängen. Andere Gelegenheiten? Wer weiß? Im Augenblick konnte er keinen klaren Gedanken fassen, außer dass sich ihre Liebe in etwas Hässliches, Brutales verwandelt hatte, etwas, das tötete. Wie konnte er sie jemals wieder berühren so wie früher?
    Domna
Anhes hob ihre Hand und fuhr ihm durchs Haar. »Geh schlafen, Arnaut. Du kannst ihr jetzt nicht helfen.«
    Er dankte ihr für ihre Freundlichkeit und gesellte sich wieder zu den Freunden.
    »Und?«, fragte Raimon.
    »Es geht ihr besser. Sie schläft jetzt.«
    »Dem Himmel sei Dank«, sagte Peire Rogier, der Sänger, und packte Arnaut um die Schultern. »Noch mal gutgegangen. Bald wird sie wieder lachen und uns herumkommandieren. Du wirst sehen.«
    Eine einzelne Träne lief Arnaut die Wange herunter. Er nickte. »Bestimmt hast du recht.«
    Später in seinen Gemächern ließen ihn weder Übermüdung noch der viele Wein, den er getrunken hatte, zur Ruhe kommen. Bei flackernder Kerze wanderte er aufgewühlt umher. Die Bilder des Tages spukten ihm im Kopf herum. Der Zweikampf, seine Demütigung, aber vor allem Ermengarda, wie sie sich, vor Schmerzen

Weitere Kostenlose Bücher