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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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und breitete die Wolldecke über sie.
    »Beruhige dich, meine Liebe, es ist jetzt nicht mehr zu ändern«, wandte er sich an die Lohnsetzerin. »Wir müssen nun stark sein und zusammenhalten. Warte, ich hole dir einen Becher Wasser – und das hier nehme ich mit und kippe es in das Spülicht«, sagte er grimmig, ergriff das Theriakfläschchen und verließ die Stube.
    Als er den Aufenthaltsraum betrat, blickten ihm die Huren und der Frauenhausknecht, die allesamt um den großen Tisch versammelt waren, mit vergrämten Mienen entgegen. Die meisten trugen noch ihre Nachtgewänder und hatten weder Schminke aufgelegt noch die Haare gekämmt. Trotz der sommerlichen Schwüle, die sich bereits am Morgen bemerkbar machte, waren die Fenster geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Auf dem Tisch standen noch die Trinkbecher und Weinkrüge der letzten Nacht, und der säuerliche Geruch von abgestandenem Wein und schalem Bier hing in dem Raum.
    »Wie geht es der Meistersen?«, fragte Josef, der blass und übernächtigt aussah.
    »Nicht gut«, antwortete Bernhard bedrückt. »Aber das ist ja auch kein Wunder.« Er nahm den Wasserkrug und füllte zwei Becher.
    »Kommt sie denn nicht runter, die Hurenkönigin?«, erkundigte sich Irmelin, die plötzlich um Jahre gealtert aussah.
    »Ich fürchte nicht«, erwiderte Bernhard ausweichend, »dazu ist sie wohl nicht in der Lage.« Er vermied es, den Huren von Ursels Rückfall zu erzählen, war ihm doch bekannt, wie streng die Hurenkönigin all die Jahre ihr Geheimnis gehütet hatte.
    »Was ist denn mit ihr? Hat sie der Schlag getroffen vor lauter Kummer?«, rief die Jennischen Marie und rang die Hände.
    »Das nicht gerade – dem Himmel sei Dank! Aber sie ist in keiner guten Verfassung. Am besten, wir lassen sie schlafen. Das ist gut für ihre Nerven. Aber macht euch keine Sorgen, das wird schon wieder«, suchte er die Huren zu beschwichtigen.
    »Hoffentlich«, murmelte die alte Irmelin. »Sonst könnt ihr mich auch bald unter die Erde bringen …«
    »Warum lässt sie uns denn jetzt alleine?«, schniefte die bayrische Agnes. »Sie ist doch sonst immer für uns da!«
    »Niemand kann immer stark sein«, warf die blonde Isolde ein und musterte ihre Kolleginnen unwirsch. »Rumplärren hilft jetzt auch nichts, der Doktor kann jeden Augenblick kommen …«
    »Es können ja nicht alle so ein Fischgemüt haben wie du«, fauchte die bayrische Agnes und wischte sich mit dem Ärmel ihres Nachtgewandes die Tränen ab.
    Isolde verzog ungehalten das ebenmäßige Gesicht und schwieg. Von draußen waren jetzt Schritte zu vernehmen.
    »Der Doktor!«, murmelte die alte Irmelin und strich sich die schütteren roten Haarsträhnen aus der Stirn. »Es bleibt einem heut aber auch nichts erspart.«

    »Die Hurenkönigin fühlt sich nicht wohl, Herr Doktor, sie lässt sich entschuldigen«, erklärte die Lohnsetzerin mit angespannter Miene. »Ich werde sie, so gut ich kann, vertreten. Die Liste mit den Namen der Huren kann ich Euch gleich vorlegen – und seht es uns bitte nach, dass wir alle noch nicht hergerichtet sind, aber der Tod unserer Gildeschwester setzt uns allen sehr zu.«
    »Das kann ich gut verstehen, Jungfer Ingrid. Was fehlt denn der Zimmerin? Am besten, ich schaue gleich mal nach ihr. Das war ja auch alles zu viel gestern! Ich hätte es ihr gar nicht erlauben dürfen, dass sie bei der Leichenschau zugegen ist!«, bemerkte der Arzt.
    »Das … das wird nicht nötig sein, Herr Doktor.« Ingrid, die wusste, dass Ursel stets darauf bedacht gewesen war, ihre Theriaksucht auch Ärzten gegenüber zu verbergen, suchte ihn eilfertig von seinem Vorhaben abzubringen. »Sie hat die ganze Nacht kein Auge zugetan, und jetzt schläft sie.«
    »Ach so. Das ist das Beste, was sie machen kann. Da will ich sie auch nicht aufwecken.«
    Doktor Schütz stellte sein Felleisen auf den Tisch. »Gut, dann holt mir die Liste, dann kann ich schon anfangen. Können wir vielleicht einmal lüften?«
    Ingrid öffnete die Fenster und wies die Magd an, das Geschirr wegzuräumen.
    Doktor Schütz blickte sich in der Runde um. »Wie viele Hübscherinnen leben denn momentan hier?«
    »Mit der Zimmerin und mir sind es genau zwanzig«, antwortete die schlaue Grid.
    »Und der junge Mann dahinten, das ist doch der Hausknecht, oder? Er war gestern mit dabei, um die Tote zu identifizieren … Wie war doch gleich Euer Name?« Doktor Schütz blickte zu dem Frauenhausknecht hinüber.
    »Josef Ott«, murmelte Josef und senkte den

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