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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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einiges zu bereden.« Judith von Riede gab ihrem Sohn einen Klaps, worauf dieser ihr lächelnd eine lange Nase zeigte, sich jedoch auf den Weg machte.
    Als er außer Sicht war, ergriff die Mutter wieder Lenas Hand und streichelte sie. »Sag mir erst mal, wie es dir ergangen ist.«
    Lena spürte eine lange vermisste Geborgenheit, die sie zuletzt bei Laurenz gefunden hatte, aber auch Beklemmung. Vieles hatte sich offenbar im Leben ihrer Familie verändert. Sie fühlte sich wie eine Fremde, aber das behielt sie für sich.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es hätte mich sicherlich schlimmer treffen können. Wie Vater damals sagte, ich hatte immer zu essen und einen warmen Platz.« Mehr wollte sie nicht preisgeben, und ihre Mutter schien das zu verstehen.
    Sie atmete tief durch, ehe sie sprach: »Glaub mir, ich wollte nicht, dass er dich fortbringt. Aber ich konnte nichts dagegen tun.« Tränen schimmerten in ihren Augen. »Ich hatte damals bis zuletzt gehofft, dass du eines Tages einen guten Ehemann bekommst und dir dieses Schicksal erspart bleiben würde.« Sie ließ den Kopf sinken.
    »Ich weiß.« Lena straffte sich. Jetzt hielt sie es allerdings vor Neugierde nicht mehr aus. »Mutter, wieso seid ihr hier, wo sind die anderen, und was ist mit Kurt?«
    Ihre Mutter tupfte sich die Tränen weg. »Eigentlich wollten wir in dem Sommer, in dem er dich fortbrachte, ebenfalls nach Bremen, und ich hoffte, dich dann dort zu finden und irgendwie wieder zu uns zu holen. Doch dann kam eins zum anderen. Der Vogt nahm deinem Vater fast alles Geld ab, das er gespart hatte, und so mussten wir bleiben. Ein, zwei gute Ernten, sagte dein Stiefvater, nur ein oder zwei.« Sie lachte bitter.
    »Wir schränkten uns ein und kamen mehr schlecht als recht über die Runden. Aber es vergingen ein paar Jahre, und dann hörten wir im Frühjahr von einigen Nachbarn, dass sie sich auf den Weg hierher machen wollten. Der Bremer Bürgermeister versprach nach einem Jahr und einem Tag die Bürgerfreiheit und Schutz vor dem Grafen. Dein Stiefvater war nicht mehr zu halten, denn er wollte nicht länger ein Leibeigener sein. Wir verkauften, was wir noch erübrigen konnten, und schlichen uns bei Nacht und Nebel davon. Und es war wirklich nebelig.« Judiths Blick verlor sich in der Ferne.
    »Leider hatten wir nicht so viel Glück wie andere. Inzwischen hatte der Graf Truppen ausgesandt, alle Reisenden zu kontrollieren. Was soll ich sagen, wir konnten uns nicht mit Sack und Pack verstecken, als sie uns entgegenkamen.« Lenas Mutter tupfe sich erneut ihre feuchten Augen trocken und versuchte ein tapferes Lächeln. Lena streichelte behutsam ihre Hand.
    »Dein Stiefvater wurde vor unseren Augen gehängt, deine beiden größeren Brüder nahmen sie einfach mit, und Kurt und ich wurden hierhergebracht. Die Hoyaner hatten gerade das Land von Duckel eingenommen. Seit dem Vorfall spricht Kurt nicht mehr. Was aus Martin und Konrad geworden ist, wissen wir nicht. Hätten wir geahnt, was geschehen war, wären wir nicht aufgebrochen.«
    Lena war erschüttert. Obwohl sie ihren Stiefvater nicht mochte, hatte er doch immer nur das Wohl seiner Familie im Sinn gehabt, und das war auch Lenas Familie. Dass Kurt und ihre Mutter mitansehen mussten, wie er gehängt wurde, stellte Lena sich grausam vor.
    »Der Priester hier meint, dass dein Bruder sicher irgendwann wieder sprechen wird.«
    »Das hoffe ich.«
    »Aber sag, Lena, wie bist du nun hierhergekommen und warum?«
    Lena erzählte ihrer Mutter von ihrer Schwangerschaft, von Veronika, von Marie und deren Tod. Erzählte von Laurenz und ihrer Suche, ihrem Plan, den Mann zu finden, den sie unter den Soldaten von Hoya vermutete. Judith hörte schweigend und betroffen zu. Nach Lenas Erzählung war sie von Marie so angetan, als hätte sie die Heilerin persönlich gekannt. Sie war dankbar, dass sie sich so gut um Lena und Veronika gekümmert hatte. Lena fiel es schwer, von der Kleinen zu sprechen, und sie schluckte ein paarmal.
    »Du bist eine gute Mutter und wirst deine Tochter finden, das weiß ich. Der Krieg verwischt viele Spuren, aber immerhin weißt du, wo der Mann sein könnte.«
    »Das schon, aber ich nehme nicht an, dass er Veronika nach Hoya gebracht hat. Vermutlich ist sie irgendwo in Bremen oder in der Nähe.«
    Eine Weile saßen sie nebeneinander und hielten sich einfach nur an den Händen. Plötzlich schmunzelte Judith von Riede.
    »Was ist?«, fragte Lena neugierig.
    »Weißt du noch, wie deine Brüder waren, als

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