Die Hure und der Krieger
Anwesenden konnte sie gar nicht rasch genug entrinnen. Sie hatte, sich schon vor allen zum Narren gemacht. Denn wer nicht mitbekommen hatte, was zwischen Alaric und ihr vor sich ging, musste blind und schwachsinnig sein.
In ihrer Kammer zog sie sich ihr Nachthemd an und schlüpfte ins Bett. Draußen pfiff und heulte der Wind. Keeley wickelte sich fester in die Fellüberwürfe und starrte an die Decke, wo die Flammen die Schatten tanzen ließen.
Wenn die Dinge doch nur so einfach wären, dass ein heimlicher Kuss genügte, sie ins Lot zu bringen. Wenn sie die Angelegenheit doch nur selbst in die Hand nehmen könnte, wie Christina es getan hatte. Sie lächelte wehmütig. Wenn doch nur ein Kuss allen Kummer verschwinden ließe! Christina hatte den Mann, den sie liebte, einfach geküsst, und nun sahen sie einem gemeinsamen Leben entgegen.
Keeley hingegen konnte sich nichts dergleichen erhoffen. Aber einigen heimlichen Augenblicken in Alarics Armen könnte sie sich hingeben ...
Der Gedanke setzte sich fest. Sie erstarrte, ihr stockte der Atem, und sie rieb sich die Kehle, als könnte sie so die Enge lösen.
Was, wenn sie tatsächlich zu Alaric ginge? Inwiefern würde das auch nur irgendetwas an ihrem Ruf ändern? Schließlich war sie bereits als Hure verschrien.
Sie schloss die Augen und schüttelte in stummer Auflehnung den Kopf.
Eine Nacht nur.
War das möglich?
Alaric begehrte sie, daraus hatte er keinen Hehl gemacht. Und auch sie begehrte ihn mit jeder Faser ihres Körpers. Sie begehrte ihn so sehr, dass es schmerzte.
Aye, es würde wehtun, ihn hinterher zu verlassen. Es würde wehtun, lediglich eine Nacht mit ihm genießen zu dürfen, aber allmählich glaubte sie, dass er recht hatte: Es war besser, nur einen Hauch vom Glück zu erhaschen, als die vertane Gelegenheit ein Leben lang bitter zu bereuen. Und sie wusste, dass sie es bitter bereuen würde, einst als Jungfrau ins Grab zu fahren.
Sie hatte sich ihre Unschuld lange genug bewahrt. Sie hatte sie so verzweifelt geschützt, als zähle nichts anderes, war sie doch der einzige Beweis dafür, dass sie nicht die Hure war, als die man sie bezeichnete. Gerechtigkeit allerdings hatte ihr diese Unschuld nicht eingebracht. Niemand war für sie eingetreten, niemand würde es je tun. Nur sie selbst kannte die Wahrheit, und so würde es bleiben.
Wie tröstlich war die Wahrheit in einer kalten Nacht wie dieser?
Eine Nacht nur in Alarics Armen.
Nachdem sie den Gedanken im Geiste ausgesprochen hatte, war es unmöglich, ihn wieder zu vertreiben. Die Vorstellung nagte an ihr, lockte und peinigte sie wie nichts je zuvor.
Nicht einmal geküsst worden war sie, ehe sie Alaric getroffen hatte - wenn man von dem brutalen Übergriff durch Laird McDonald absah, aber den betrachtete sie nicht als Kuss. Ein Kuss war etwas, das man gab, und der Laird hatte nur genommen. Sie hatte ihm nichts freiwillig gegeben.
Sie drückte sich die Handflächen auf die Augen und fuhr sich dann durchs Haar.
Für eine Umkehr war es zu spät. Zu mächtig war der Gedanke geworden, viel mehr als nur ein hoffnungsloser Traum. Die Idee hatte Wurzeln geschlagen und war in ihr gewachsen. Keinen weiteren Tag würde sie die unerträgliche sinnliche Spannung zwischen ihr und Alaric aushalten.
Heute Nacht musste es enden.
Kapitel 17
A laric stand am Fenster und starrte düster in die Dunkelheit hinaus. Über ihm ergoss der Mond sein helles Licht auf die schneebedeckte Landschaft, und in der Ferne schimmerte der See wie Silber. Kaum ein Hauch kräuselte die Oberfläche.
Das Bild war friedvoll und still, während es in seinem Inneren tobte.
Caelens Worte setzten ihm zu und waren zu einem heimtückischen Flüstern geworden, das nicht verstummen wollte. Es beschämte ihn, dass er den Worten von Tag zu Tag aufmerksamer lauschte. Halte dich gütlich an ihr. Nimm sie, auf dass deine Versessenheit weicht.
Aber das konnte er nicht. Alaric wusste, dass das, was er fühlte, nicht einfach nur Lust war. Aber was dann? Die wilden neuen Empfindungen vermochte er nicht einzuordnen. Er stand an der Schwelle zu etwas, das ebenso erschreckend wie berauschend war. Das Blut strömte ihm so heiß durch die Adern, als rüste er sich für eine Schlacht.
Er begehrte sie, aye , keine Frage, doch er würde sich nicht nehmen, was ihm nicht bereitwillig gegeben wurde. Keeley wehzutun, war das Letzte, was er wollte. Die Qual in ihren Augen zu sehen hatte ihn schier zerrissen. Nie hätte er für möglich gehalten, dass er
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