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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Neuhof war, der Bruder von Frau Uffsteiner. – Ich habe dann noch eine Weile aus dem Fenster geschaut, denn ich hatte schon befürchtet, dass bei Uffsteiners wieder was im Busch ist. Der Herr Neuhof ist ja schon öfters seiner Schwester zu Hilfe geeilt, doch es war nichts mehr zu hören. Gerade wollte ich wieder ins Bett gehen, da ist die Haustür aufgegangen und Neuhof kam wieder heraus. Er trug eine Fackel in der Hand und hastete ziemlich hektisch die Neue Kräme entlang zum Römerberg – so als würde er jemanden suchen. Was daraus geworden ist, weiß ich nicht. Ich bin dann schlafen gegangen und habe nichts mehr mitgekriegt.«
    Die Hurenkönigin hatte Frau Schütz gebannt zugehört. »Würdet Ihr Eure Beobachtungen gegebenenfalls auch vor dem Untersuchungsrichter wiederholen?«, fragte sie die Arztgattin mit ernster Miene.
    Frau Schütz überlegte kurz und stimmte schließlich zu. »Da wird mich mein Sohn ganz schön schelten, dass ich meinen Mund wieder mal nicht halten konnte«, seufzte sie resigniert. »Aber sei’s drum. Er weiß ja zur Genüge, dass ich schon immer ein loses Mundwerk hatte – und das wird auch mit den Jahren nicht besser.« Die alte Dame lächelte listig und zwinkerte Ursel verschwörerisch zu. »Und wenn ich unserer berühmten Frankfurter Hurenkönigin dabei behilflich sein kann, einen Mordfall aufzuklären, soll mir das eine Ehre sein.« Vergnügt tätschelte sie Ursel die Schulter und sagte: »Komm, Kindchen, wir trinken noch einen.«
    Nachdenklich stieß die Hurenkönigin mit ihrer Gastgeberin an. »Was ist Senator Neuhof eigentlich für ein Mensch?«, fragte sie plötzlich.
    Frau Schütz zuckte mit den Achseln. »Ich kenne ihn nicht weiter«, erwiderte sie, aber als sie das enttäuschte Gesicht der Zimmerin gewahrte, fügte sie mit abschätziger Geste hinzu: »Ich weiß nur, was in der Nachbarschaft so über ihn gemunkelt wird – und das ist sicherlich mit Vorsicht zu genießen, denn dem Klatsch der Leute sollte man nicht allzu viel Bedeutung beimessen.«
    »Wohl wahr«, stimmte Ursel ihr zu. »Aber liegt darin nicht auch häufig ein Körnchen Wahrheit? Also rückt schon raus damit – ich weiß doch sehr wohl, dass Ihr keine Klatschbase seid.« Sie lächelte die alte Dame entwaffnend an, die auch sogleich schwach wurde.
    »Man sagt halt, dass ihn der Spielteufel reitet und er deswegen hohe Schulden hat. – Vor allem bei seinem Schwager, und das muss für Neuhof besonders schlimm sein. Es ist nämlich ein offenes Geheimnis, dass die beiden häufig Streit hatten, weil Uffsteiner Genoveva so schlecht behandelt hat.«
    »Neuhof scheint ja sehr an seiner Schwester zu hängen«, warf Ursel ein.
    »Ja, und er hat Uffsteiner sogar schon einmal wegen seiner Misshandlungen angezeigt. Da haben ihn die Stangenknechte abgeholt und für ein paar Tage ins Brückenloch gesteckt. Aber gebessert hat er sich trotzdem nicht.« Die alte Dame verzog abschätzig die Mundwinkel.
    Für geraume Zeit herrschte Schweigen, beide Frauen hingen ihren Gedanken nach.
    »Wenn der Fugger das Geschäft platzen lässt, mache ich dich kalt«, murmelte die Hurenkönigin geistesabwesend vor sich hin. Als sie die erstaunte Miene von Frau Schütz bemerkte, erläuterte sie: »Das genau waren Neuhofs Worte, nachdem Fugger den Senatoren erklärt hatte, er werde wegen Uffsteiners Impertinenz keine Geschäfte mit ihnen machen.«
    »Das ist ja ein starkes Stück«, erwiderte die alte Dame entrüstet. »Andererseits, was sagt man nicht alles, wenn man auf jemanden wütend ist? Nur, weil Neuhof so etwas geäußert hat, heißt das ja noch lange nicht, dass er es auch getan hat. – Ich meine, einen Menschen so zuzurichten, das macht man nicht, weil man zornig ist auf ihn. Nein, eine solche Tat begeht nur, wer ganz krank ist vor Hass. Die Kastration ist außerdem ein überdeutlicher Hinweis auf … auf – wie soll ich das sagen?« Frau Schütz starrte angespannt ins Leere. »Auf das Geschlechtliche«, murmelte sie. »Der überbordende Hass des Täters hat sich eindeutig auf Uffsteiners Männlichkeit konzentriert. Von daher liegt die Vermutung nahe, dass der Mörder – oder die Mörderin – unter Uffsteiners Geschlechtstrieb erheblich zu leiden hatte.«
    »Und schon wären wir wieder beim Thema ›Männerhass‹«, bemerkte die Hurenkönigin mit hochgezogenen Brauen. »Das ist doch genau die Kerbe, in die der Untersuchungsrichter und die Stadtoberen schlagen, indem sie Alma der Tat verdächtigen. Nein, ich glaube, anders wird ein

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