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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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ich.
    Morpheus schüttelt den Kopf.
    »Aber ich habe ganz bestimmt ein Geräusch gehört.«
    Ich versuche, so weit zu spähen, wie es im Zwielicht und ohne Brille möglich ist. Zwischen den schwarzen Steinen bewegt sich etwas. Unter getrocknetem Blut und Fleisch zucken zwei Wesen, wie Vogel- oder Hasen- oder Menschen- oder Froschjunge, aber formlos, augenlos, ohne Nüstern, armlos, beinlos. Münder haben sie. Oder irgendwelche Öffnungen, aus denen das Wimmern kommt.
    »Sollen wir die mitnehmen?«, frage ich.
    Morpheus antwortet nicht, verzieht aber ganz leicht das Gesicht.
    »Das sind Babys«, sage ich. »Und selbst ein hässliches Baby ist ein Baby. Du bist auch nicht gerade der schönste Säugling der Welt. Gewesen.« Ich stecke die kleinen Viecher vorsichtig in meine leere Schwertscheide.
    In der Burg finde ich die Kallas. Sie sehen elend aus. Ich begreife nicht, warum sich irgendjemand so unterdrücken lässt wie sie. Aber auch eine Frau, die eine dumme Entscheidung getroffen hat, ist immer noch eine Frau, also ein Mensch.
    Ich frage sie, wer für ihre derzeitige Lage verantwortlich ist.
    »Natürlich wir selbst.«
    »Unsinn. Wer hat euch gezwungen, das zu tun und so auszusehen?«
    »Niemand musste uns zwingen. Wir …«
    Ein charmanter älterer Mann, dessen Gewand eine Brustwarze dandyhaft unbedeckt lässt, unterbricht mein Gespräch mit Kalla. »Frauen sind keine vernunftbegabten Wesen, Sprechen erfordert Verstand. Ergo: Frauen sollten nicht sprechen«, sagt er.
    Der Mann hat eine angenehme tiefe Stimme. Er klingt intelligent. Er sagt, er wisse alles über alles oder jedenfalls mehr als irgendwer sonst. Er versteht es, seine Worte richtig zu betonen. Seine Rede schreitet rational voran, logisch, langsam.
    Ich könnte ihm endlos zuhören.
    Ein kleiner, zahnloser Mund zwickt mich an der Taille. Ich blicke hinunter und erinnere mich an die auf den Hof geworfenen Babytiere, die ich bei mir trage. Jetzt begreife ich: So geschliffen der Typ auch redet, seine Worte sind Mist und Lügen. Er ist ein durch und durch schlechter Mensch, total unfähig, andere Menschen zu respektieren.
    ICH: Du bist ein ausgemachtes Arschloch.
    MANN: Wie bitte?
    ICH: Ich bin hier, um deiner Tätigkeit ein Ende zu setzen.
    MANN : Hahaha. Tätigkeit ist etwas Aktives. Nur Männer sind zu Aktivität fähig.
    ICH: Was versuchst du da zu erklären?
    MANN: Dir etwas zu erklären wäre so nützlich, als wollte ich einem toten Hasen das Wesen der Kunst nahebringen. Über das ich übrigens alles weiß.
    ICH: Ich bin ein erwachsener Mensch, so wie du.
    MANN: Du bist gar nichts.
    Ich sehe Morpheus an, er zuckt die Schultern. Lilith zischt nicht einmal. Ich muss meinen eigenen Verstand einsetzen.
    ICH: Du hast bestimmt einen kleinen Penis, deshalb plusterst du dich so auf.
    MANN: Wie bitte?
    ICH: Du hast bestimmt einen kleinen Penis, deshalb plusterst du dich so auf.
    MANN: Auch David hatte einen Phallus von stark begrenzter Länge.
    ICH: Stimmt nicht.
    MANN : Woher willst du das wissen?
    ICH: Ich habe ihn gesehen.
    MANN: Die Statue hat jedenfalls einen kleinen.
    ICH: Der wurde extra so gefertigt, damit die Kleinschwänzigen keinen Minderwertigkeitskomplex bekommen.
    MANN: Was ist das?
    ICH: Das bedeutet, dass ein Mann, der ein kleineres Glied hat als ein anderer, sich dem anderen unterlegen fühlt.
    Der Mann schweigt lange. Ich bin zufrieden. Aber dann, heiliger Arsch, wirft er sein Gewand ab.
    MANN: Mein Penis ist nicht klein, guck her, überzeug dich selbst.
    Ich blicke nicht hin.
    MANN: Mein Glied hat Regelmaß. Nun guck schon.
    Ich lasse ihn stehen.
    Ich gehe zu den Kallas, um sie zur Vernunft zu bringen. Aber meine vernünftigen Worte erreichen sie nicht. Ich versetze ihnen einen Klaps ins Gesicht. Dann befehle ich ihnen, sich genau anzusehen, von was für einem impotenten, mickrigen Blödmann sie sich herumkommandieren lassen. Ich fordere sie auf, sich zusammenzureißen. Ich versichere ihnen, dass unsere Menschenwürde nicht annulliert wird, wenn jemand uns als dumm und hässlich und fett und minderwertig und Untermensch und Sklavin und Hure tituliert. Dabei ereifere ich mich nicht. Ich spreche ganz ruhig. Oder so ruhig, wie es mir möglich ist, wenn ein Exemplar der antiken Helden versucht, meine Aufmerksamkeit auf sein Geschlechtsteil zu lenken. Die Männer waren also schon vor Beginn unserer Zeitrechnung so. Es ist keineswegs der Fall, dass ich nichts für Penisse übrighätte. Nur sind die meisten einfach meiner Meinung nach ästhetisch

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