Die Hure Babylon
mit dem Rest anfangen, einfache Reiter, manche noch halbe Nomaden, nicht wenige verwundet?
Die Bischöfe rieten dem König, die Söhne Satans in die Hölle zu schicken, wo sie hingehörten. Für ihre Kirchenbeschmutzungen und Gotteslästerungen hätten sie es mehr als verdient. Sie erinnerten ihn eindringlich an die Worte des guten Abtes Clairvaux, für Gott grausam zu sein sei doch das Höchste der Seligkeit. Und müsse die Erde nicht von dieser Heidenbrut gereinigt werden, wenn nötig durch ihr eigenes Blut?
Doch Louis zögerte. Er scheute sich, einen solchen Befehl zu geben. Da erbot sich dieser Reynaud de Chastillon, die Bewachung der Gefangenen zu übernehmen, bis man sich geeinigt habe. Unterdessen könnten sich die Sklavenhändler aussuchen, wer ihnen für ihre Zwecke geeignet schien. Vielleicht würde sich die Frage so von alleine klären.
Er ließ die Gefangenen aus dem Lager entfernen, damit sie des Königs Empfindlichkeiten nicht weiter belasteten, errichtete nahe dem Städtchen Antiochia eine Umfriedung, die man nichts anderes als einen Pferch für wilde Tiere nennen konnte, und ließ sie dort von seinen Männern bewachen. Louis war ihm dankbar und fragte nicht mehr nach dem Schicksal der Gefangenen, auch nicht, als das Heer aufbrach und weiterzog.
An einem Abend, sie waren noch eine Tagesreise von Laodikeia entfernt, saßen Arnaut und seine Männer am Lagerfeuer und kauten lustlos am Pferdefleisch, das die Frauen auf Spießen brieten. Die eigenen Reittiere zu verzehren widerstrebte ihnen, auch wenn es wenig anderes zu essen gab. Elena verteilte streng die mageren Rationen. Jetzt hatte sie neben Joana sogar noch eine zweite Magd unter ihre Fittiche genommen. Doch niemand verlor ein Wort darüber.
Die Stimmung war niedergeschlagen. Die Bilder des Horrors waren noch allgegenwärtig in ihren Köpfen und ließen sie nicht schlafen. Zu viele Lücken hatte die Schlacht in ihre Reihen gerissen. Am Vortag waren noch zwei ihren Wunden erlegen.
»Was ist eigentlich aus den Gefangenen geworden?«, fragte Arnaut und wischte sich das Fett von den Lippen. Er nahm einen Schluck Wasser. Selbst der Wein war rar geworden.
»Das würde ich auch gern wissen«, sagte Constansa. »Hat einer was gehört?« Die entsetzliche Hinrichtung der beiden Seldschuken spukte ihr noch immer im Geiste herum.
Severin schüttelte den Kopf. Seine gebrochene Nase schmerzte höllisch, und er hatte sogar Schwierigkeiten, richtig zuzubeißen. Elena musste ihm sein Fleisch in winzige Stücke schneiden. Zum Glück hatte er keinen Zahn verloren. Das hätte seiner Eitelkeit einen herben Schlag versetzt.
Ferran, der alte Kämpe, räusperte sich. »Was denkst du denn, was sie mit ihnen gemacht haben?«
Constansa zuckte mit den Schultern. »Sollten die Sklavenhändler sie nicht übernehmen?«
»Einige der Kräftigsten haben sie sich rausgesucht«, sagte Ferran. »Die Übrigen …« Er sprach nicht weiter, sondern fuhr nur mit dem Zeigefinger über die Kehle.
»Das ist nicht wahr«, flüsterte Constansa entsetzt. »Woher willst du das wissen?«
»Ich war auf Streife und habe die Leichen gesehen.«
Die Gespräche verstummten jäh. Constansa traten Tränen in die Augen. Aber sie war nicht die Einzige in der Runde, der es so ging. Den Feind in der Schlacht töten, das war eine Sache. Aber Wehrlose kaltblütig ermorden?
Severin schüttelte den Kopf. »Ich wette, da stecken die Pfaffen dahinter. Die sind doch so erpicht darauf, alle Heiden vom Angesicht der Erde zu tilgen.« Wütend starrte er
Fraire
Aimar an, als wollte er ihn herausfordern, sich zu rechtfertigen.
»Sieh mich nicht so an«, sagte Aimar. »Ich bin genauso sprachlos wie ihr.«
»Angeblich sollen es die Leute aus Antiochia gewesen sein«, meinte Ferran. »Heimlich, in der Nacht. Um sich für die Plünderungen der letzten Wochen zu rächen.«
»Wer glaubt denn so was?«
»Der König schon.«
»Der König.« Severin spuckte verächtlich ins Feuer.
So strahlend das Bild des Monarchen war, als sie ausgezogen waren, so sehr verdüsterte es sich hier zunehmend. Wie konnte er so etwas dulden? Und dieser Reynaud de Chastillon ritt daher, als würde ihm die Welt gehören.
»Urteilt über euren König nicht zu harsch«, wandte Aimar ein. »Sein Verhalten zeigt, dass er ein Gewissen hat. Seine Sünde ist, dass er die Augen verschließt. Aber glaubt mir, das tun viele, wenn nicht gar die meisten. Und eben das nutzen andere, um ungestraft ihre Verbrechen zu begehen.«
»Sie umbringen,
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