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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Untersuchungsrichter stürmte herein. Nach einem knappen Gruß in die Runde trat er gemeinsam mit Doktor Schütz an die Bahre und ließ sich vom Arzt anhand der Leiche eine kurze Erläuterung geben.
    »Es deutet nichts auf einen gewaltsamen Tod hin«, erklärte der Stadtphysikus mit Blick auf den Leichnam. »Weder am Kopf noch am Körper sind irgendwelche Wundmale oder Blessuren zu entdecken. – Soll ich ihn umdrehen?«, fragte er den Richter.
    »Nicht nötig«, brummte dieser missmutig und rümpfte angewidert die Nase. »Das riecht man doch zehn Schritte gegen den Wind, dass das eine Schnapsleiche ist. Wie ich hörte, wurde er heute Morgen im Main gefunden. Todesursache ist wohl Ertrinken?« Er musterte den Arzt zerstreut.
    »Davon ist auszugehen«, erwiderte Doktor Schütz.
    »Wenn ein Verbrechen auszuschließen ist und es nur ein Unfall war, kann er meinethalben morgen beigesetzt werden«, bemerkte Fauerbach mit einem Seitenblick auf Josef und seine Begleiterinnen, die sich an die Stirnseite der Leichenhalle zurückgezogen hatten. Dort stellten sie auf einem kleinen Holzpodest, über dem ein schlichtes Holzkreuz angebracht war, mitgebrachte Kerzen auf.
    »Wenn sonst nichts mehr ansteht, kann ich ja wieder gehen?«, fragte Fauerbach den Arzt und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Ich habe nämlich noch Ermittlungen durchzuführen.«
    »Nein, das war’s schon«, sagte der Doktor, dem die kalte Gleichgültigkeit des ehrgeizigen jungen Juristen wenig sympathisch war. Mit reservierter Miene deckte er den Leichnam des Frauenhausknechts wieder zu.
    Fauerbach schüttelte dem Medicus hastig die Hand und wollte schon davoneilen, als er sich plötzlich doch noch auf seine Manieren besann und zögernd auf die kleine Gruppe der Trauernden zuging.
    Die Hurenkönigin ignorierte seine Kondolenzwünsche und die dargebotene Hand und wies mit knapper Geste auf Josef.
    »Das ist Josef Ott – der Bruder des Toten«, stellte sie ihn vor.
    Erst nachdem der Richter dem ehemaligen Frauenhausknecht kondoliert hatte, nahm sie seine Beileidsbekundung entgegen.
    Fauerbach konnte sich nicht zurückhalten. »Wie konnte so etwas passieren, Zimmerin?«, fragte er vorwurfsvoll. »Hat er denn immer so viel getrunken?«
    »Mitnichten«, entgegnete Ursel eisig. »Franz Ott hat seine Aufgaben immer vortrefflich erledigt. Ich kann beileibe nichts Nachteiliges über ihn sagen.«
    »Dann ist es doch umso erstaunlicher, dass er volltrunken in den Main gefallen ist«, wand Fauerbach ein und zog argwöhnisch die Brauen hoch. »Hätte er nicht in der Nacht den Ausschank betreiben und das Frauenhaus bewachen müssen?«
    »Ich hatte ihm freigegeben«, erwiderte Ursel forsch.
    »Und das mitten in der Frühjahrsmesse, wo in allen Schenken Hochbetrieb ist«, mokierte sich der Richter. »Bei Euch herrschen ja seltsame Gepflogenheiten …«
    »Das braucht nicht Eure Sorge zu sein«, entgegnete Ursel mit wachsender Erbitterung. »Kümmert Euch lieber darum, den Mord an Uffsteiner aufzuklären. Damit habt Ihr doch wahrlich schon genug zu tun …«
    »So ist es!«, schnappte Fauerbach verärgert und eilte grußlos davon.
    »Was für ein bornierter Lackaffe!«, schimpfte die Zimmerin kopfschüttelnd.
    »In der Tat«, sagte der Doktor, der zu ihnen getreten war, um sich zu verabschieden.
    »Alles Gute«, sagte er zu Josef. »Und wenn Ihr irgendetwas braucht, könnt Ihr mich jederzeit rausläuten. Das gilt auch für die Damen.« Er nickte Ursel und ihrer Stellvertreterin zu und empfahl sich.
    Nachdem der Arzt gegangen war, seufzte Ursel vernehmlich auf. Dann entnahm sie ihrem Felleisen ein frischgestärktes weißes Nachtgewand, das Franz gehört hatte und ihm nun als Totenhemd dienen sollte, und sagte zu Irmelin: »Dann werden wir den Jungen mal herrichten. Gewaschen ist er ja schon.«
    Die dienstälteste Hure wischte sich die Tränen von den faltigen Wangen und trat mit Ursel an die Bahre.
    »Josef, du kannst ja vielleicht mal die Kerzen anzünden. Vor dem Bahrhaus steht eine Totenleuchte, die brennt Tag und Nacht«, wies Ursel den Trauernden an in der Hoffnung, ihn dadurch ein wenig abzulenken.
    Nachdem Josef hinausgegangen war, entfernten die beiden Frauen das Laken von dem Verstorbenen, zogen ihm das Nachthemd über Kopf und Arme und hatten große Mühe, den schweren, muskulösen Körper anzuheben, um das Hemd nach unten zu ziehen. Als sie endlich fertig waren, keuchten sie vor Anstrengung.
    Unterdessen hatte Josef die Kerzen angezündet, die einen

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