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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ersten Anlauf und ging auf der anderen Seite hinter einer Eibe in Deckung, doch Sandro, der weit weniger athletisch war, hatte Schwierigkeiten, das mannsgroße Hindernis zu erklettern.

    »Verflixt, Carissimi, wo bleibt Ihr?«, rief Forli mit unterdrückter Schärfe.
    »Ich habe Probleme.«
    »Ziemlich viele sogar. Welches habt Ihr jetzt gerade?«
    »Mein Gewand. Es – es ist mir im Weg.«
    »Verflixte Jesuitenkluft. Ich habe nie verstanden, warum man mehr Stoff am Leib tragen muss als unbedingt nötig. Aus Eurer Kutte könnte man ein Zeltlager für ein Regiment errichten.«
    »Ich schaffe es nicht. Forli, geht zu ihr, sprecht mit ihr.«
    Das ließ Forli sich nicht zweimal sagen. Er schlich in gebückter Haltung durch den kleinen Garten, bemüht, ungesehen zu bleiben. Einige Frühlingsblumen, die in der Wärme gerade zu blühen anfingen, fielen seinen Stiefeln zum Opfer, und eine Katze ergriff die Flucht. Unter Francescas Fenster angekommen, blickte er hinauf, und sie sah zu ihm herunter. Sogar auf die Entfernung erkannte er die verheerende Wucht, mit der der Schicksalsschlag sie getroffen hatte, und es war ihm unmöglich, hier unten zu stehen, während sie nur ein paar Armlängen von ihm entfernt seine Hilfe brauchte.
    Er nahm seinen Schwertgürtel ab, ergriff das Rankgerüst einer Kletterrose und setzte Fuß auf Fuß in die Zwischenräume. Es war stabil gebaut und ertrug sein Gewicht, aber die dornige Pflanze hielt seinen Aufstieg immer wieder auf, krallte sich in seine Uniform, so als sei sie eine Sittenwächterin, die ihn piesackte.
    Als er endlich am Fenstersims anlangte, war er unfähig, etwas zu sagen. Francescas Gesicht war aufgedunsen, wie zerflossen, die Haare gelöst und wirr, die Augen unermesslich müde, und trotzdem hatte er nie eine schönere, eine begehrenswertere Frau gesehen.
    »Francesca«, sagte er, zu mehr war er nicht imstande.
    Das Lächeln, das sie ihm geschenkt hatte, als er gestern in
ihrem Zimmer gewesen war, im gleichen Zimmer, in das er jetzt von außen hineinblickte, brachte sie heute nicht mehr zustande. Doch sie ergriff seine Hand.
    »Ich weiß gar nicht, wie Ihr mit Vornamen heißt.«
    »Wie ich …?« Ihm wurde heiß. »Barnabas. Ein scheußlicher Name.«
    »Barnabas«, wiederholte sie, und zum ersten Mal seit sechzehn Jahren, seit dem Tod seiner Mutter, nannte ihn wieder jemand beim Vornamen. Doch Francescas Stimme war schwer vom Beruhigungsmittel, das ihr der Arzt gegeben hatte, und sie sah aus wie jemand, der im nächsten Moment zusammenbrechen würde.
    »Ihr müsst schlafen«, sagte er, obwohl er wusste, dass Sandro Carissimi ihn für diesen Satz verfluchen würde, könnte er ihn hören. Wenn Francesca etwas wusste, dann mussten sie es erfahren.
    »Ich werde schlafen«, sagte sie. »Aber nicht, bevor ich Euch gesagt habe, was Sebastiano mir anvertraute, als er gestern … Ihr seid gerade eingetreten, als er mit mir sprach.«
    »Ich erinnere mich. Er war über irgendetwas erregt.«
    »Sehr sogar. Er – er hatte Todesangst, Barnabas.«
    Francescas Information war ihm in diesem Moment genauso wichtig wie die Tatsache, dass sie seinen Namen wie selbstverständlich benutzte.
    »Was wisst Ihr darüber?«, fragte er und erwiderte den Druck ihrer Hand.
    »Er kam gestern Abend zu mir. Kommen ist gar kein Wort dafür, er – er floh regelrecht zu mir, in meine Arme. Ihr müsst wissen, dass wir uns immer alles erzählten, was uns bewegte, schon von frühesten Tagen an. Unsere Kindheit war wenig glücklich und … Ich rede zu viel, Barnabas, und ich rede wirr. Auch Sebastiano redete wirr. Anfangs verstand ich kein Wort und bat ihn, sich zu beruhigen. Er erwähnte irgendein Geheimnis,
hinter das er gekommen sei, er habe sich gar nicht darum bemüht, es sei ihm in den Schoß gefallen.«
    Sie berichtete nun immer schneller. »Natürlich wollte ich Näheres wissen – aber er verweigerte jede Auskunft, aus Sorge um mein Leben, wie er meinte. Und dann sagte er etwas, das mich zutiefst erschreckte, ja, noch mehr erschreckte als die Gefahr, in der er sich befand. Er sagte, dass er vielleicht gezwungen sein würde, einen Mord zu begehen, um sich zu retten. Ich war – ich war völlig überfordert, und ich fürchte, ich habe nicht die richtigen Worte gefunden, um ihn zu beeinflussen. Er war fest entschlossen, jemanden zu töten.«
    »Wen?«
    »Ich weiß nicht, wen. Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht.«
    Es fehlte nicht viel, und Francesca wäre über dem Sims zusammengebrochen, sei es unter der

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