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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Hurenkönigin, die die Hasstiraden der Nonne sehr verletzt hatten, einsilbig und wandte sich abrupt zum Gehen.
    Grid eilte ihr nach und legte den Arm um sie. »Ursel, bleib doch noch …«
    Die Hurenkönigin schüttelte unmutig den Kopf. »Sei mir nicht böse, Ingrid«, murmelte sie, »aber ich halte es hier keinen Moment länger aus!« Sie blickte die Freundin beklommen an. »Ich habe mir bloß Sorgen um dich gemacht, deswegen bin ich gekommen. Aber ich sehe ja jetzt, dass es dir gutgeht und du dich hier offensichtlich ganz wohl fühlst bei diesen Betschwestern.« Sie grinste spöttisch und wandte sich zum Ausgang.
    »Ursel, du tust mir unrecht«, flüsterte Grid und wandte sich verstohlen nach der Nonne um, die nur ein Stück weit entfernt stand und mit stechendem Blick zu ihnen herüberstarrte. »Ich habe den Eindruck, hier tun sich seltsame Dinge«, raunte sie Ursel zu. »Aber ich muss noch ein bisschen dranbleiben …«
    Ursel war stehen geblieben und blickte Grid beunruhigt an. »Willst du nicht doch besser mitkommen?«, fragte sie.
    »Lass mir noch ein bisschen Zeit«, flüsterte Ingrid.
    »Das Tor ist verschlossen«, vernahmen sie plötzlich hinter sich die metallische Stimme von Schwester Theodora und schreckten zusammen. »Ich lasse Euch raus, Gildemeisterin.« Mit einem Schlüsselbund in der Hand kam die hagere Nonne auf die Freundinnen zu.
    Nachdem Schwester Theodora die Tür aufgesperrt und der Hurenkönigin mit kalten Augen einen gesegneten Tag gewünscht hatte, drückte Ursel die Freundin noch einmal an sich. »Gib gut auf dich acht!«, flüsterte sie ihr zu.
    Auf dem Rückweg überlegte Ursel fieberhaft, was Grid wohl herausgefunden hatte, und beschloss dann, sich noch ein wenig an den Main zu setzen. Sie lenkte die Kutsche nach links zur Schaumainpforte, vorbei an der Dreikönigskirche, und erreichte kurze Zeit später auch schon den am Main liegenden Urberger Hof, an dessen Fassade schwarze Fahnen gehisst waren. Ursel erinnerte sich, dass der Freiherr erst vor wenigen Tagen beigesetzt worden war. Sie fuhr durch die Schaumainpforte, hinter der sich das freie, unbebaute Flussufer erstreckte, stellte den Wagen ab und setzte sich an die Uferböschung.
    Es war herrliches Wetter, und sie genoss es, ihre Blicke über den Main schweifen zu lassen. Plötzlich nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Eine kleine, schwarzgewandete Gestalt huschte auf einen Steg, der nur einen Steinwurf von der Hurenkönigin entfernt war, und fütterte die Schwäne. Der Holzsteg lag direkt vor der Steinmauer des herrschaftlichen Anwesens und war mit ihm durch eine Gartenpforte verbunden. Ursel betrachtete das Mädchen. Es war feingliedrig und grazil, die goldblonden Haare reichten ihm bis zu den Hüften, und es hatte ein liebreizendes Gesicht. Mit einem Mal wandte sich die Kleine zu der Hurenkönigin um, sie schien bemerkt zu haben, dass sie beobachtet wurde. Die Zimmerin lächelte das Mädchen an und winkte ihm zu, zaghaft hob es den Arm und grüßte zurück. Die Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, doch die Augen des Mädchens blickten kalt und starr wie Glasmurmeln. Trotz der sommerlichen Temperatur bekam Ursel unversehens eine Gänsehaut.

    Als die Zimmerin am Vormittag wieder das Frauenhaus betreten wollte, kam ein junger Mann mit einem Tornister auf dem Rücken auf sie zu und stellte sich als Martin Stückrath vor.
    »Ich bin Euer neuer Frauenhausknecht«, erklärte er forsch.
    Ursel, die den Mann wenig sympathisch fand, grüßte knapp und führte ihn in die Schankstube, um ihn den Huren vorzustellen. Der Bursche hatte etwas Verschlagenes an sich, und seine abschätzenden Blicke, mit denen er sie und die Frauen begutachtete, gefielen ihr nicht.
    Auch die Jennischen Marie schien eine Abneigung gegen ihn zu hegen. Als Ursel seinen Namen nannte, stutzte Marie und fragte: »Wart Ihr nicht der städtische Weinausschenker im Römerkeller?«
    Der Mann zuckte zusammen und versuchte seine Verunsicherung mit Keckheit zu kaschieren. »Da liegt Ihr richtig, gute Frau«, sagte er mit breitem Grinsen.
    »Die gute Frau kannst du steckenlassen«, beschied ihn Marie barsch. »Da hat uns ja der Rat ein schönes Kuckucksei ins Nest gelegt!«
    »Wie meinst du das?«, fragte Ursel verwundert.
    »Wenn ich mich nicht täusche, ist dieser Bursche dabei ertappt worden, wie er im Römerkeller den Wein gepantscht hat. Soweit ich weiß, ist er dafür auch ins Kittchen gewandert. Das hat mir zumindest ein Freier erzählt, der ein

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