Die Huren des Apothekers
Küche des Landgrafen heraushalten. Bei der Urinschau
spielten ihm die Studenten einen Streich, er merkte nicht einmal,
dass er Hundepisse leckte!«
Magdalene quietschte und Luzia konnte ein
Auflachen nicht unterdrücken. »Lukas, ich muss dich tadeln! Welche
Worte lehrst du uns?«
»Meine Geliebte, du bist mit deinem Latein noch
nicht so weit fortgeschritten, dass ich mich mit dir in der Sprache
der Gelehrten unterhielte.«
»Ich kenne meinen Aelius Donatus«, prahlte
Magdalene, was wohl kein Wunder bedeutete, denn den größten Teil
des Tages saß sie in der Bibliothek und vertiefte sich in Bücher.
Wenn Besuch kam, gab sie vor, abzustauben. Bei dem Gedanken daran,
wie ihre Schwägerin immer einen frischen Flederwisch mitnahm, wenn
sie etwas lesen wollte, kicherte Luzia wieder.
»Also«, führte sie zum Thema zurück, »wirst
du den armen Herrn Apotheker Henslin Nungässer nicht dem Leibarzt
des Landgrafen empfehlen?«
»Was braucht er meine Empfehlung?«
Sie erreichten die Eingangstreppe zu ihrem Haus
und Lukas suchte in seiner Rocktasche nach dem Schlüssel. »Wer sich
solche Reichtümer leisten kann, bedarf nicht meiner Protektion!«
»Nicht um die Reichtümer geht es, sondern um den
Leumund«, belehrte Magdalene ihn. »Frau Mechthild würde ihre Seele
verkaufen für die Gelegenheit, dem Landgrafen ihren Hofknicks zu
zeigen.«
»Beherrscht sie ihn?«, fragte Luzia neugierig,
denn sie hatte sich mühsam von Magdalene den Kniff beibringen lassen
müssen, bevor sie zur Begrüßung vor den Landgrafen geladen waren.
»Nein«, kam es schroff von Magdalene. Zuerst
schrak Luzia zurück, dann kroch ein Glucksen ihre Kehle empor, gegen
das sie nichts tun konnte. »Dann muss sie vor den Mumien üben!«
»Da wäre er auch angebracht.«
Wieder klang Magdalene so ernst, dass diesmal auch
Lukas innehielt, mit dem Schlüssel über das Schließblech zu
kratzen. »Da, nimm.« Er reichte Luzia den Schlüssel. »Schlösser
sind deine Wissenschaft. Wieso, Schwester, soll sie vor Mumien die
Referenz üben?«
»Mumien sind doch morgenländische Könige, der
ägyptischen Erde entrissen. Ihnen zu huldigen geziemt sich mehr, als
sie zu Pulver gegen Zipperlein zu zerreiben!«
»Wenn man es so sieht«, meinte Luzia und fand
gleich den Punkt, an dem der Schlüssel sitzen musste, um das alte
Schloss zu öffnen. Es fehlte Öl, die Mechanik drehte sich nur
mühsam. »Allerdings soll es sehr wirksam sein.«
Diesmal meinte Magdalene: »Pfft!«
Lukas half, die schwere Tür aufzuziehen. Drinnen
erwartete sie, im Vergleich zur eisigen Nachtluft, angenehme Wärme.
Luzia hauchte in ihre Finger. »Wenn es denn ägyptische Könige
sind, würde ich sie gerne sehen. Womöglich besucht uns der
biblische Ramses?«
»Der ertrank im roten Meer«, wurde sie von
Magdalene geschulmeistert. »Doch vielleicht die schöne Kleopatra
und Marc Anton, der bei ihr nach alten Sitten zu Grabe gelegt wurde.«
Diese Geschichte kannte Luzia, Lukas hatte sie
schon mehrfach, besser als die meisten Mimen, als Schauspiel von
einem hierzulande unbekannten englischen Dichter deklamiert, frei
übersetzt von einem Manuskript, das er aus Engelland hatte schicken
lassen. Wenn Kleopatra starb, musste Luzia weinen, so oft er es auch
vortrug.
»Wäre das möglich? Der Nachbar erwartet doch
morgen eine Lieferung!«
Trine kam mit einer Lampe die Treppe herunter,
hinter ihr schlich das Hausmädchen Rosa mit vor Müdigkeit halb
geschlossenen Augen. Die beiden nahmen Lukas und Magdalene die Mäntel
ab, Lukas half Luzia bei ihrem. Auf einmal stürzte er zu einer
Schranktür und holte zwei Pakete heraus. »Beinahe entfiel es mir!
Mit besten Grüßen des Herrn Landgrafen. Er gab mir gestern die
Geschenke mit den Worten, dass es bei uns sicherlich genauso kalte
Böden gäbe wie in seinem Schloss!«
Als er ihr eines vor die Nase hielt, erkannte
Luzia Filzpantoffeln und musste wieder grinsen. Nach dem Weg durch
den Wald in den dünnen Schuhen fühlten sich ihre Füße an wie
Eisklumpen. Dieses Geschenk kam gerade recht! Sie stellte sich auf
Zehenspitzen und hauchte Lukas einen Kuss auf die Wange. »Wie
fürsorglich! Richte ihm meinen besten Dank aus, ich werde sie gleich
morgen früh benutzen. Und jetzt sollten wir schnell unsere Füße
unter dicken Federn aufwärmen.«
Liebevoll begleitete Lukas sie zur Treppe, die
Magdalene schon halb hochgestiegen war. »Ehe ich es vergesse«,
wandte sie sich zu Trine, »morgen wird die Nachbarin uns einige
Mädchen schicken, die mit dem
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