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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nur hatte er geglaubt, dass eine Frau wie Antonia ihn nicht verstehen würde.

    »Warm oder kalt – das Trastevere bei Nacht ist ein gefährliches Pflaster«, sagte er. »Es war leichtsinnig von dir, allein hierherzukommen.« Er lächelte, um zu unterstreichen, dass er es nicht als Vorwurf gemeint hatte. »Aber in diesem Moment bin ich froh über deinen Leichtsinn. Ich möchte dir etwas sagen.«
    Er berührte Antonia an der Schulter, und sie ließ es geschehen. Nachdem ihre Stimmen und Körper sich begegnet waren, begegneten sich endlich auch ihre Blicke in einem Moment, in dem der Viertelmond zwischen zwei Wolken aufleuchtete.
    »Du irrst dich. Ich bin nicht allein hier«, sagte sie.
    Vor dem Hintergrund des pechschwarzen Winkels hob sich eine zweite Gestalt ab, die Sandro erst jetzt bemerkte.
    »Ich heiße Milo«, sagte der Mann und streckte ihm die Hand zum Gruß aus. Sandro ergriff sie, ohne nachzudenken. Seine Gedanken standen still. »Antonia hat mir ein bisschen was über Euch erzählt, während wir gewartet haben. Ihr habt doch nichts dagegen, oder, ehrwürdiger Vater? Bleibt ja sozusagen in der Familie. Ich bin ein Freund Antonias, so wie Ihr.«
     
    »Sie ist, kurz bevor du kamst, ins Haus gegangen«, flüsterte Antonia. »Eine schwarzhaarige Frau, ein bisschen unheimlich, weil sie so rau gelacht hat. So habe ich mir immer Hexen vorgestellt.«
    »Da sie gelacht hat, war sie also nicht allein«, folgerte Sandro, und Antonia erkannte die Veränderung in seiner Stimme. Die Stimme war hart geworden, hatte sich verschlossen wie immer, wenn ihm etwas nicht passte.
    Milo. Sie redete sich ein, gute Gründe gehabt zu haben, Milo einzubeziehen. Hätte sie die halbe Nacht allein im Trastevere warten sollen? Sandro hatte selbst gesagt, dass so etwas leichtsinnig wäre. Im Übrigen war er es gewesen, der Porzia gefunden hatte, nicht sie.

    Tief in ihr spürte sie allerdings, dass alle diese vernünftigen Gründe bloß eine Kulisse waren, die sie für sich selbst erbaute. Natürlich spielte der Plan, Sandro eifersüchtig zu machen, eine Rolle, wie schon die Arbeit im Hurenhaus. Aber da war noch etwas anderes, das in ihr stattfand, etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte: Jetzt, als sie ihn zum ersten Mal seit ihrem furchtbaren Streit wiedersah, merkte sie, dass sie über das, was gestern geschehen war, nicht hinweggehen konnte, dass sie nicht so tun konnte, als sei es etwas, das man sich nur einbildete. Sandro war ein Meister in solchen Dingen, sie war es nicht. Sie hatte ihn einen Feigling genannt, und er hatte das Fenster zertrümmert. Nichts auf der Welt würde das ungeschehen machen. Gestern, das war für sie eine Erinnerung, die sich nicht verändern oder auslöschen ließe, ein Geruch, der über allem liegen würde, über jedem Wort zueinander, über jeder Begegnung.
    »Sie hat einen Mann bei sich«, sagte Milo. »Ziemlich groß und muskulös, ein Seemann, wie es aussieht. Mit solchen Kerlen ist nicht zu spaßen. Besser, ich gehe vor.«
    »Ich habe keine Angst«, sagte Sandro und betrat das schimmelige, stockdunkle Treppenhaus mit demonstrativer Entschlossenheit. Antonia ging hinter ihm her, gefolgt von Milo. Es war ein seltsames Gefühl, den einen Mann vor sich und den anderen hinter sich zu haben, und keinen von ihnen sehen zu können. Niemand sprach ein Wort, nur die Holztreppe knarzte unter ihren Schritten.
    Antonia tippte Sandro an und deutete auf die schräge, mühsam in den Angeln hängende Tür. Er wandte sich zu ihr um, was sie nur erkannte, weil sich das bisschen Licht, das durch die Türritzen kam, in seinen schwarzen Augen spiegelte.
    »Ihr müsst Euch darauf gefasst machen«, flüsterte Milo, »dass die beiden da drin bereits die Phase der höflichen Konversation hinter sich gelassen haben.«

    »Was Ihr nicht sagt«, erwiderte Sandro.
    »Ich erwähne es ja nur, weil Ihr Geistlicher seid, ehrwürdiger Vater.«
    »Es gab eine Zeit, da war ich es nicht, und mir ist bekannt, was nach der Phase der höflichen Konversation passiert.«
    »Vielleicht, ehrwürdiger Vater, sollte trotzdem ich es sein, der anklopft.«
    Sandros Antwort war eine Faust, die drei Mal laut gegen die Tür hämmerte, und als aus dem Zimmer keine Reaktion erfolgte, weitere drei Mal.
    »Was ist?«, rief eine sehr tiefe, maskuline Stimme von drinnen.
    »Öffnet die Tür«, rief Sandro. »Dies ist eine behördliche Untersuchung.«
    Vergeblich warteten sie auf eine Antwort, und schließlich betrat Sandro schwungvoll das Zimmer.
    Zwei

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