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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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habe ich davon geträumt, mich so anzuziehen. Und einem Dinosaurier zu begegnen.
    »Ich bin keiner, Flugeidechsen sind keine Dinosaurier«, stellt Aphrodite richtig.
    Whatever!
    Ich fliege bereits auf dem Rücken der Aphrodite-Flugeidechse durch die Lüfte, als Lilith unter meinem Brustbein stechend zischt.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Dasss Schwert issst nicht dabei.«
    »Wir schaffen es nicht, noch einmal umzukehren und es zu holen«, ruft Aphrodite. Wir sind derselben Ansicht.
    Wo früher Pattaya war, ist nun ein großes, rauchendes Loch in der Erde. Man könnte sogar von einem Canyon sprechen. Ich habe allerdings noch nie einen Canyon gesehen, weiß insofern also nicht, wovon ich rede. Es riecht nach einem Vernichtungslager oder einer Wurstfabrik. Aphrodite landet am Rand des Abgrunds und verwandelt sich wieder in eine Göttin. »Ich kann nicht mit runterkommen. Ich kann keine Waffen tragen, das ist nicht mein Ding«, sagt sie. »Du musst allein gehen.«
    Ich schlage einen Eisenhaken in den erstarrten Schwefelstein und befestige ein starkes Seil daran. So etwas gibt es in Läden mit Trekkingbedarf. Nehme ich an.
    Bevor ich mich hinunterlasse, fasst Aphrodite mich am Arm, an dem, der nicht von dem roten Minischild bedeckt ist. »Könntest du … also … da unten sind zwei, na ja, Viecher … könntest du die vielleicht bitte mitbringen?«, fragt sie. Es ist wohl eine Frage. Ich nicke.
    Der Weg nach unten ist weit. Als ich auf dem Grund des Kraters ankomme, sehe ich Aphrodite nur noch als kleinen Punkt oben am Rand. Das heißt, eigentlich sehe ich nur ihre Beine, die über der Schlucht baumeln.
    Um mich herum herrscht völlige Dunkelheit. Dann taucht von irgendwo ein ziemlich gut aussehender junger Mann auf. Ich überlege, ob ich ihn grüßen soll, doch er kommt mir zuvor.
    »Wer bist du?«, frage ich.
    Der Junge antwortet, er sei Morpheus.
    »Aha«, sage ich.
    Eine Weile gehen wir wortlos nebeneinanderher. Morpheus bricht das Schweigen, indem er meine Kleidung lobt. Er meint, sie stehe mir besser als erwartet.
    »Aha, fein«, antworte ich. Ich weiß nicht, wie die Bemerkung gemeint war. Vielleicht als Kompliment. Manchmal werde ich aus den Männern nicht schlau. Das liegt wahrscheinlich an meiner Mutter, die meinte, Männer könne man nicht verstehen.
    »Pass auf!«, ruft Morpheus.
    »Was? Autsch, zum Teufel!«
    »Ja, genau das meinte ich.«
    Ein Dorn des Nagelteppichs hat die Sohle meines roten Stiefels durchbohrt: Mein Fuß hinterlässt eine blutige Spur auf dem Pflaster. Bei jedem zweiten Schritt macht es plitsch.
    »Hier muss man echt vorsichtig sein.«
    »Was du nicht sagst.«
    Wenn man den Weg genauer betrachtet, merkt man, dass er mit allerlei spitzen und ekligen Dingen vermint ist. Immer wieder muss ich rostigen Nägeln, zerbrochenen Flaschen und Injektionsnadeln ausweichen.
    »Ist deine Tetanusimpfung noch aktuell?«, erkundigt sich Morpheus.
    »Tja-a, gute Frage.«
    Bestimmt nicht.
    Während wir weitergehen, reden wir kaum miteinander. Mir fällt nie etwas ein, worüber ich mit Menschen sprechen könnte, schon gar nicht mit attraktiven Männern. Außer wenn ich betrunken bin, dann rede ich oft zu viel. Ich überlege, wie der BH eigentlich hält, er hat ja gar keine Träger. Genau genommen besteht er bloß aus Körbchen. Vielleicht hätte ich sie festkleben sollen. Aber selbst dann wären sie keine große Stütze. Man sollte die Kleiderwahl nie einer Anakonda überlassen. Eigentlich wären ein Sportbüstenhalter und Turnschuhe die beste Kleidung für dieses Unternehmen.
    Aber ich würde es natürlich auf keinen Fall erzählen, wenn ich mich so trostlos angezogen hätte.
    »He, Morpheus. Warum ist Lilith so mächtig?«, frage ich.
    Toll, ich habe Gesprächsstoff gefunden.
    »Der Mensch kann alles leugnen, was er erfunden hat, das ist schon vielen passiert, vor allem Göttinnen. Lilith kann niemand leugnen. Sie existiert bis ans Ende der Welt.«
    »So ähnlich wie Plastik?«
    »Plastik ist eine Erfindung des Menschen.«
    »Ach ja. Und Atommüll?«
    »Lilith existiert sogar noch länger als der Atommüll.«
    »Wow.«
    Vor uns ragt eine schwarze Burg auf. Morpheus sagt, wir seien am Ziel. Die Burgtürme erheben sich Hunderte von Metern hoch. Davor fühle ich mich superklein. Morpheus erklärt, genau das wolle das ständig anschwellende Gebäude erreichen. »Aber es ist nur ein Haus. Auch ein großes Haus ist immer nur ein Haus.«
    »Okay.«
    Ich höre ein leises Quietschen. »Warst du das?«, frage

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