Die Hure und der Krieger
den Laird neugierig, denn es war offensichtlich, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Sein Bruder und seine Frau bedeuteten ihm viel. Sie erkannte die Sorge in seiner Miene und wurde von ihrem mitfühlenden Herz überwältigt.
Wie rührend es war, dass er eine Heilerin stahl, nur damit seine Frau jemanden an der Seite hatte, wenn sie niederkam.
Dann aber stöhnte sie innerlich. Es war lächerlich, ob der Gefühlsduseleien des Lairds dahinzuschmelzen. Er hatte sie entführt, Herrgott noch mal! Sie sollte den Wald zusammenschreien, anstatt sehnsuchtsvoll über die Zuneigung nachzusinnen, die der Laird für seine Gemahlin empfand.
„Du bist ja so einfältig“, murmelte sie.
„Wie bitte?“ Gannon klang aufrichtig beleidigt.
„Nicht du. Ich meine mich.“
Sie glaubte, ihn irgendetwas über alberne Weiber murmeln zu hören, war sich jedoch nicht sicher.
„Wie weit ist es bis zu Eurer Burg, Laird?“, rief sie.
Er wandte sich ihr zu. „Ein knapper Tagesritt. Aber da Alaric getragen werden muss, wird es wohl länger dauern. Wir reisen so weit, wie wir eben kommen, und schlagen unser Lager so nah wie möglich an der Grenze zu meinem Land auf.“
„Und wenn ich Euren Bruder gerettet und Lady McCabes Kind auf die Welt geholt habe, lasst Ihr mich dann ziehen?“
Die Augen des Lairds wurden schmal. Caelen hingegen sah so aus, als würde er die Frage gern bejahen. Mit Nachdruck.
„Ich werde darüber nachdenken, kann jedoch nichts versprechen. Unser Clan bedarf einer fähigen Heilerin.“
Keeley blickte finster drein, aber immerhin hatte er nicht rundheraus abgelehnt.
Das Schneckentempo, in dem sie vorwärtskamen, langweilte sie und machte sie rastlos. Sie lehnte sich zurück gegen Gannons Brust und kümmerte sich nicht darum, ob dies züchtig war oder nicht. Schließlich hatte sie nicht darum gebeten, entführt zu werden, und ganz gewiss war es nicht ihre Idee gewesen, von einem Mann zum nächsten geworfen zu werden.
Sie richtete den Blick auf die Gegend, durch die sie ritten, und mühte sich, Freude darüber zu empfinden, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Gebiet hinter sich ließ, in dem sie geboren worden und aufgewachsen war. In Wahrheit sah es jenseits der Grenze nicht viel anders aus. Karge Landschaft, Felsen hier und dort. Sie kamen durch dichte Wälder und sattgrüne Täler, die schroffe Berge durchschnitten.
Aye, es war schön, aber nicht so anders, wie sie es sich ausgemalt hatte.
Als sie einen Wasserlauf erreichten, der zwei Seen verband, ließ Laird McCabe halten und befahl seinen Männern, den Lagerplatz zu sichern.
Sie schienen geübt in dieser Tätigkeit. Ein jeder übernahm eine bestimmte Aufgabe. Es dauerte nicht lange, bis mehrere Feuer brannten. Die Wachen nahmen ihre Posten ein.
Sobald Alaric neben einem der Feuer lag, eilte Keeley zu ihm, befühlte seine Stirn und beugte sich dann über ihn, um auf seinen Atem zu horchen.
Dass er so lange schon besinnungslos war, beunruhigte sie sehr. Nicht ein einziges Mal war er während der Reise zu sich gekommen. Angestrengt lauschte sie seinen Atemzügen. Sie waren schwach, seine Brust hob sich kaum.
Alarics Stirn fühlte sich glühend heiß an, und seine Lippen waren trocken und rissig. Grimmig wandte sie sich seinen Brüdern zu, die sie, wie sie ahnte, beobachteten.
„Ich brauche Wasser, und jemand muss mir helfen, es ihm einzuflößen.“
Caelen ging selbst Wasser holen, während der Laird sich auf Alarics andere Seite kniete, ihm einen Arm unter den Nacken schob und ihn hochstemmte. Caelen reichte Keeley einen Zinnbecher.
Behutsam hielt sie Alaric den Becher an die Lippen, aber das Wasser, das sie ihm in den Mund rinnen ließ, floss ihm nur übers Kinn.
„Hört auf, so stur zu sein, Krieger“, schalt sie. „Trinkt, damit wir alle heute Nacht schlafen können. Ihr habt mir lange genug den Schlaf geraubt.“
„Teufelin“, flüsterte Alaric.
Um Ewan McCabes Lippen zuckte es, und Keeley starrte ihn wütend an.
„Ihr könnt mich nennen, wie immer Ihr wollt, wenn Ihr nur trinkt“, sagte sie, an Alaric gewandt.
„Was hast du mit meinem Engel gemacht?“, brachte er heraus.
Sie nutzte den Umstand, dass er den Mund geöffnet hatte, und neigte den Becher. Alaric würgte und hustete, schluckte jedoch den Großteil des Wassers.
„Aye, so ist's brav. Noch ein bisschen, danach werdet Ihr Euch besser fühlen“, sagte sie beschwörend, während sie ihm mehr Wasser einflößte.
Er schluckte gehorsam, und als Keeley zufrieden
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