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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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erzählt hatte, einen regelrechten Hass auf ihn. Er hatte jedoch gehofft, doch noch irgendwie zu Francesca zu gelangen, und diese Hoffnung war nun zerstört worden. Wie musste sie sich fühlen? Sie hatte ihren jüngeren Bruder verloren, den einzigen Menschen, der ihr etwas bedeutet, dem sie vertraut und der sie wenigstens ein bisschen vor der Tyrannei Ranuccios geschützt hatte … Jetzt war sie allein. In ihre Trauer würde sich die Angst vor der Zukunft mischen. Was hatte sie zu erwarten in einem Haus, in dem es nur sie, einen versoffenen Schläger und eine selbstsüchtige Schwägerin gab? Frauen wie Francesca, bei denen im Lauf der Jahre jede Liebe und jede Zuversicht versiegte, drohte grausames Verkümmern.
    Sie waren auf die gegenüberliegende Straßenseite getreten. Forli blickte auf die Pforte zurück, wo der Arzt und der Priester wie zwei Verbündete im Kampf gegen weibliche Tränen und weibliche Trauer das Haus verließen. Sie schienen sehr mit sich zufrieden, obwohl sie ihr gewiss nichts anderes als Beruhigungsmittel und Bibelverse verabreicht hatten. Was Francesca brauchte, konnten Apotheker und Pfaffen ihr nicht geben. Sie brauchte Zuwendung.

    »Vielleicht hätte man mich zu ihr gelassen, wenn Ihr nicht wieder einen Anfall von Streitlust bekommen hättet«, warf Forli Sandro vor. »Eigentlich wollte ich Francescas Bruder um Erlaubnis bitten, ihr den Hof machen zu dürfen, aber wenn wir so weiterarbeiten, gibt er sie lieber einem fahrenden Bänkelsänger zur Frau als mir – wenn er überhaupt bereit ist, sie jemals gehen zu lassen. Ihr habt meine Werbung sehr erschwert.«
    »Tut mir leid, Forli, aber ich wollte, dass mein Ausbruch echt wirkt.«
    Forli sah ihn an und verstand. »Ihr habt Theater gespielt.«
    »Zum Teil. Ich gebe zu, dass es mir gutgetan hat, meinem Vater ein paar Dinge ins Gesicht zu sagen, und es war ja auch nicht alles falsch, was ich ihm vorwarf.«
    »Aber Ranuccios Geschichte glaubt Ihr ihm nicht, oder? Mir geht’s genauso.«
    »Freut mich. Ich dachte schon, mein Misstrauen hat sich verselbstständigt und spukt jetzt wie ein Geist in mir herum. Warum glaubt Ihr ihm nicht?«
    Forli spuckte auf das Pflaster, was stets mehrere Bedeutungen haben konnte: Es konnte Verachtung ausdrücken, Eindruck schinden, provozieren, Konzentration signalisieren oder Freude ausdrücken – oder es handelte sich schlicht um eine seit der Kindheit praktizierte Gewohnheit. In diesem Fall hatte es ein bisschen mit Prahlerei und Übermut zu tun. Sandro Carissimi war ein heller Kopf, und Forli hatte ständig das Gefühl, ihm geistig nachzulaufen. Und seit Sandro ihm vorhin vor Augen geführt hatte, was für ein Esel er gewesen war, kam er sich regelrecht zweitklassig vor. Mit Sandro Carissimi endlich einmal auf Augenhöhe zu sein und seinen Gedanken folgen zu können, war ein gutes Gefühl.
    »Mich stört«, sagte er, »dass Don Alfonso, Euer Vater, seinem künftigen Schwiegersohn Geld leiht, damit der es einer
Erpresserin in den Rachen wirft. Außerdem halte ich es für unwahrscheinlich, dass Don Alfonso und Don Ranuccio die gleiche Geliebte hatten.«
    »Und habt Ihr Ranuccios Nervosität bemerkt, Forli? Er ist durch unseren Besuch überrascht worden und hat sich schnell eine Geschichte gebastelt, die der meines Vaters erstaunlich ähnlich ist. Glücklicherweise ist er ein ziemlich schlechter Lügner, denn um gut lügen zu können, braucht man Intelligenz, und die hat er – vorsichtig ausgedrückt – nicht in ausreichendem Maße.«
    »Anders als Euer Vater.«
    Sandro nickte. »Wir können uns nicht mehr sicher sein, dass es überhaupt eine Erpressung gegeben hat. Falls nicht, muss es schon eine gefährliche, ja, eine gewaltige Wahrheit sein, wenn mein tadelloser Vater bereit ist, sich als Ehebrecher und Freier der Papstkonkubine hinstellen zu lassen, und das auch noch von seinem Sohn.«
    »Psst!«
    Ein feines Zischen unterbrach ihr Gespräch. Es war noch einmal zu hören und kam irgendwo vom Haus der Farnese, von dem sie sich gerade entfernten.
    »Hier, Forli, hier. Bruder Sandro, hier.«
    Francescas Stimme. Forlis Herz blieb stehen. Dann entdeckte er sie. Sie hatte sich aus einem von der Straße kaum sichtbaren Fenster des alten Palazzos gelehnt und winkte sie heran. Zwischendurch gab sie Zeichen, leise zu sein.
    Forli stieß Sandro an. »Kommt. Sie will uns etwas sagen.«
    Um nahe an sie heranzukommen, an eine Stelle unterhalb ihres Fensters, musste eine Mauer überwunden werden. Forli erklomm sie beim

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