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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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mochte. Er hatte sowohl unter seinen Bediensteten als auch in der Nachbarschaft Erkundigungen eingezogen, ob vielleicht jemand etwas vom Ablegen des Schriftstücks bemerkt hatte, doch niemandem war etwas aufgefallen.
    Während er die Steinplatte vor dem Eingangsbereich noch nachdenklich betrachtete, begrüßte ihn mit einem Mal eine helle Knabenstimme: »Guten Morgen, Herr Doktor!«
    Bernhard wandte sich um und gewahrte den Gassenjungen Matthias, der in der Nachbarschaft wohnte und sich mit Botengängen und Arbeiten in den Häusern und Gärten der Wohlhabenden ein Zubrot verdiente.
    »Guten Morgen, Matthias«, grüßte der Gelehrte den hoch aufgeschossenen Zehnjährigen, der auch für ihn schon tätig gewesen war, und fuhr ihm über den Haarschopf.
    »Habt Ihr vielleicht etwas zu tun für mich?«, fragte der Junge und blickte Bernhard treuherzig an.
    Der Gelehrte wusste sehr gut, dass die Gelegenheitsarbeiten von Matthias wesentlich dazu beitrugen, dessen Eltern und Geschwister zu ernähren, daher entlohnte er den Jungen stets großzügig und steckte ihm gelegentlich auch etwas zu. Einer spontanen Eingebung folgend, fragte er: »Sag mal, ist dir vielleicht am Montagmorgen jemand aufgefallen, der sich vor meinem Haus aufgehalten hat?«
    Der Junge nickte eifrig. »Ja, schon. Ich habe am Montagmorgen nebenan bei den Bachmanns den Hof gefegt. Und da ist so eine Klosterfrau vorbeigekommen. Ich glaub, die hat mich gar nicht gesehen, und ich habe sie auch nicht gegrüßt. Jedenfalls ist sie an mir vorbeigelaufen. Vor Eurem Haus ist sie dann stehen geblieben und hat sich kurz gebückt, so als ob ihr was runtergefallen wär, und ist gleich wieder weitergegangen. Das ging alles ganz schnell, und sie hat’s auch ziemlich eilig gehabt. Ich hab mir nichts dabei gedacht, es hat mich nur ein bisschen gewundert, was so eine Nonne bei Euch zu suchen hat – wo Ihr doch mit Klosterfrauen eigentlich nichts zu schaffen habt …« Der Gassenjunge, der Bernhard von Wanebach schon öfters in Begleitung der Hurenkönigin gesehen hatte, grinste verlegen.
    Bernhard, der dem Jungen mit wachsender Anspannung zugehört hatte, schluckte. »Da hast du recht, mein Junge …«, murmelte er nachdenklich und drückte dem Knaben eine Münze in die Hand. »Danke, Matthias. Du hast mir sehr geholfen.« In Gedanken versunken, kehrte er in sein Haus zurück.

    Die Hurenkönigin und die schlaue Grid beugten sich gemeinsam mit Bernhard von Wanebach über die beiden Schriftstücke, die nebeneinander auf dem Tisch im Zimmer der Gildemeisterin lagen. »Du hast recht, Bernhard«, bemerkte die Lohnsetzerin mit ernstem Gesichtsausdruck, »das ist eindeutig dieselbe Schrift! Jetzt wissen wir also, dass es sich bei demjenigen, der den Schmähbrief am Frauenhaus und das Schriftstück vor deiner Haustür geschrieben hat, um ein und dieselbe Person handelt.«
    »Eine Nonne also!«, stieß die Hurenkönigin hervor.
    »Moment, Ursel«, unterbrach Grid die Freundin. »Die Person, die die Schmähschrift mit der Katze ans Portal des Frauenhauses genagelt und Bernhard die Nachricht vor die Tür gelegt hat, muss nicht zwingend auch diejenige sein, die die beiden Schreiben verfasst hat.«
    »Das mag schon sein«, stimmte die Hurenkönigin zu. »Aber der Verdacht liegt nahe, dass diese Nonnen vom Sankt-Spiritus-Orden dahinterstecken und auch die anderen aufrechten Bürger, die uns in ein Magdalenenhaus sperren wollen!« Die Augen der Zimmerin sprühten Funken.
    »Aber bisher ist das nicht mehr als eine Vermutung«, erwiderte die Lohnsetzerin nüchtern. »Beweisen können wir denen nämlich nichts – noch nicht. Und deswegen sollten wir jetzt auch schön stillhalten, bis wir sie festnageln können.«
    »Was muss denn noch alles passieren?«, fragte die Zimmerin entrüstet. »Sollen wir denn nichts unternehmen, bis die Falle zuschnappt und wir alle in so ein Büßerinnenhaus gesperrt werden?«
    »Ganz so einfach wird das ohnehin nicht, meine Liebe, denn da hat der Rat ja auch noch ein Wörtchen mitzureden«, warf Bernhard ein. »Reichmann hat dir doch deutlich zu verstehen gegeben, dass dem Senat am Erhalt des Frauenhauses sehr gelegen ist. Und wir wissen auch, warum.« Er grinste und bewegte Daumen und Zeigefinger, so als würde er Geld zählen. »Man muss den Feind genau beobachten, ehe man zuschlägt. Sollen sie sich doch ruhig in Sicherheit wiegen. Wir haben ein wachsames Auge auf sie – und irgendwann schnappen wir sie uns und zerren sie vor den Kadi.«
    Während sich

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