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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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betten – doch er unterließ es geflissentlich, weil ihm bewusst war, dass ihr Herz einem anderen gehörte. »Zerbrecht Euch nicht den Kopf, Zimmerin. Wir werden es wohl nie erfahren, was den Jungen so umgehauen hat. Und auch nicht, ob er einfach nur im Suff ins Wasser gefallen ist, oder ob er sich ersäuft hat.«
    »Wo ist er jetzt?«, fragte die Hurenkönigin.
    »Die Büttel haben ihn vorhin ins Leichenhaus auf dem Peterskirchhof gebracht. Der Doktor und der Untersuchungsrichter müssen ihn sich noch anschauen«, erwiderte Meister Jerg und musterte die Hurenkönigin besorgt, denn er hatte ihre Gedanken erraten. »Da braucht Ihr aber nicht auch noch hinzurennen. Das geht alles seinen üblichen Gang.« Er stockte kurz und fügte dann in ernstem Tonfall hinzu: »Ihr könntet aber mal nachschauen, ob er vielleicht so etwas wie einen Abschiedsbrief hinterlassen hat.«
    »Davon ist nicht auszugehen«, meinte Ursel zögernd. »Er konnte doch weder lesen noch schreiben.« Sie erhob sich mühsam aus ihrem Stuhl. »Ich muss es den Huren sagen«, erklärte sie niedergeschlagen und ging in den Flur, um die Hausglocke zu läuten.
    »Ist der Josef schon benachrichtigt worden?«, erkundigte sie sich bei Meister Jerg, als sie wieder in die Stube zurückkam.
    Der Henker zuckte die Achseln. »Soviel ich weiß, noch nicht«, sagte er unwirsch. »Aber das werden die Stangenknechte wohl noch machen. Der Josef ist ja schließlich sein Bruder.«
    »Dann werde ich ihnen zuvorkommen«, erklärte die Hurenkönigin entschlossen. »Es ist besser, wenn ihm das behutsam beigebracht wird. Es wird Josef ohnehin das Herz brechen.« Sie musste unversehens wieder weinen und ließ sich gramvoll auf den Stuhl sinken.

    Nach der Beerdigung des Senatsangehörigen Claus Uffsteiner, bei welcher der gesamte Frankfurter Geldadel zugegen war, hatte Untersuchungsrichter Fauerbach darauf verzichtet, den Angehörigen und der Trauergesellschaft zum Hause Limpurg zu folgen, in dessen altehrwürdiger Trinkstube ein feierlicher Leichenschmaus vorgesehen war.
    Beim Verlassen des Peterskirchhofs ließ er die Witwe beiläufig wissen, er wünsche sie sowie ihre Tochter und ihren Herrn Bruder später noch zu sprechen – wenn sie nach der Feierlichkeit wieder zu Hause seien. Er selbst begebe sich schon einmal dorthin, um vorab die Dienstboten zu befragen.
    Die verhärmte Frau blickte ihn mit verweinten Augen an und nickte nur.
    »Warum denn das?«, fragte die Tochter entrüstet und runzelte ungehalten die dichten schwarzen Augenbrauen.
    Fauerbach, dem die junge Frau mit den herben Gesichtszügen und der grobschlächtigen Statur ohnehin wenig sympathisch war, ignorierte ihre Frage und eilte geschäftig davon.
    Die Köchin und der Hausknecht saßen gerade am Küchentisch beim Mittagessen, als die Türglocke schellte.
    »Wer kann denn das nur sein? Die sind doch alle bei der Beerdigung!«, fragte die Köchin erstaunt und eilte zur Tür.
    Als sie gleich darauf den Untersuchungsrichter in die Küche führte und dem Hausknecht erklärte, er sei gekommen, um sie zur Ermordung ihres Dienstherrn zu befragen, hörte der grauhaarige Mann vor Schreck auf zu kauen. Er hatte Mühe, den letzten Bissen hinunterzuwürgen.
    »Was haben denn wir damit zu tun?«, entfuhr es ihm, während er den jungen Mann im schwarzen Amtstalar argwöhnisch beäugte.
    Der Untersuchungsrichter ließ sich auf dem freien Platz an der Stirnseite des Tisches nieder, legte sich seine Schreibsachen zurecht und lächelte blasiert. »Meine Frau Mutter pflegte immer zu sagen: ›In Häusern mit Dienstboten haben die Wände Ohren‹«, erklärte er. »Domestiken machen ihren Herrschaften die Betten, waschen ihre Wäsche, säubern die Nachttöpfe, helfen ihnen im Bad und beim Ankleiden, machen ihren Dreck weg und erledigen für sie alle möglichen Dinge. Wer also sollte die Geheimnisse der Hausherren besser kennen als ihre Dienerschaft?« Er fixierte die beiden mit stechendem Blick.
    »Na, ihr lasst es euch ja gutgehen!«, bemerkte er dann spöttisch und deutete auf den Weinkrug, der auf dem Tisch stand.
    »Den hat uns die junge Herrin spendiert«, sagte die Köchin kleinlaut. »Wo doch heut der gnädige Herr beerdigt wird.«
    »Ist das etwa ein Grund zum Feiern?«, fragte Fauerbach konsterniert und runzelte die Stirn.
    »Nein, natürlich nicht! Aber das ist doch so Brauch, wo wir doch nicht am Leichenschmaus teilnehmen«, entgegnete an ihrer Stelle der Hausknecht, dem sogleich die Röte ins Gesicht stieg.
    »Dann

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