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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Tag.«
    »Ist das eine Frage oder eine Belehrung in Rechenwesen?«
    »Weder noch. Es ist ein Spiegel zum Hineinsehen.«
    Diese – wie Forli fand – blitzschnelle Parade verhinderte, dass Don Alfonso seine Fassung mithilfe sarkastischer Bemerkungen wiedergewann, und führte dazu, dass seine vorherige Röte, die schamhafte Röte, wieder Besitz von ihm ergriff.
    »Du bist also für den Zeitraum von drei Monaten jeden siebten Tag zu einer Frau gegangen, die sich bezahlen lässt«, stellte Carissimi nochmals fest.
    »Das – das könnte hinkommen.«
    »Immer an Sonntagen nach der Messe, oder wann?«
    »Werde nicht frech, Sandro.«
    »Ich bin Visitator des Papstes, und wenn du möchtest, wird Hauptmann Forli dir gerne erklären, dass ich das Recht habe, dir solche Fragen zu stellen. Ich kann dir keine Sonderbehandlung zukommen lassen.«
    »Das gibt dir noch lange nicht die moralische Befugnis, mich wie einen Lümmel zu behandeln.«

    »Die moralische Befugnis. Findest du nicht, dass das ein zu großes Wort ist für jemanden, der sich stets als Personifikation sittlicher Korrektheit ausgab und seinen Sohn dahingehend belehrte, aber jeden siebten Tag die Gesellschaft einer Hure suchte? Apropos suchen: Wo bist du ihr das erste Mal begegnet?«
    »Irgendwo in Trastevere.«
    »Was heißt ›irgendwo‹?«
    Der Vater wand sich. »In einem Haus, einem Hurenhaus in Trastevere. Herrgott, Sandro, warum ist das denn so wichtig?«
    »Weil ich es für wichtig erachte.«
    Alfonso Carissimi sammelte noch einmal alle Kraft. »Die ganze Art und Weise deiner Befragung ist unerhört. Nur weil ich vor zwei Jahren mit einer Hure im Bett lag, werde ich verdächtigt, sie umgebracht zu haben?«
    Don Alfonso zuckte zusammen, erstarrte und bewegte die Pupillen abwechselnd in Richtung seines Sohnes und Forlis. Sandro Carissimi blickte mit teilnahmsloser Frostigkeit auf seinen Vater.
    »Was – was seht ihr beide mich denn so an, was habe ich gesagt?«, fragte der Vater.
    Da der Sohn schwieg, sagte Forli: »Don Alfonso. Wir haben Euch gegenüber mit keinem Wort erwähnt, dass Maddalena Nera getötet wurde, ja, noch nicht einmal, dass sie überhaupt tot ist.«
    Der Sohn, der von Beginn an gestanden hatte, setzte sich nun. Forli sah ihn kurz an – und erst jetzt verstand er. Sandro Carissimi hatte offenbar von Anfang an darauf abgezielt, seinen Vater, einen normalerweise beherrschten, bedachtsam handelnden Menschen, systematisch aus der Fassung zu bringen. Er hatte ihm verweigert, Schutz in der Intimität eines familiären Vier-Augen-Gesprächs zu suchen, er hatte ihm nur Verachtung
entgegengebracht, und er hatte ihn jedes Detail der Beziehung erzählen lassen. Für jemanden wie Alfonso Carissimi, der zwar ein abgebrühter Geschäftsmann war, in erotischen Dingen jedoch ein ausgeprägtes Schamgefühl besaß, musste das entsetzlich erniedrigend sein – und damit verstörend. Sandro Carissimi hatte seinen eigenen Vater auseinandergenommen und bloßgestellt, denn wenn der Alte wusste, dass Maddalena tot war, musste er – wenn er nicht selber bei ihrem Tod dabei war – zumindest von ihrem Tod unterrichtet worden sein.
    Forli hatte fast vergessen, dass dieser schmale Mönch mit dem Gesicht eines Gigolos immer wieder für Überraschungen gut war. Er war beeindruckt – und gewarnt. Sandro Carissimi könnte ihm gefährlich werden.
    »Nicht – ihren Tod erwähnt?«, fragte der Vater leicht verwirrt.
    »So ist es«, antwortete Forli.
    »Nun, das... Das liegt doch auf der Hand – dass sie tot ist, meine ich. Es wurde gemunkelt, dass Maddalena Nera die Geliebte des Papstes war, und mein Sohn ist der Visitator des Papstes. Aus dem ganzen Stil dieser Befragung habe ich geschlussfolgert... geschlussfolgert...« Er griff zur Tasse, getrieben vom Verlangen nach einer Stärkung, aber als er merkte, dass seine Hände zitterten, ließ er wieder davon ab.
    »Und jetzt, Vater«, sagte Sandro Carissimi, »wirst du mir den wahren Grund nennen, weshalb du Maddalena bezahlt hast.«

11
    »Wenn Ihr glaubt, Maddalenas Kundenliste sei in Wahrheit eine Liste der von ihr erpressten Personen – was Euer Vater gerade eben vehement bestritten hat -, dann stellt sich die Frage, womit sie ihn und die anderen erpresste«, sagte Forli zu Sandro.
    Sie gingen nebeneinander her, auf einem Weg vom Esquilin hinunter zum Kolosseum, durch dessen Arkadenbögen man den Abendhimmel in etliche Fenster aufgeteilt sah. Erste Anzeichen der Nacht legten sich über die Stadt: Das Licht brach

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