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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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putzen.«
    Die Frau macht mit ihrem teuren Smartphone ein Foto von der Kaffeepfütze. »Das geht an deinen Arbeitgeber.«
    Kalla holt einen Putzlappen und wischt den Kaffee auf.
    Das Büro muss am Nachmittag und Abend geputzt werden, damit es vor Mitternacht sauber ist. Denn nach Mitternacht müsste man Kalla den doppelten Lohn bezahlen, und das kommt nicht infrage. In jeder Etage des Gebäudes gibt es zahlreiche Räume. Und in jedem Raum gibt es zahlreiche Computer und noch mehr Computerkabel. Und an jedem Computer sitzt ein etwa dreißigjähriger Mann.
    Die Männer trinken Limo und essen Bonbons und Eis und Kuchen auf Kosten des Hauses. Mit Kalla reden sie nicht. Sie antworten nicht einmal auf ihren Gruß. Vielleicht konzentrieren sie sich so intensiv auf ihre wichtigen Aufgaben.
    »Wie kommt man an so einen Job?«, fragt Kalla einen freundlich aussehenden, leicht übergewichtigen Computerheini, während sie das Fett von seiner Tastatur abwischt.
    Der noch recht junge Mann mustert Kalla von Kopf bis Fuß, rümpft die Nase und spart sich die Antwort. Alle anderen blicken von ihren Bildschirmen auf. Sie prusten und flüstern miteinander. Als Kalla sich umdreht und gehen will, wirft ihr jemand eine Limodose ins Kreuz. Sie lachen alle schallend. Kalla hebt die Dose auf und legt sie auf ihren Putzwagen.
    Auf jeder Etage des Bürohauses gibt es ein WC. Je weiter man in dem Gebäude nach unten kommt, desto dreckiger werden die Klos. In der obersten Etage liegen nur einige Papierhandtücher auf dem Boden. In der zweitobersten ist der Fußboden vom Papier grau und schleimig. Im drittobersten Stock finden sich nicht nur rund um die Kloschüssel Urinflecken. Auf dem Klo der untersten Etage wartet eine Überraschung auf Kalla. Jemand hat die Wände der Kabine und die Außenseite der Kloschüssel mit Kacke beschmiert. Kalla ruft bei Pimp & Pimp an, um sich zu erkundigen, was in einer solchen Situation zu tun ist.
    »Na, du beißt die Zähne zusammen und putzt das weg.«
    »Gibt’s dafür diesen Exkrementezuschlag?«
    »Na hör mal, dat is ’n Klo! Wenn die Leute auf’m Klo scheißen, kannste keine Zulage erwarten.«
    So putzt Kalla also die Kabine.
    Am nächsten Tag hat jemand dasselbe wieder getan.
    Und am nächsten.
    Und am nächsten.
    Und am nächsten.
    Und als sich herumspricht, dass jemand putzt, wenn man an die Wand kackt, wird diese Tätigkeit natürlich immer häufiger ausgeübt, denn die Menschen sind im Grunde schlecht.

    »Mirkalla«, sagt der Mann.
    Er wiederholt den Namen immer wieder.
    Er sagt ihn zur Wand und zum Fenster und zum Esstisch und zur Badewanne. Furcht und Schrecken ärgern sich. Sie verziehen sich in den Kleiderschrank. Es ist ihnen unbegreiflich, dass dieser Mensch immer noch unter ihnen weilt. Weniger, weil er schon einmal aufgegessen wurde, als vielmehr deshalb, weil er ein Arschloch ist.
    Kalla kommt von der Arbeit. Sie ist verschwitzt, schmutzig, müde und hasst die ganze verdammte Menschheit.
    »Mirkalla«, sagt der Mann zu ihr.
    »Vergewaltiger.« Kalla geht ins Bad und verriegelt die Tür.
    Der Mann steht direkt dahinter. Kalla hört seine Stimme, die ihren Namen wiederholt. Eine Version ihres Namens. Den Hurennamen.
    Kalla steigt in die Badewanne und dreht die Dusche auf. Das rauschende Wasser dämpft die Stimme des Mannes. Lange steht sie unter der Dusche. Sie will ertrinken, einfach ertrinken, und lässt sich das Wasser in den Mund laufen, als wäre er ein Becken. Sie stellt sich Fische vor, die an ihrem Fleisch nagen. Seeschlangen, die sich durch die Augenhöhlen winden. Schlick, der den Körper langsam bedeckt. Und in der Strömung wogen ihre Haare wie Algen.
    »Mirkalla«, hört sie, als sie das Wasser abgedreht hat. Sie wartet eine Weile, bevor sie die Badezimmertür ein wenig zu forsch aufstößt. Der Mann fällt auf den Hintern. Er hält sich die blutende Nase und sieht Kalla an wie ein Kind.
    Kalla empfindet echtes, schreckliches Mitleid. Wenn sie den Mann nicht schon einmal getötet hätte, würde dieses Gefühl sie dazu bringen, es zu tun. Kaltblütig, vorsätzlich, ohne Reue.
    Sie hilft dem Mann auf und befiehlt ihm, schlafen zu gehen.

    Kalla wird davon wach, dass ihre Fußsohlen massiert werden. Sie erschrickt. Iih! Tritt!
    »Aua«, sagt ihr Ehemann, klingt aber gar nicht böse.
    »Was machst du da, zum Teufel?«
    »Ich dachte, das würde dir gefallen. Alle Frauen mögen Fußmassagen. Das habe ich in vielen Quellen gelesen.«
    »Ich mag es nicht, dass du mich

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