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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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du noch bei uns gelebt hast?«
    »Ja, ich erinnere mich noch sehr gut. Sie waren wie der Vater.«
    Judith nickte. »Sie versuchten, ihm nachzueifern. Sie kannten ja auch nichts anderes. Doch als er am Tag, nachdem er dich fortgebracht hatte, ohne dich zurückkehrte, haben sie sich verändert.«
    »Wie haben sie sich verändert?«
    »Sie wollten nicht mehr so sein wie er. Zwar haben sie nie nach dir gefragt, doch ich las diese unausgesprochene Frage lange Zeit in ihren Gesichtern. Ich glaube, seitdem haben sie ihn mit anderen Augen gesehen, und sie haben dich vermisst, auch wenn sie es nie zugegeben hätten.«
    »Oh.« Es berührte Lena, die ihre Brüder allesamt gern gehabt, die beiden großen auch immer mal verteufelt hatte, wenn sie wie der Stiefvater geklungen und sich auch so benommen hatten.
    »Sie haben sogar ohne zu murren deine Aufgaben übernommen.«
    »Hat Martin den Stall gemacht?« Lena kicherte, denn sie erinnerte sich noch genau, wie sie sich das damals vorgestellt hatte.
    »Und noch viel mehr. Er hat sogar die Wäsche mit mir gemacht. Vielleicht aus Angst, dass dein Stiefvater mich auch eines Tages fortbringen würde. Wer weiß.«
    »Hast du es ihnen nicht erklärt?«
    »Er hatte es verboten. Was sollte ich tun? Aber im Nachhinein war es mir ganz recht, dass deine Brüder sich zum Guten verändert hatten. Martin ist sogar einmal dazwischengegangen, als dein Stiefvater mich wieder prügelte. Er stellte sich schützend vor mich und schrie ihn an, er solle mich in Ruhe lassen. Dein Stiefvater stand da, als hätte sich vor ihm die Erde aufgetan. Wutschnaubend ist er aus der Hütte gestürzt und erst am Abend zurückgekommen. Danach hat er mich nie mehr angerührt.«
    »Das freut mich sehr.«
    Judith trank einen Schluck Wasser und sah Lena über den Schlauch hinweg an. »Wie willst du eigentlich den Mann erkennen, wenn du doch nur eine Stimme gehört hast?«
    »Ich sah seine Statur. Er ist sehr groß, größer als die meisten Männer, ebenso wie der Ratsherr.«
    »Dann wird er bestimmt herausstechen. Aber was machst du, wenn du ihn findest?«
    Lena richtete sich auf. »Ich werde versuchen, aus ihm herauszubekommen, wo Veronika ist, und dann werde ich ihn töten, Mutter.«

Kapitel 12
    Die Wäsche der Soldaten kam in solchen Mengen, dass die Frauen täglich am See zu tun hatten und ihnen kaum Zeit für andere Dinge blieb. Bereits am zweiten Abend waren Lenas Hände rot und rissig. Sie pflückte sich Schafgarbe, die überall auf den Wiesen wuchs, presste sie und legte sie dann in Tüchern auf ihre Haut. Einige Frauen sahen, wie Lenas Hände sich über Nacht etwas erholten, und baten ebenfalls um diese Tücher.
    »Hat Marie es dir beigebracht?«, wollte ihre Mutter wissen, die aufmerksam zugesehen hatte, wie Lena Umschläge zubereitete.
    Bei der Erinnerung an die Unterweisung von damals musste Lena lächeln. Marie war eine geduldige Lehrerin gewesen. »Als ich bei ihr gelebt habe, hat sie mir viel über Heilkräuter beigebracht.«
    »Das ist ungemein nützlich.«
    »Wenn du möchtest, bringe ich dir bei, was sie mich gelehrt hat.«
    »Das würdest du tun?«
    »Natürlich.«
    »Dann erzähl mir alles, was du weißt.« Judith strahlte aufgeregt.
    Lena arbeitete mit ihrer Mutter und Silke, die ein ausgesprochen fröhliches Gemüt besaß und sie immer wieder zum Lachen brachte, wenn die Wachen gerade nicht hinsahen. In solchen Momenten vergaßen die Frauen sogar ihren Hunger, der sie immerzu quälte. Einmal täglich bekamen sie Brot und etwas Gemüse. Manches davon war allerdings schon nicht mehr essbar. Fleisch erhielten sie überhaupt nicht.
    Judith riet ihrer Tochter, sich den Soldaten nach Möglichkeit nicht zu viel zu zeigen. Was sie damit meinte, konnte Lena sich gut vorstellen, und sie hielt sich an den Rat. Zum Glück kamen die Männer nicht in den Stall, was ihn zu einem Ort machte, an dem sie sagen konnten, was ihnen beliebte. Abends oder beim Essen saßen sie alle zusammen und sprachen von ihren Hoffnungen und Sorgen.
    Für die meisten war die schlimmste Befürchtung, dass Bremen den Krieg verlieren würde. Dann müssten sie zurück nach Hoya und stünden wieder unter den Fittichen des Grafen. Alle bangten um ihre Angehörigen, ob Männer oder Söhne, die entweder Gefangene oder Soldaten waren.
    »Warum sind eigentlich die Frauen von den Männern getrennt?«, fragte Lena ihre Mutter, die gerade damit beschäftigt war, hartes Brot aufzuweichen.
    »Damit niemand fortläuft. Da der Mann nicht weiß, was

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