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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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einem kurzen Augenkontakt ihre Einigkeit. Dann warf sich Reichmann in die Brust und erklärte mit empörter Miene: »Nun mal langsam mit den jungen Pferden, mein lieber Fauerbach! Ihr wollt doch wohl nicht nachts durch den dunklen Taunus reiten und Euch den Hals brechen?«
    Der junge Richter schob trotzig die Unterlippe vor. »Es gibt doch Fackeln«, erklärte der Patriziersohn aufsässig. Ihm war die Klüngelei des Frankfurter Stadtadels hinlänglich bekannt, und er wusste ganz genau, dass die beiden Honoratioren seine Maßnahme nicht so ohne weiteres billigen würden. »Außerdem ist Gefahr in Verzug!«, betonte er.
    Fichard lächelte herablassend. »Ihr hört ja sprichwörtlich die Flöhe husten, mein lieber Richter. Aus einer harmlosen Landpartie, die man der armen leidgeprüften Witwe und ihren Angehörigen weiß Gott nicht missgönnen mag, macht Ihr eine arglistige Flucht und wollt jetzt auch noch zur wilden Verfolgungshatz blasen?« Er schüttelte entrüstet den Kopf. »Mit Verlaub, werter Herr Kollege, aber das halte ich doch für maßlos überzogen!«
    »Dem kann ich mich nur anschließen«, bekundete Reichmann mit staubtrockenem Lachen. »Und überhaupt: Wer weiß denn schon, ob diese Magd sich das nicht alles aus den Fingern gesogen hat … Von wegen, die Jungfer Gertrud hätte ihren Vater mit dem Messer bedroht und dergleichen. Das sind doch die reinsten Schauergeschichten! Bestimmt will diese ehemalige Dienstmagd ihrer Herrin eins auswischen, denn immerhin hat die sie ja vor die Tür gesetzt – und das bestimmt nicht ohne Grund«, mokierte sich der Würdenträger und zog andeutungsvoll mit dem Zeigefinger sein unteres Augenlid nach unten. »Nein, nein, Ihr geht jetzt brav nach Hause, mein Guter, und macht Euch einen schönen Feierabend!« Reichmann musterte den jungen Juristen unwillig. Seine Worte klangen eher wie ein Befehl als eine Empfehlung.
    »Ich hatte durchaus den Eindruck, dass die junge Magd die Wahrheit sprach, und sie ist auch bereit, ihre Aussagen zu beeiden«, beharrte Fauerbach störrisch.
    »Ich verbiete Euch mit allem Nachdruck, in dieser Angelegenheit einen solchen Aufruhr zu veranstalten. Es kommt nicht in Frage, dass Ihr die trauernden Angehörigen zu nachtschlafender Zeit auf ihrem Landsitz behelligt!«, schrie der Bürgermeister und schlug wütend mit der Faust auf die Schreibtischplatte.
    Der Untersuchungsrichter war kreidebleich geworden. »Das Recht lässt sich nicht beugen«, murmelte er mit bebender Stimme.
    »Das verlangt ja auch keiner von Euch«, bemerkte Johann Fichard ölig. »Schlaft noch mal drüber, und dann stattet Ihr der Familie Uffsteiner meinethalben am Wochenende einen höflichen Besuch ab und lasst Euch von ihnen in Ruhe erzählen, was wirklich vorgefallen ist. Und ich bin mir sicher, dass die Sache dann schon ganz anders aussieht und sich Eure Vorbehalte und Verdächtigungen gegen die guten Leute in Wohlgefallen auflösen werden.«

9
    Samstag, 31 . März 1512
    Um die Mittagsstunde ging plötzlich ein heftiger Hagelschauer auf die kleine Trauergemeinde nieder, die sich am offenen Grab von Franz Ott versammelt hatte. Pfarrer Roddach, der bei der Aussegnung war, wurde das Birett vom Kopf geweht, wild kullerte es über den Gottesacker. Ein Ministrant jagte der Kopfbedeckung eifrig hinterher, fing sie ein und übergab sie Hochwürden, der sich das beschmutzte Käppchen verärgert auf den kahlen Schädel stülpte. Endlich fand die Trauerrede ihre Fortsetzung, auch wenn sie in Anbetracht der Witterungsverhältnisse stark verkürzt wurde.
    Die Hurenkönigin und die städtischen Hübscherinnen, deren gelbe Gewänder sich in den Windböen bauschten, warfen hastig die mitgebrachten Zitrusfrüchte ins Grab, murmelten ein rasches Gebet und flüchteten unter das Vordach der Totenkapelle, unter dem auch schon andere Trauergäste Schutz gesucht hatten.
    Nur der baumlange Josef war am Grabe seines Bruders zurückgeblieben. Mit gesenktem Kopf und zuckenden Schultern stand er im Unwetter und gab sich seiner Trauer hin.
    Schließlich trat die Zimmerin neben ihn, um ihn sanft zum Aufbruch zu gemahnen, doch Josef weinte und schluchzte wie ein kleines Kind. Sie ließ ihn gewähren und verharrte schweigend an seiner Seite, während ihr unablässig der Eisregen ins Gesicht peitschte.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Josef sich gefasst hatte, dann strebten sie Seite an Seite der Trauerhalle zu. Die Menschen unter dem Vordach rückten zusammen, um ihnen Platz zu machen.
    Ursel reckte

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