Die Hure: Roman (German Edition)
steht, öffnet die Tür.
»Ist dies hier das Patriarchat?«, ruft Kalla.
Ein langbärtiger Mann schlurft mit langsamen Schritten zur Tür und fragt: »Was ist los, Mädchen?« Er heißt Moses.
Kalla tritt ihm gegen das Kinn. »Das hast du davon«, sagt sie und steht auf.
»Na, was haben wir denn da, eine kleine Terroristin?«, fragt Osama und bringt Mohammed zum Lachen. »Frauen können nicht einmal richtig treten«, murmelt Moses und hält sich das Kinn. Adam und der Prophet Joseph Smith, beide in altertümlichen Gewändern, staunen. »Die haben Waffen«, stellt Joseph fest. »Ha, ha, von wegen, Schwerter sind richtige Waffen, das da ist gar nichts«, Adam lacht laut. René Descartes putzt sich die Nase und setzt seine ungemein wichtige Denkarbeit fort, die durch Nichtigkeiten nicht gestört werden darf.
Milton Friedman wirft mit einer halbvollen Cola-Dose nach Kalla. Die Soldatinnen schießen sie im Flug ab. »Ich hab die Schnauze voll von euch und euren Systemen«, schnaubt Kalla. Sie presst den Lauf ihres Gewehrs an die Stirn eines sympathisch wirkenden alten Mannes. »Wer zur Fotze bist du?«, schreit sie den Opa an.
»Mein Name ist Carl N. Karcher«, antwortet der Mann leicht zitternd.
»Aha«, schreit Kalla. »Und du hast Schiss, hä?«
»Nein. Ich habe Parkinson.«
Kalla sieht Carl in die Augen. Dieser Mann, den sie da mit der Waffe bedroht, war für irgendwen Vater und Ehemann. Er war irgendwann einmal ein kleiner Junge. Er hat seine Enkel geliebt. Ist auf seine Erfolge stolz gewesen. Hat an seine Sache geglaubt und dafür gekämpft. Vielleicht war er humorvoll, hat sich für gutmütig gehalten. Hat manche Dinge genossen, andere gefürchtet. Er heißt Carl, und Kalla kann nicht abdrücken. Keine einzige Kalla kann abdrücken.
Die Tiere werden unruhig, als die Kalla-Armee die Waffen senkt. »Ich kann das nicht«, murmelt Kalla.
»Na also, wir wussten doch, dass ihr nicht das Zeug dazu habt«, stellt General Sandels fest. »Aber als Stubenmädchen seid ihr sicher ganz brauchbar.«
Kalla nickt, alle Kallas nicken. Das große Tier sieht sein Frauchen an und knurrt. Das noch größere Tier springt die Männer an. Blut spritzt an Fenster und Wände. Die Tiere entdecken in diesem Scheißhaufen nichts Sympathisches. Von Carl, der sein Leben den Hamburgern geweiht hat, bleibt nur ein Matschfleck.
Die Kallas starren die rasenden Tiere an. Was sollen sie tun? Wie konnte das passieren? Verflixt und zugenäht. Ich kann gar nicht mit einer Knarre umgehen.
Da kriecht Aristoteles, der sich hinter dem Flipchart versteckt hatte, zu ihnen, schnappt sich ein Sturmgewehr, fummelt kurz daran herum und durchlöchert dann die Tiere: Töten ist eine seiner Lieblingsbeschäftigungen, er ist schließlich ein Mann. Nachdem er die Tiere erledigt hat, wirft er ihre Überreste zum Fenster hinaus.
Aristoteles betrachtet das blutige Schlachtfeld. »Da ich offenbar der Last Man Standing bin, brauchen wir das Konferenzzimmer nicht mehr«, sagt er und wischt sich die Hände am Saum seines sackartigen Gewandes ab. »Zum Glück habe ich überlebt, ich bin ja der Weiseste von allen.«
Wer ist das? Und was hat der an? Irgendein … komisches Outfit, aus Rom oder so? Kenn ich den aus einer Fernsehserie? Ja, das kann sein.
»Mein Name ist Aristoteles«, erklärt der Mann. »Weil das Wort für euren kleinen Frauenverstand zu schwierig ist, könnt ihr mich Meister nennen.«
Zum Schöpfer kam der Mann.
Mann: Ich bin der Herr.
Schöpfer: Nein, der bin ich.
Mann: Du bist genau das, was ich dich sein lasse.
Der Schöpfer schwieg.
Mann: Die Sache ist die, dass ich mit deiner Arbeit nicht zufrieden bin.
Der Schöpfer schwieg immer noch.
Mann: Es geht um die Frau.
Die Frau hieß Nacht, und der Mann hieß Mensch, und mit den beiden klappte es nicht.
Mann: Die Frau muss vernichtet werden. An ihrer Stelle muss eine bessere gemacht werden. Sie darf gern auch ein bisschen kleiner ausfallen.
Denn die Frau, die Nacht hieß, war elf Meter groß. Und der Mann, der Mensch hieß, maß einen Meter und sechsundsiebzig Zentimeter.
Mann: Tu, was ich dir gesagt habe.
Schöpfer: Ja.
Doch dem Schöpfer tat es um sein Geschöpf leid, denn es war wahnsinnig cool. Und so nahm ihm der Schöpfer Arme und Beine, ließ es aber am Leben.
Und so entstanden die Schlangen, und durch sie die Dinosaurier und die Evolution.
13.
FALL FOR THE LOVE OF ME, CRAWL FOR THE LOVE OF ME,
DROOL FOR THE LOVE OF MY VIRULENT SWAY
IM ALTER VON ZWEI MONATEN beginnt
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