Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
kann man nach dieser Darbietung nun wirklich nicht mehr behaupten.«
Er presste seinen Finger auf Carissimis Brust. »Ihr habt Euch bereits über meinen Vorschlag hinweggesetzt, Quirini mit meinem Beweis zu konfrontieren, dem Fetzen von einer Kardinalsrobe. Das habe ich geschluckt, aber jetzt ist Schluss, habt Ihr mich verstanden?«
Carissimi wischte mit einer Handbewegung Forlis Finger von der Brust und rauschte an ihm vorbei. »Lasst uns das auf später verschieben. Ich will dieses Verhör – unser Verhör – fortsetzen, und dafür brauche ich Euch – da drin.«
Carissimi ließ ihn nicht weiter zu Wort kommen und kehrte ins Arbeitszimmer seines Vaters zurück. Forli kochte vor Ärger. Unter anderen Umständen hätte er Carissimi nicht so leicht davonkommen lassen, aber jetzt war nicht die richtige Zeit und der richtige Ort dafür, das war das Einzige, in dem er dem Mönch zustimmte. Also schluckte er seine Wut hinunter und nahm seinen alten Platz wieder ein.
Don Alfonso hatte sich inzwischen kaum bewegt. Als er Forli hereinkommen sah, flackerten seine Augen kurz auf, bevor sie wieder einen verschlossenen Ausdruck annahmen.
»Hauptmann Forli wird weiterhin an der Unterredung teilnehmen, Vater. Zurück zu Maddalena Nera.«
»Ich muss darauf beharren, Sandro, mit dir allein...«
»Maddalena Nera«, wiederholte der Sohn kühl.
»Ich sagte dir eben, dass ich gerne bereit bin, dir...«
»Maddalena Nera.«
Die gleichmäßige Röte im Gesicht des Vaters veränderte sich dahingehend, dass sie sich in etliche Flecken aufspaltete. Die Fingerspitzen erblassten unter dem starken Druck. »Also bitte: Maddalena Nera. Ja, ich habe ihr Geld gegeben. Bist du nun zufrieden?«
»Ich weiß, dass du ihr Geld gegeben hast, Vater. Wann war das?«
»Wann das war! Was weiß ich, wann das war! Es muss weit mehr als ein Jahr her sein. Achtzehn Monate. Zwei Jahre vielleicht.«
»Wofür war das Geld?«
»Ich verstehe die Frage nicht.«
»Was ist denn daran so schwer zu verstehen? Hast du ihr das Geld geliehen, geschenkt oder als Gegenleistung gegeben?«
»Ich nehme an, dass du auch das schon weißt.«
»Ich möchte es gerne von dir hören.«
»Herrgott! Ich habe sie bezahlt.«
»Wofür hast du sie bezahlt?«
Alfonso Carissimis Anspannung löste sich in einem Donnerschlag. Er sprang mit einem Satz auf, der für sein Alter von Anfang sechzig außergewöhnlich kraftvoll war, und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Sie war meine Geliebte, meine Hure, meine Gespielin, wenn du es so genau wissen willst. Wir haben es miteinander getrieben, wieder und wieder und wieder. Ich habe es genossen, ich fand es herrlich .«
Sein Geschrei verhallte in dem saalartigen Raum, und das Nächste, was zu hören war, war das Geräusch von Sandro Carissimis Gewand, als er sich nach vorn beugte und nach seiner Tasse griff. Forli bemerkte nicht die Spur eines Zitterns, als er trank und anschließend das leere Gedeck auf das Tablett zurückstellte. Es war, als sei die Ruhe des Vaters nun auf ihn übergegangen.
Don Alfonso schien sich über seinen Ausbruch zu ärgern. Er rang um Fassung. »Du hast keine Ahnung, in welcher Ehe ich lebe, Sandro. Deine Mutter besteht nur noch aus Ängsten aller Art. Sie hat Angst vor dem Reichtum, vor der Liebe, vor Rom, vor dem Lachen, dem Bösen... Andere Frauen fürchten sich vor Ratten und schmutzigen Gassen und allen anderen hässlichen Dingen, das ist normal, aber Elisa fürchtet sich vor den schönen Dingen, und das ist Wahnsinn. Deine Mutter, Sandro, ist eine zutiefst verwirrte Frau. Ich lebe mit einer Irren zusammen.«
Forli hörte das empörte Einatmen des Sohnes, dann fragte eine eiskalte Stimme: »Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
Don Alfonso schien nicht zu verstehen. »Wen? Deine Mutter?«
»Wir sprechen noch immer über Maddalena Nera, Vater«, sagte er. »Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
»Als ich ihr das Geld gab.« Don Alfonso fiel ermattet auf seinen Stuhl.
»Du gabst es ihr auf einmal oder in Raten?«
»Auf – in Raten. Oder nein. Doch, ich gab es ihr in Raten. Ich brachte ihr jedes Mal einen Teilbetrag mit.«
»Ist das sicher, oder möchtest du dir das noch ein paar Mal überlegen?«
»Ich bin sicher.«
»Wirklich?«
»Ich sagte doch...«
»Wie oft habt ihr euch gesehen?«
»Ich – weiß nicht, muss – überlegen. Zehnmal ungefähr.«
»Verteilt über welchen Zeitraum?«
»Etwas weniger als drei Monate, schätze ich.«
»Das heißt also ungefähr jeden siebten
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