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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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antwortete Tomasio. Sein Augenlid zuckte. »Täglich sterben etwa hundert Einwohner! Sie alle werden vor der Stadt in einer großen Grube begraben.«
    Signora Scroffa entfuhr ein Klagelaut.
    »Die armen Menschen, und was ist mit unserem Haus, wird sich da der Tod nicht auch einnisten? Ob wir je wieder zurückkönnen?«
    »Denk doch an das letzte Jahr«, beruhigte ihr Gatte sie. »Die Krankheit kam, wütete eine Zeitlang und ging dann wieder.«
    Angelina erinnerte sich gut an diese Episode. Wieso kehrte der schwarze Tod nur immer wieder zurück, wenn man ihn gerade überwunden glaubte?
    »Gott bestraft die, die zu viele Sünden auf sich geladen haben«, meldete sich Tomasio zu Wort. »Aber er bestraft auch Unschuldige, das sehe ich genauso wie Ihr«, beeilte er sich hinzuzufügen, als er das Befremden in Angelinas Gesicht bemerkte. Zumindest schien es ihr so.
    »Wie habt Ihr Euch vor der Krankheit geschützt?«, wollte Angelina von Tomasio wissen.
    »Ich habe meine Wohnung ausgeräuchert. Als Gegenmittel nahm ich Theriak, Ihr wisst schon, die Kräutermedizin, sowie Pillen aus Aloe, Myrrhe und Safran. Meine Hände habe ich häufig mit Essig eingerieben, und wenn ich unter Menschen ging, ein Tuch mit Rosenwasser getränkt und vor die Nase gehalten.«
    »Aber das ist hier zum Glück nicht nötig«, sagte Signora Scroffa. Eine Dienerin erschien und meldete, dass das Mittagsmahl gerichtet sei. Die Anwesenden begaben sich hinaus in den Garten, wo der Tisch unter der Linde mit weißen Damasttüchern gedeckt war. |105| Eine Dienerin brachte die Vorspeise, eine lauwarme Brotsuppe mit Olivenöl und Knoblauch.
    »Das ist genau das Richtige an solch einem heißen Tag«, bemerkte Signor Scroffa. Nachdem die Magd Suppe in die Teller geschöpft und Wein in die geschliffenen Gläser geschenkt hatte, erhob er sein Glas und sagte feierlich:
    »Lasst uns Gott dafür danken, dass wir wohlbehalten hier sitzen und essen dürfen, derweil die Krankheit uns sicher schon hinweggerafft hätte, wären wir in der Stadt geblieben.« Die anderen erhoben ebenfalls ihre Gläser, die Kinder hatten Saft erhalten, und Botticelli gab zurück:
    »Aber nur diejenigen, die über genügend Geldmittel verfügen, kommen in den Genuss dieser wundersamen Rettung, ist es nicht wahr, Herr Graf und Frau Gräfin? Wer arm ist, muss jämmerlich verrecken!«
    »Es ist gewiss wahr, was Ihr sagt, Signor Botticelli«, entgegnete Scroffa. »Aber habe ich nicht Euch allen Unterkunft und Kost gewährt? Wie viele dieser Armen könnten wir hier aufnehmen, ohne selbst darunter zu leiden? Ganz abgesehen davon, dass wir uns die Pest freiwillig an den Hals holen würden.«
    »Ihr denkt sehr weltlich, Signor Scroffa«, ließ sich Tomasio vernehmen. »Das verstehe ich jedoch gut. Ihr habt sehr viel zu verlieren, weil Ihr sehr viel besitzt. Wäre nicht dem Diebstahl Tor und Tür geöffnet, wenn hier unbesehen Leute aus dem Volk aufgenommen würden? Um mein Tuchgeschäft vor Plünderungen zu schützen, habe ich Wachen aufgestellt und die Türen und Fenster vernagelt. Es ist schon recht so, dass die Reichen davonkommen, denn sie haben mehr Bildung und sind besser dazu imstande, das Volk nach dem schwarzen Tod und der Herrschaft Savonarolas zu regieren, die sich ja offenbar ihrem Ende zuneigt. So zu regieren, wie es die Medici taten, denn sie haben Glanz und große Pracht in die Stadt gebracht, haben die Künste gefördert und die schönsten Bauwerke errichtet, die sich weit und breit finden lassen!«
    »Ihr sprecht mir aus dem Herzen«, antwortete Scroffa lächelnd. |106| »Und ich glaube, wir sind uns auch schon einige Male begegnet. Ist das Tuchgeschäft nicht in der Nähe des Doms?«
    »So ist es, Signor Scroffa.«
    »Was soll dieses Gerede?«, fuhr Botticelli auf. »Wie könnt Ihr nur so abfällig über Girolamo Savonarola sprechen? Das Volk von Florenz glaubt an ihn! Sie kommen immer noch zu Hunderten in seine Predigten.«
    »Das war einmal«, versetzte Tomasio Venduti. »Seit kurzem werden keine Predigten mehr im Dom gehalten.«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte Francesco.
    »Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Die Leute haben Angst, ebenfalls die Pest zu bekommen, wenn sie öffentliche Plätze aufsuchen. Jeder ist jedes Feind, keiner ist mehr bereit, einem anderen zu helfen, alle sind nur darauf bedacht, ihre eigene Haut zu retten.«
    Botticelli war rot im Gesicht geworden.
    »Ich dulde es nicht, dass Savonarola in den Schmutz gezogen wird!«
    »Aber …«, kam es von

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