Die Hure und der Krieger
sie aufschauen konnte. Cormac ragte über Alaric und ihr auf, und sie runzelte die Stirn, als sie seine Ungeduld bemerkte. Glaubte er etwa, dass sie hier freiwillig auf der faulen Haut lag?
Sie blickte vielsagend auf Alarics Arme um ihren Leib hinab, ehe sie den Blick erneut auf Cormac richtete.
Gemeinsam mit Caelen löste Cormac den Verletzten behutsam von ihr. Wie tags zuvor legten sie ihn auf die Bahre. Ehe Keeley noch von selbst aufstehen konnte, wurde sie unsanft hochgerissen und zu Gannon hinaufgereicht, der bereits aufgesessen war.
Sie prallte gegen seine Brust und keuchte aufgebracht. „Ich wünschte, ihr würdet aufhören, mich derart umherzuwerfen. Ich bin durchaus in der Lage, allein auf ein Pferd zu steigen.“
Gannon grinste. „So geht’s aber schneller.“
Empört sah sie ihn an, bevor sie sich für den kurzen Rest der Reise zurechtsetzte.
Der Wind frischte auf, und Keeley meinte zu riechen, dass Schnee in der Luft lag. Der Himmel war grau verhangen, und die Wolken bauschten sich, bereit, ihren Inhalt jeden Augenblick herabschneien zu lassen.
In langsamem Tempo ritten sie dahin, und Keeley fröstelte. Gannon zog mit einer Hand die Decke um ihre Schultern fest, während er mit der anderen das Pferd lenkte. Dankbar fasste sie die Enden und lehnte sich zurück, um sich an Gannon zu wärmen.
Neben ihnen hielt Laird McCabe sein Pferd an und befahl Cormac, vorauszureiten und die Burgbewohner von ihrer Rückkehr in Kenntnis zu setzen. Um sie her erhob sich Jubel, sie hatten das Land der McCabes erreicht.
„Und sorge dafür, dass meine Frau im Wohnturm bleibt, wo sie hingehört“, wies er Cormac an.
Der seufzte ergeben, und die anderen warfen ihm mitleidige Blicke zu, während er vorausritt.
Gannon lachte leise, und Keeley wandte sich um und schaute ihn neugierig an.
Er schüttelte den Kopf. „Der Laird hat Cormac mit einer unmöglichen Aufgabe betraut und weiß das selbst sehr wohl.“
„Dann hält sich Lady McCabe nicht an die Weisungen des Laird?“
Um sie herum lachten einige, sogar Caelens Miene drückte Erheiterung aus.
„Meine Loyalität verbietet mir, darauf zu antworten“, erwiderte Gannon ernst.
Sie zuckte mit den Schultern. Aus Erfahrung wusste sie, dass Frauen, die ein Kind unter dem Herzen trugen, zu eigenwilligem Gebaren neigten. Im Wohnturm gefangen zu sein, dürfte eine jede Schwangere in den Wahnsinn treiben. Keeley konnte es der Gemahlin des Lairds kaum zum Vorwurf machen, dass sie sich dann und wann nach etwas Freiheit sehnte.
Eine Weile später erklommen sie eine Anhöhe, und Keeley ließ den Blick über das schwarze Wasser eines Lochs gleiten. Der See erstreckte sich quer durch ein Tal und wurde jenseits davon durch eine eindrucksvolle Hügelkette begrenzt. Wo das Loch eine Biegung machte, ragte eine Burg auf, die sich in den verschiedenen Stadien des Wiederaufbaus - und Verfalls - befand. An den Außenmauern allerdings schien bereits eifrig gewerkelt worden zu sein.
Für Keeley sah es so aus, als machten die McCabes schwere Zeiten durch. Auch sie selbst war kaum als wohlhabend zu bezeichnen, aber zumindest konnte sie sich behaupten und litt nie Hunger.
Als spürte er, in welchen Bahnen sie dachte, drehte der Laird den Kopf und durchbohrte sie mit dem Blick.
„Dir wird es auf meinem Grund und Boden an nichts mangeln. Solange du tust, wofür du hier bist, wirst du großzügig entlohnt werden, indem wir dir Obdach gewähren und dir zu essen geben.“
Beinahe hätte sie geschnaubt. Wenn man ihm zuhörte, meinte man, er habe ihre Dienste auf redliche Weise erbeten. Dabei konnte man es wohl kaum als Einladung verstehen, wenn man noch vor Tagesanbruch aus seinem Heim gezerrt wurde.
„Werdet Ihr auch den Winter hindurch an der Burg arbeiten lassen, Laird?“, fragte sie, während sie den Hang hinabritten und auf die Brücke zuhielten, die über einen Arm des Sees führte.
Er antwortete nicht, sondern starrte angestrengt geradeaus. Keine Einzelheit schien seinem scharfen Blick zu entgehen. Anscheinend hielt er nach jemandem Ausschau.
Als sie in den Hof einritten, liefen Bewaffnete zusammen, und sie alle blickten sorgenvoll drein. Hinter ihnen versammelten sich Frauen und Kinder und warteten schweigend. Der Laird runzelte zunächst die Stirn, um schließlich vernehmlich zu seufzen. Keeley folgte seinem Blick zu einer hochschwangeren Frau, die sich an den wartenden Kriegern vorbeidrängte. Ein Mann war ihr dicht auf den Fersen, er wirkte
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