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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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folgte Bertram beklommen die Kellertreppe hinauf.
    Der hochgewachsene Mann im Amtstalar, der kaum älter sein mochte als Traudel selbst, stand in der Küche, die der achtköpfigen Familie zugleich als Wohnstube diente, und blickte ihr ungeduldig entgegen.
    Nachdem er sich vorgestellt und den Jungen hinausgeschickt hatte, begann er ohne Umschweife, Traudel vom Grund seines Besuches zu berichten und sie über die Mordnacht zu befragen.
    Die hübsche junge Frau traute sich anfangs kaum, den hageren Amtmann anzuschauen. Stockend erzählte sie vom Lärm an der Haustür, der sie zu vorgerückter Stunde aus dem Schlaf gerissen hatte.
    »Ich habe zuerst gedacht, es wäre der gnädige Herr und er hätte mal wieder den Schlüssel verlegt«, erläuterte sie befangen. »Und dann bin ich auch gleich aus dem Bett gesprungen, um zur Tür zu gehen. Die gnädige Frau und Jungfer Gertrud waren auch schon wach und sind mir im Treppenhaus begegnet. Es wäre ihr Bruder, der Herr Neuhof, hat mir die Herrin gesagt, und ich soll ihn hereinlassen. Das hab ich auch gemacht und dann in der Stube die Lichter angezündet. Der Herr Neuhof war ganz aufgeregt und hat gefragt, ob der gnädige Herr schon daheim wär. Da hat die gnädige Frau nur den Kopf geschüttelt und gesagt, er wär noch nicht hier. Dann hat der Herr Neuhof …« Sie hielt kurz inne und streifte den Richter mit ängstlichem Blick.
    »Sie ist nach dem Gesetz dazu verpflichtet, mir alles zu sagen, was sich in besagter Nacht im Hause Uffsteiner zugetragen hat«, ermahnte sie Fauerbach im amtlichen Tonfall. »Und zwar ohne dabei auf irgendjemanden Rücksicht zu nehmen. Die Wahrheit hat immer Vorrang.«
    Traudels hübsches Gesicht wurde immer angespannter. »Na, er hat halt schlimme Sachen über den gnädigen Herrn gesagt«, stieß sie hervor. »So genau weiß ich es nicht mehr, nur, dass der gnädige Herr sich im Frauenhaus so danebenbenommen hätte und dass er, der Herr Neuhof, jetzt wegen ihm ruiniert wäre. Ich habe ihm dann einen Schnaps gebracht, und die Jungfer Gertrud hat auch einen getrunken. Dann hat sich der Herr Neuhof ein bisschen beruhigt, und die junge Herrin wollte wissen, was genau passiert ist. Da hat er gesagt, dass der Herr versucht hätte, dem Ehrengast aus Augsburg die Hübscherin auszuspannen, und es deswegen zum Eklat gekommen ist. Dann wäre der Herr Uffsteiner auch noch grob geworden gegen die Hure, und sie habe ihm eine geklebt. Da hat sich die Jungfer Gertrud fast kaputtgelacht und gemeint, dass es ihm ganz recht geschehen ist, dem … dem alten Sack, hat sie gesagt …« Traudel senkte verlegen den Blick. »Und als der Herr Neuhof gesagt hat, es käme ja noch besser, denn eine der Huren hätte sogar damit gedroht, ihm die Eier abzuschneiden, hat sich die junge Herrin kaum noch halten können, so musste sie lachen. Und da hat sogar der Herr Neuhof lachen müssen, obwohl er vorher noch so böse war. Nur die gnädige Frau hat das nicht lustig gefunden, sie hat sich so darüber aufgeregt, dass ich ihr den Theriak bringen musste. ›Ich muss es dann nur wieder ausbaden‹, hat sie gesagt und angefangen zu heulen. Da sind der Herr Neuhof und die Jungfer Gertrud mit einem Mal wieder ernst geworden. Der Herr Neuhof hat sich von mir eine Fackel bringen lassen und ist weggegangen, um den gnädigen Herrn unterwegs abzufangen, wie er gesagt hat. Und es hat auch nicht lange gedauert, da hat sich die junge Herrin ihren Mantel umgelegt und ist ihm hinterher.« Die junge Frau sah den Untersuchungsrichter, der ihr aufmerksam zugehört hatte, mit großen Augen an. »Das war alles«, erklärte sie mit dünner Stimme.
    Fauerbach verzog skeptisch die Mundwinkel und knurrte: »Und das soll ich Ihr glauben? Auf, Mädchen, das war doch noch nicht das Ende vom Lied, oder?«
    »Viel mehr war nicht mehr«, murmelte Traudel unsicher. »Ich bin ja dann wieder nach oben gegangen, weil … weil die Herrin mir das befohlen hat.« Sie schwieg beklommen.
    »Sie hat doch noch was auf dem Herzen, das merke ich doch«, ermunterte Fauerbach sie und bemühte sich um einen besänftigenden Tonfall, was seine Wirkung nicht verfehlte. Die junge Frau seufzte vernehmlich, gab sich einen Ruck und erklärte schließlich: »Die gnädige Frau war plötzlich so aufgebracht und hat mich angeherrscht, ich soll mich sofort auf mein Zimmer machen – was eigentlich gar nicht ihre Art war, denn sie war sonst eher gutmütig. Und dann bin ich halt hochgegangen und …« Sie zögerte kurz und blinzelte den

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