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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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nagelte ihn fest. »Wie darf ich das verstehen?«, fragte er mit erhobener Stimme.
    »Es gab halt öfter mal Streit zwischen den beiden«, sprang nun die Köchin in die Bresche. »Aber wo gibt’s das denn nicht?«, fügte sie gleich darauf seufzend hinzu.
    Obwohl Fauerbach rasch klargeworden war, dass die beiden Alten nie etwas Nachteiliges über ihre Herrschaften sagen würden, machte er sich unbeirrt Notizen. Ein Vollblutjurist musste nicht nur eine geschärfte Zunge haben, um auch noch den Verstocktesten das Wort im Munde zu verdrehen, er sollte auch, wenn es die Situation erforderte, in der Lage sein, zwischen den Zeilen zu lesen – denn zuweilen steckte gerade in dem, was nicht gesagt wurde, die ganze Wahrheit.
    Lauernd fragte er: »Und der Herr Neuhof – wie war sein Verhältnis zu Herrn Uffsteiner?« Um den alten Leuten ein wenig auf die Sprünge zu helfen, fügte er bedächtig hinzu: »Wie mir bekannt ist, hat Herr Neuhof seinen Schwager ja schon zwei Mal wegen Misshandlung seiner Ehefrau bei der Polizeibehörde angezeigt. Was er jedoch jedes Mal wieder rückgängig gemacht hat – im Gegensatz zu Gertrud Uffsteiner, die bei ihren Anzeigen blieb. Deswegen musste der Herr Senator ja auch schon mehrfach einsitzen …« Er lächelte spöttisch und klatschte in die Hände. »Also, ich höre!«, forderte er ungeduldig.
    »Der Herr Neuhof ist seiner Schwester sehr zugetan, und dem gnädigen Herrn war er es eigentlich auch«, erwiderte die Köchin ausweichend. Ihr rundes Gesicht war rot und glänzte.
    Fauerbach löste seinen Blick nicht von ihr. »Was heißt ›eigentlich‹? Eigentlich war er es, und eigentlich auch wieder nicht?«, mokierte er sich.
    »Es hat auch mal Unstimmigkeiten zwischen den beiden gegeben, aber im Nachhinein hat sich Herr Neuhof bei dem gnädigen Herrn immer entschuldigt, wenn er sich mal im Ton vergriffen hat«, erklärte die Köchin und warf einen verdrießlichen Blick auf ihren Teller mit den inzwischen erkalteten Speisen.
    »Da blieb ihm wohl auch nichts anderes übrig, bei den vielen Schulden, die er bei seinem Schwager hatte«, bemerkte Fauerbach mit schiefem Lächeln. »Gut«, seufzte er schließlich. »Kommen wir doch wieder zur Mordnacht … Was also ist den Herrschaften in dieser Nacht aufgefallen?«
    »Ich hab tief und fest geschlafen und nichts gehört und gesehen«, erklärte der Hausknecht verdrießlich. »Ich schlaf ja hinten im Hof bei den Stallungen. Da kriegt man ja nicht viel mit, was sich vorne im Haus so tut. Außerdem hab ich einen festen Schlaf und hör auf meine alten Tage nicht mehr so gut.«
    Der Untersuchungsrichter verzog abschätzig die Mundwinkel. »Alles andere hätte mich auch gewundert«, knurrte er und wandte sich an die Köchin.
    »Bei mir war es genauso«, erklärte die alte Frau betreten. »Ich bin liegen geblieben, als es unten an der Tür geklopft hat. Es ist ja auch nicht meine Aufgabe, aufzumachen, wenn wer kommt. Das ist Sache der Dienstmagd«, setzte sie hinzu und schob trotzig die Unterlippe vor.
    »Ich danke für das aufschlussreiche Gespräch«, verabschiedete sich Fauerbach in spöttischem Ton und packte sorgfältig seine Schreibutensilien in die Aktenmappe.
    Obgleich sich die Domestiken Mühe gaben, nicht allzu vernehmlich aufzuatmen, war ihnen doch die Erleichterung deutlich anzumerken. Daher traf es sie wie ein Schlag, als sich der Richter beim Verlassen der Küche nach Traudels Verbleib erkundigte.
    »Die ist wieder zu ihren Leuten in die Schnurgasse«, sagte die Köchin etwas atemlos. »Wo soll sie denn sonst auch hin?«
    »Und wo ist das genau?«, wollte der hagere Mann im schwarzen Amtstalar wissen.
    Die Alte überlegte kurz. »Na, direkt neben der Sattlerei Stickel. Der Name ihrer Familie ist Reubold.«
    »Ich komme nachher noch mal wieder«, sagte Fauerbach, und seine Ankündigung klang wie eine Drohung. Die Köchin und der Hausknecht starrten ihn erschrocken an. »Später, wenn die Herrschaften wieder zurück sind«, erklärte er knapp und stürmte davon.

    Die junge, sommersprossige Traudel Reubold war gerade in der Waschküche und half ihrer Mutter beim Schrubben der Bettwäsche, welche die Frauen für die Herbergen und Gastwirtschaften der Nachbarschaft erledigten, als ihr jüngster Bruder Bertram herunterkam und mit banger Miene verkündete, ein Richter wünsche sie zu sprechen.
    Traudel strich sich mit fahriger Geste die blonden Haarsträhnen aus dem verschwitzten Gesicht, glättete die mit Wasserflecken bedeckte Schürze und

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