Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:

demütigend. Und jetzt das – ich dachte, endlich eine Freundin
gefunden zu haben, jemanden, der für mich einstand, für den ich
einstehen wollte … als … Sie ist fort!« Wieder zuckten die
wohlgeformten Schultern unter Franks Händen, diesmal fing sich die
Frau jedoch schneller. »Was auch immer mit Bärbel vorgefallen ist,
Jonata wollte es herausfinden. Daraufhin ließ Mechthild sie von den
Knechten zur Bestrafung fortbringen. Was jetzt mit ihr passiert …
ich weiß es nicht.«
    Tapfer richteten sich die Edelsteinaugen auf
Franks Gesicht, während weiterhin Tränen herunterrollten. Auf
einmal überkam ihn das Bedürfnis, diese zarten Wangen zu trocknen
und dafür zu sorgen, dass sie nie wieder nass wurden. Bevor er die
Hand heben konnte, schalt er sich selbst einen treulosen
Taugenichts. Weshalb saß er hier? Doch nicht, um jammernde Weiber zu
trösten, sondern weil er seine Geliebte suchte, eine Spur ihres
Verbleibs zu finden hoffte. Bärbel, die Frau, die er zu der Seinen
machen wollte, die seine Stiefmutter davongejagt hatte. Nur aus Sorge
um ihr Wohlergehen hatte er seine Heimat verlassen, war durch die
Lande gezogen, diente diesem Schlächter von Scharfrichter und
verriet all seine Grundsätze. Und da benutzte er die erstbeste
Gelegenheit, mit einer anderen anzubändeln?
    »Und wo mag sie sein?«, fragte er mit rauer
Stimme.
    »Im Anbau.« Die Antwort kam zu schnell,
unüberlegt. Wie erwartet, zögerte die Frau gleich darauf. »Oder …
ich vermute es. Dort, wohin die Frauen zum Gebären gebracht werden.
Kein Laut dringt durch die dicken Wände, und wenn, denkt sich
niemand etwas dabei. Es gibt dort auch … Räume …« Erst ein
fragendes Brummen Franks ließ sie weiterreden. »Für großzügige
Spenden an die Stiftung gestattet Mechthild ihren Gönnern … die
Herren suchen sich eine von uns aus und verbringen im Anbau … Zeit
mit ihr.«
    Genau, wie Frank es sich gedacht hatte. Unbändiger
Zorn breitete sich von seinen Gedärmen aus und ließ seine Hände
sich zu Fäusten ballen. Erst auf ihren leisen Schmerzlaut stellte er
fest, dass er noch immer ihre Arme festhielt und ihr damit wehtat.
Sofort lockerte er den Griff und strich beruhigend über ihre
Schultern. »Musste … auch Bärbel …«
    Energisch schüttelte die Schwarzhaarige den Kopf.
»Wenn die Herren an Mechthilds Arm durch den Speisesaal flanieren,
verstecken wir uns, wenn wir nicht bereit dazu sind. Selbst wenn es
bedeutet, ohne Abendessen ins Bett zu gehen.«
    Schon wieder drohte der Zorn Frank zu übermannen.
Es kostete ihn viel Beherrschung, nicht schon wieder grob zu werden.
»Und du vermutest, dass deine Freundin jetzt dort gefangen gehalten
wird?«
    »Nein, bestimmt nicht. Dazu ist Jonata zu
widerspenstig. Ich befürchte Schlimmeres. Mechthild wird ihren
Willen brechen wollen und das gelingt schlecht im gepolsterten
Lustbett.«
    Das klang einleuchtend und entsprach ganz Franks
Erfahrung. Auf einmal wurde ihm eiskalt, und das lag nicht allein an
dem Mantel, den er der Frau geliehen hatte. »Ob auch Bärbel …«
    Sie nickte ernst.
    Frank sprang auf und rannte wie ein Bär im Käfig
auf und ab, ballte die Fäuste und knirschte mit den Zähnen. Der
Zorn wollte ihn schier auffressen. »Wo?«, brachte er heraus. »Wo
ist sie?«
    Ängstlich fuhr die Frau zurück und starrte ihn
an. Ihre Lippen bebten. »Der Anbau hat einen Keller. Die Knechte
drohen uns damit. Keine der Frauen war dort, die davon berichten
konnte. Da unten sollten wir sie suchen.« Frank richtete sich auf
und spannte die Schultern. »Aber nicht vor Ende der
Mitternachtsstunde«, flehte sie. »Besser sollten wir noch eine
weitere Stunde vergehen lassen. Vorher schlafen die Knechte nicht.«
    Verdrossen schlug Frank sich mit einer Faust in
die Handfläche. Tausend Bienen wollten ihn mit scharfen Stacheln zum
Handeln treiben, aber die Frau hatte recht. »Wie viele Knechte
beschäftigt Mechthild?«
    »Fünf«, flüsterte sie. Zu viele! Frank konnte
nicht erwarten, jeden von hinten zu erwischen. Wenn Bärbel so lange
gewartet hatte, würde sie auch noch eine weitere Stunde ausharren.
    ---
    »Natron und Pottasche«, murmelte Henslin vor
sich hin. »Ich wusste es!« Er klappte das Buch auf dem Pult
zusammen und drehte sich zu der halb ausgewickelten Mumie auf dem
Tisch. Nach einem forschenden Blick hob er die abgebrochene Hand an
den Mund und leckte mit raschen Zungenschlägen darüber. »Natürlich
Natron. Pottasche, Salbei, Myrrhe, Weihrauch und Pfeffer. Kollege,
ich werde

Weitere Kostenlose Bücher