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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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schlug den Anwesenden vor, sich doch wieder dem Tagesgeschäft zuzuwenden.
    »Dann hat sie es wohl doch alleine getan«, raunte der Untersuchungsrichter dem Bürgermeister vor der Tür der großen Folterkammer zu und blickte ihn unsicher an.
    Reichmann nickte und grummelte nur: »Sieht ganz danach aus …«

    Als der Henker die Seilwinde so weit gelockert hatte, dass die Angeklagte mit den Füßen wieder den Boden berührte, war die ehemalige Nonne nicht in der Lage, sich auf den Beinen zu halten, und sank entkräftet in sich zusammen.
    Schon die sogenannte »leichte Befragung«, bei der vorschriftsmäßig noch kein Blut fließen durfte, hatte Theodora derart mitgenommen. Schmerzhaft pochte das Blut in ihren geschwollenen, bläulich verfärbten Daumen, und als der Züchtiger an sie herantrat und ihr die ledernen Daumenschlingen abnahm, schrie sie laut vor Schmerzen.
    Die panische Angst vor weiteren Qualen raubte ihr fast den Verstand, ihr ausgezehrter Körper hatte der Folter nichts entgegenzusetzen, und die Furcht, sie könnte schon bei der nächsten Marter ihr Leben aushauchen, ließ sie schlottern wie eine Fiebernde.
    Fast ein Jahrzehnt lang hatte sie ihren sündigen Leib gezüchtigt und war nicht müde geworden, sich selbst alle erdenklichen Qualen zuzufügen, um für ihr schändliches Leben zu büßen. Mit großer Selbstverständlichkeit war sie davon ausgegangen, das hätte sie gegen jedweden Schmerz unempfindlich gemacht. Ein Trugschluss, wie sie sich inzwischen eingestehen musste. Es war nämlich ein Unterschied, ob man sich selbst der Qual aussetzte oder ob sie einem von anderen, denen man hilflos ausgeliefert war, angetan wurde.
    Früher hatte sie die Pein sogar regelrecht genossen. Sie hatte sich dadurch in einen Rausch versetzt, dem eine seltsame, düstere Lust innewohnte, die sie süchtig werden ließ nach mehr. Nur um die alte Lasterhaftigkeit im Keim zu ersticken, hatte sie sich eingeredet, um der Wahrheit nicht ins Auge blicken zu müssen.
    Doch irgendwann hatte sie erkannt, dass auch die Selbstquälerei nur ein weiteres Laster war, und sie war maßvoller geworden. Hatte sich nur noch vor dem Schlafengehen gegeißelt und den Bußgürtel lediglich in der Nacht angelegt. Und ihr Geist war dadurch freier und klarer geworden, so dass sie mit einem Mal die Stimme der Heiligen hören konnte, die ihr sagte, sie solle fortan in ihrem Sinne handeln. Sie hatte die Mutter Oberin gefragt, ob sie sich um die Sünderinnen kümmern dürfe, und hatte ihr ganzes Dasein diesem Dienst untergeordnet: die Gestrauchelten auf den rechten Weg zu führen.
    Doch auch hierin hatte sie gefehlt und schwere Schuld auf sich geladen, für die sie nun Sühne leisten musste. Und sie würde dafür büßen und bald schon vor ihren Richter treten! Wie sie es verdient hatte.
    Obgleich sie sich zwang, diese Überlegungen gebetsmühlenartig vor sich hin zu murmeln, konnte sie doch nicht umhin, ein gequältes Winseln von sich zu geben, als der Züchtiger sie auf eine Folterbank legte, wo er ihr die Hand- und Fußgelenke mit Ledermanschetten fixierte.
    Die Herren des Straftribunals, die kurz zuvor eingetroffen waren und wieder ihre Plätze eingenommen hatten, schien dies wenig zu bekümmern.
    »Wir beginnen nun mit der verschärften Fragestellung«, erklärte der Untersuchungsrichter sachlich. Mit ungeduldigem Blick auf die Folterbank befahl er dem Henker: »Auf, auf, Scharfrichter, leg Er ihr die Daumeneisen an!«
    Als Meister Jerg seinem Befehl Folge leistete und Theodora die Schraubeisen um die Daumenkuppen legte, schrie sie wie von Sinnen.
    »Ich hab die Schrauben ja noch nicht mal angezogen, und da kreischt die schon wie am Spieß!«, schimpfte der Henker und zischte der Delinquentin zu: »Halt die Klappe, sonst verpass ich dir einen Knebel, wie du’s mit der Lohnsetzerin gemacht hast!«
    Theodoras Schreie verstummten augenblicklich, nur ein leises Wimmern war noch zu vernehmen.
    Der Untersuchungsrichter gab dem Züchtiger den Wink, die Schrauben anzuziehen. Die Delinquentin gab ein durchdringendes Heulen von sich.
    »Walburga Dietrich, ich frage Sie jetzt zum letzten Mal: Hat Sie die Hure Roswitha ins Kloster gelockt, im Keller gefangen gehalten und grausam zu Tode gefoltert?«, gellte die Stimme Lederers durch das Turmgewölbe.
    »Jaaaah!«, schrie Theodora, der das Blut unter den Fingernägeln hervorquoll, und flehte außer sich: »Bitte, bitte, hört auf! Ich gestehe alles …«
    Mit einer herrischen Handbewegung gebot der

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